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Schwuler Lehrer als Mobbing-Opfer – missachtet von Vorgesetzten?

BERLIN. Der Fall sorgte bundesweit für Schlagzeilen: Ein homosexueller Lehrer aus Berlin berichtete öffentlich über Mobbing durch Schüler und eine Kollegin. Auf Hilfe von Schule, Behörden und Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch wartet er nach eigenen Angaben weiter vergeblich.

Allein gegen alle? (Symbolfoto) Foto: Shutterstock

Der an einer Berliner Grundschule nach eigenen Angaben wegen seiner Homosexualität gemobbte Lehrer hat seit Veröffentlichung seiner Geschichte in Medien viel Zuspruch bekommen. «Ich erfahre viel Solidarität durch Kolleginnen und Kollegen aus ganz Deutschland», sagt Oziel Inácio-Stech. Von offizieller Seite habe sich indes nur der Queer-Beauftragte des Landes Berlin, Alfonso Pantisano, bei ihm gemeldet.

Auf Hilfe seiner Schulleitung, Behörden und Senat wartet er nach eigenen Angaben weiter vergeblich. «Passiert sei seither nichts», beklagt Inácio-Stech und spricht von einem «kompletten Systemversagen». «Die Bildungssenatorin, die Schulleiterin, der Konrektor und die Schulaufsicht haben nichts unternommen, sie ducken sich alle weg», sagt er.

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«Sie betreiben eine Art victim blaming», fügt er hinzu, das heißt übersetzt Täter-Opfer-Umkehr. «Dabei bin ich das Opfer und nicht der Täter. Ich bin systematisch gemobbt worden von Schülern und von einer Lehrkraft.»

«Mobbing durch Schüler und Kollegin»

Die Schulleitung wie auch die Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) haben sich bisher nicht zu dem Fall und möglichen Maßnahmen geäußert, Anfragen wurden nicht beantwortet. «Zu Personaleinzelangelegenheiten äußern wir uns grundsätzlich nicht öffentlich», sagte ein Sprecher der Senatorin.

Auch im Abgeordnetenhaus hielt sich Günther-Wünsch mit Informationen und Bewertungen zu einem mutmaßlichen Mobbingfall zurück. «Wie Sie wissen, geben wir zu Personaleinzelangelegenheiten grundsätzlich keine Auskunft», sagte die CDU-Politikerin auf die Frage eines Parlamentariers. «Grundsätzlich möchte ich aber auch betonen, dass wir selbstverständlich mit allen Fällen, die bekanntwerden, höchst sensibel umgehen und diesen umgehend nachgehen.» Ziel sei dabei, Betroffenen entsprechende Unterstützungsangebote machen zu können.

Ähnlich argumentiert der zuständige Referatsleiter der Schulaufsicht. «Ich kann Ihnen jedoch versichern, dass wir es als Pflichtaufgabe ​ansehen, jeglicher Form von Diskriminierung entgegenzutreten und für Toleranz und Diversity in unseren Schulen einzutreten», erklärte er auf Anfrage. Pflichtaufgabe sei auch, das Wohl der Kinder zu schützen. «Werden uns Fälle in diesen Bereichen bekannt, werden diese auch auf den dafür gültigen gesetzlichen Grundlagen gewissenhaft bearbeitet.»

Der Lehrer soll an der Carl-Bolle-Grundschule in Moabit nach eigenen Angaben von Schülern aus muslimischen Familien monatelang beschimpft, beleidigt und gemobbt worden sein – weil er schwul ist (News4teachers berichtete). Er beklagt auch Mobbing und falsche Vorwürfe durch eine Kollegin, die sogar in eine Anzeige gegen ihn mündeten. Schulleitung und Schulaufsicht hätten ihn nicht geschützt, obwohl er dort wiederholt um Hilfe gebeten habe, so Inácio-Stech.

Eine 2024 auf Basis des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes eingereichte Beschwerde wegen Diskriminierung wies die Schulaufsicht Mitte zurück. Ein Schreiben seines Anwalts an Senatorin Günther-Wünsch vom Dezember 2024 sei von ihr nicht beantwortet worden. Stattdessen habe der Referatsleiter eben jener Schulaufsicht geantwortet, so der Pädagoge.

Lehrer prüft rechtliche Schritte

Im Februar hatte die «Märkische Oderzeitung» über den Fall des Lehrers berichtet, vor einer Woche die «Süddeutschen Zeitung». Anschließend hatte das Thema bundesweit hohe Wellen geschlagen. Inácio-Stech erwägt nun rechtliche Schritte gegen das Land Berlin. Er prüfe gemeinsam mit seiner Anwältin etwa mögliche Schadenersatzansprüche, sagt er. Er wolle auch erreichen, dass sein Ruf an der Schule wiederhergestellt werde. «Ich werde kämpfen, bis ich rehabilitiert bin.»

Inácio-Stech ist infolge der Vorkommnisse an der Schule seit fast drei Monaten krankgeschrieben. Er litt nach eigenen Angaben an Panikattacken und fiel in eine Depression, nimmt Beruhigungsmittel. Seine Hände zitterten beim Interview. Er hofft nun auf eine Reha an einer psychosomatischen Klinik.

«An diese Schule will ich nie mehr zurückkehren», sagt er. Er hofft auf eine Versetzung an eine deutsch-portugiesische Europaschule, an der er schon einmal tätig war. Ein entsprechendes Gesuch wurde in der Vergangenheit indes schon einmal abgelehnt. «Sollte das nicht klappen, werde ich wohl meinen Beruf wechseln müssen.» News4teachers / mit Material der dpa

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