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Weil sie Begrenzung selbst nicht schaffen? Eltern fordern Handyverbot an Schulen

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BERLIN. Vier von fünf Eltern sprechen sich in einer aktuellen Umfrage für ein Handyverbot an Schulen aus, viele davon sogar für ein absolutes – offenbar, weil sie sich von klaren Regeln im Klassenzimmer erhoffen, was zu Hause oft scheitert: weniger Smartphone-Nutzung bei ihren Kindern (und bei sich selbst). Der Deutsche Lehrerverband warnt jedoch vor einem pauschalen Bann in Schulen und setzt stattdessen auf Medienkompetenz und reflektierten Umgang.

In den Giftschrank? Illustration: Shutterstock

Rund 80 Prozent der Eltern haben sich in einer neuen Umfrage für ein Handy-Verbot an Schulen ausgesprochen. Laut einer von der Postbank in Auftrag gegebenen Studie sind 49 Prozent der Befragten mit Kindern der Auffassung, dass Smartphones den Unterricht und die Konzentration störten – generell, unabhängig vom Jahrgang. Weitere 32 Prozent befürworten demnach ein Verbot, finden aber, dass es Ausnahmen für bestimmte Situation geben sollte.

Für die «Digitalstudie 2025» wurden laut der Postbank zwischen Mai und Juni dieses Jahres 3.050 Einwohner online befragt. «Viele Eltern sehen den Lernerfolg ihrer Kinder wegen fehlender Konzentrationsfähigkeit in Gefahr, deshalb wünschen sie sich auch offiziell klare Regeln und Schutzräume», sagte der Leiter Digitalvertrieb der Postbank, Thomas Brosch.

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Ist diese Forderung eine Generationen-Frage?

Bereits frühere Umfragen kamen zu dem Ergebnis, dass ein Teil der Eltern Smartphones an Schulen ungern sehen. Laut der Postbank-Studie ist diese Einstellung keine Generationen-Frage. Demnach stimmten 52 Prozent der 40-Jährigen und älter der Aussage zu, dass Handys den Unterricht und die Konzentration störten. Bei den 18- bis 39-Jährigen seien es 47 Prozent gewesen.

Erst im Juni hatte das Landesparlament des Saarlandes die Nutzung privater Smartphones und Smartwatches in den ersten vier Jahrgangsstufen der Grund- und Förderschulen verboten. In Nordrhein-Westfalen sollen alle Schulen bis zum Herbst altersgerechte Regeln für die Handynutzung aufstellen. Auch in Mecklenburg-Vorpommern sollen das die Schulen selbst regeln (News4teachers berichtete).

Der Deutsche Lehrerverband lehnt ein absolutes Handyverbot an Schulen hingegen ab. Im Fall eines Verbots werde für viele ein heimlicher Gebrauch attraktiv, sagte Verbandspräsident Stefan Düll. «Es geht vielmehr um einen kritisch-reflektierten Handy-Gebrauch, um Heranwachsende auf ihrem Weg zur emanzipierten Person an eine überlegte Nutzung heranzuführen, wie sie letztlich jedem Erwachsenen zu eigen sein sollte.»

Was sagt der Deutsche Lehrerverband?

Zuletzt hatte die repräsentative Studie «Freizeit-Monitor 2025» ergeben, dass viele Deutsche sehr viel Zeit am Smartphone und im Internet verbringen – also auch viele Eltern. Die Postbank-Umfrage kommt bei Erwachsenen auf eine durchschnittliche Nutzungsdauer von 24 Stunden pro Woche. Gleichzeitig beklagten die Befragten, dass andere, rein analoge Freizeitaktivitäten zu kurz kämen. Laut Düll besitzen Smartphones ein hohes Ablenkungspotential, «dem auch viele Erwachsene nicht immer gewachsen sind».

Wird mit der Forderung nach einem Handy-Verbot in Schulen womöglich das eigene Versagen kaschiert? Der Verdacht liegt nahe. Die Ankündigung Hessens, ein Handyverbot an Schulen erlassen zu wollen (das Bundesland preschte im Frühjahr vor), kommentierte der Medienexperte Peter Holnick so: «Hätten Sie mich vor zehn Jahren gefragt, hätte ich das Verbot schlecht gefunden, weil ich auf die Eltern gesetzt habe. Die Eltern haben aber zum Großteil versagt und deswegen begrüße ich dieses Verbot», sagt der Geschäftsführer des Darmstädter Instituts für Medienpädagogik und Kommunikation in einem Interview (News4teachers berichtete). «Man muss die Handys aus der Schule raushalten, weil die sehr viel kaputt machen.»

Der Deutsche Lehrerverband spricht sich nun für klare Regeln an Schulen aus. «Ein Verbot der privaten Handy-Nutzung während des Unterrichts versteht sich von selbst», sagte der Verbandschef Düll und ergänzte: Ohnehin dürften schon jetzt «unterrichtsfremde Gegenstände», also auch Handys, bis zum Ende des Unterrichtstages eingezogen werden. Die Nutzung digitaler Medien sei in den Schulen gezielt anzuleiten, sagte Düll. «Das hilft den Kindern und Jugendlichen dabei, die notwendigen Fähigkeiten zu entwickeln, digitale Medien und soziale Netzwerke angemessen und verantwortungsvoll zu nutzen.» News4teachers / mit Material der dpa

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