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Gamescom-Computerspielmesse: Experten diskutieren über E-Sports als Schulfach

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KÖLN. “Ich habe nicht danach gefragt, ob E-Sports ein Sport ist, sondern was die Schüler dabei lernen”, Andreas Eriksson fiel die Entscheidung nicht schwer. Seit gut einem Jahr bietet der schwedische Pädagoge am Arlanda Gymnasiet E-Sports als Schulfach an. Auf dem Gamescom-Congress 2016 in Köln hat er das Projekt vorgestellt.

Kurz vorneweg, weil das den meisten Lesern vermutlich nicht bekannt ist: E-Sport bezeichnet das wettbewerbsmäßige Spielen von Computer- oder Videospielen im Mehrspielermodus. E-Sport versteht sich tatsächlich als eigene Sportdisziplin, welche sowohl Spielkönnen (Hand-Augen-Koordination, Reaktionsschnelligkeit) als auch taktisches Verständnis (Spielübersicht, Spielverständnis) erfordert. Vorreiter in der Disziplin sind China und Korea: Hier ist der elektronische Sport bereits als offizielle Sportart anerkannt. Auch Russland und Schweden haben ihm einen offiziellen Status zuerkannt.

E-Sportler auf der ESL Bühne (Foto: Gamescom)

Vor diesem Hintergrund war die Überzeugungsarbeit, die Andreas Erikssons leisten musste, überschaubar. Das Arlanda Gymnasium in Südschweden ist ein Sportgymnasium. E-Sports steht dort gleichberechtigt neben schwimmen, Fußball, Handball oder Hockey. Eingebunden in das Curriculum wird E-Sports täglich angeboten. An drei Tagen in der Woche wird in Doppelstunden trainiert, hinzu kommen Theorie und physisches Training plus Yoga. Die Resonanz auf das Angebot ist riesig. Auf die sieben Plätze im ersten Durchlauf meldeten sich über 100 Interessenten. Geplant ist jetzt eine Ausweitung auf 25 Plätze. 12 Schulen in Schweden wollen dem Arlanda Gymnasiet folgen, eine weitere Schule jeweils in Finnland und Norwegen planen ähnliches.

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Autogrammsstunde mit dem Youtube-Star Gronkh. (Foto: Gamescom)

In Deutschland ist E-Sports bisher nur als freiwillige Arbeitsgemeinschaft an Schulen denkbar. Wie etwa an der Claus-von-Stauffenberg-Schule Rodgau. Der zuständige Pädagoge erklärt dazu auf der Homepage des Deutschen E-Sportschulwettbewerbs: “Zwei zentrale Elemente in meinen Unterrichtsfächern (Anmerk. der Red.: Politikwissenschaft und Deutsch) sind natürlich die Analyse und der Umgang mit Medien, da lässt sich also nahtlos anknüpfen. […] Dabei werden natürlich auch negative Seiten thematisiert, u.a. Spielsucht oder der Umgang mit Daten – wer Spiele spielt, die nur online funktionieren, muss sich darüber klar sein, dass er mit seinen Daten oft dafür bezahlt und sei es auch nur indem man feststellen kann, wann jemand spielt und wie er strategisch denkt. […] Nichtsdestotrotz müssen die Schüler den Umgang auch mit Games lernen, Abschreckung ist da die falsche Vorgehensweise und bevor sie dies ohne Unterstützung machen, ist es sinnvoller dies begleitet durch geübte, ausgebildete Gamer zu tun, die sich selbst dafür begeistern.”

“Just Dance” – Computerspiele für die ganze Familie. (Foto: Gamescom)
Stand: Square Enix Products, Halle 9 Foto: Gamescom

Über Medienkompetenz hinaus bietet E-Sports Anknüpfungspunkte für viele Fächer. Wirtschaftssimulationen wie Anno 1701 können beispielsweise für den Erdkundeunterricht verwendet werden oder Erzählstrukturen von Abenteuerspielen im Deutschunterricht analysiert werden.

Stand: BLIZZARD, Halle 7 (Foto: Gamescom)
Sogenannte Cosplayer, als Computerspielfiguren verkleidete Menschen auf der Messe. (Foto: Gamescom)

Für die Computerspielforscherin Ina Weh Wissenschaftlerin hat E-Sports noch eine weitere Bedeutungsebene. Sie sagt: “Wenn gerade Jugendliche auffällig viel spielen, dann liegt es nahe, dass sie ein Defizit ausgleichen  – ein Defizit von Handlungen, die ein Erlebnis der Selbstwirksamkeit auslösen.” Es bestehe zwar die Gefahr, dass jugendliche „einsame Wölfe“  Spiele nutzen, um sich mit einfachen Wahrheiten selbst zu bestätigen. Doch gerade E-Sports könne dabei helfen, Konflikte abzubauen. Durch den Erfolg im Spiel würde der Spieler Angst abbauen, ist die Wissenschaftlerin überzeugt. “Gerade weil sich die Spieler die Stirn bieten – lernen Menschen sich einzuschätzen und zu achten.” Sie lernten Verantwortung im Team und Selbstvertrauen, Neugier und Durchhaltevermögen, Umgang mit Kritik und die Fähigkeit, den Widersprüchen der Welt mit Humor zu begegnen. nin

Mehr Informationen

Das Finale der deutschen E-Sports-Schulmeisterschaften findet am Sonntag, den 21. August, auf der Gamescom in Köln statt.

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