Hirntraining mit StarWars? Gamescom diskutiert Gefahren und Chancen von Videospielen

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KÖLN. Fantasyfiguren, Kämpfer und Tiere: Die gerade zu Ende gegangene Gamescom-Messe 2014 (13-17. August) ist vordergründig ein buntes Spektakel. Dass hinter der grellen Fassade der Computerspielbranche aber noch viel mehr steckt, erfuhr man auf dem zugehörigen Kongress. Dort ging es um die gesellschaftlichen Folgen und Auswirkungen von Computerspielen.

besucher des "Cosplay-Villages" auf der Gamescom 2014. (Foto: Kölnmesse)
Besucher des „Cosplay-Villages“ auf der Gamescom 2014. (Foto: Kölnmesse)

Im Gegensatz zu gängigen populärwissenschaftlichen Thesen, die den Bildschirmkonsum möglichst gering halten wollen, brach Simone Kühn vom Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in ihrem Vortrag „warum Videospielen gut für das Gehirn sein kann“ eine Lanze für die Spiele. Die Forscherin hat untersucht, wie Hirnregionen sich mittels Videospielen trainieren lassen. Angesichts der Tatsache, dass junge Menschen bis sie 21 Jahre alt sind, durchschnittlich 10.000 Stunden lang Videospiele verwenden, sei das ein Potenzial, das sie interessiert habe, sagte Kühn. Zum Vergleich: Ein Bachelorstudium benötigt 4.800 Stunden. Die Neurologin schob Probanden mit Videospielerfahrung und ohne in den Magnetresonanztomographen. Ergebnis: Die Videospieler hatten mehr „graue Zellen“ in bestimmten Bereichen, die etwa für räumliches Denken zuständig waren. Das stellte die Forscherin vor die „Henne-Ei-Problematik“. Was war zuerst da? Spielten die Probanden gerne, weil sie in diesem Bereich gut ausgestattet waren oder waren sie gut ausgestattet, weil sie gerne spielten? Um das zu ergründen, ließ Kühn 25 Probanden ohne Videospielerfahrung zwei Monate lang mindestens 30 Minuten lang das Spiel „SuperMario“ spielen. Und tatsächlich, bei den anschließenden Untersuchungen wiesen die Versuchspersonen Wachstum in drei Hirnregionen auf. Zuständig sind diese Regionen unter anderem für die Feinmotorik der Hände und räumliche Navigation. In anschließenden Tests konnten die Teilnehmer diese verbesserten Kenntnisse dann auch tatsächlich anwenden. Kühn freut sich über die Ergebnisse, schränkt aber ein: „Die Forschung ist noch sehr naiv, wir stehen noch am Anfang.“

Simone Kühn interessiert sich für die  Möglichkeiten, die Computerspiele bieten. (Foto: nin)
Simone Kühn interessiert sich für die Möglichkeiten, die Computerspiele bieten. (Foto: nin)

Einen problemorientierten Blick auf die Spiele warfen Medienwissenschaftler Professor Winfried Kaminski und der Mediziner Abu Khadir. Ab wann es vom exzessiven Spielen zum abhängigen Spielen kommt, war das Thema ihres Streitgesprächs. Im Gegensatz zu gängigen populärwissenschaftlichen Thesen, die den Bildschirmkonsum möglichst gering halten wollen, plädierte Kaminski dafür, Medienkonsum weniger zu verurteilen, man komme ja sowieso nicht mehr drumherum, sondern den Punkt zu finden, an dem es den Betroffenen schadet. Rund 1, 5 Prozent der Bevölkerung seien medienabhängig, schätzt der Psychiater Khadir. Er plauderte aus der Praxis der Rehaklinik, in der er angestellt ist und zählte die Kriterien auf, mit denen er Medienabhängigkeit erkennt. Er fragt Betroffene: Wie viel spielen Sie? Schaffen Sie es, einen Tag lang nicht zu spielen? Können Sie selbst bestimmen, wann Sie aufhören zu spielen? Haben Sie Ihren Konsum in den letzten Monaten gesteigert? Haben Sie Hobbys vernachlässigt? Kämpfen Sie mit Ängsten und Aggressionen? Abhängig sei man, wenn mindestens drei dieser Kriterien zuträfen, sagt der Psychiater. Hinter der Sucht stecke, dass die Betroffenen in Spielen Anerkennung finden, die Ihnen im realen Leben fehle. Die Behandlung erschwere allerdings die Tatsache, dass Medienabhängigkeit keine anerkannte Krankheit sei. In seiner Rehaklinik kämen diese Patienten deshalb wegen anderer Leiden, die Medienabhängigkeit sei eine Begleiterscheinung, die dann mit behandelt würde. nin

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