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Der Streit um die Inklusion kocht hoch: Aichele fordert, Sonderschulen schrittweise aufzugeben

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BERLIN. Anlässlich des Internationalen Tags der Menschen mit Behinderungen am morgigen Samstag fordert das Deutsche Institut für Menschenrechte die Bundesländer auf, sich verstärkt anzustrengen, inklusive Bildung zu verwirklichen. „Immer wieder stellen Politiker die Inklusion in der Schule zur Disposition – das ist nicht zielführend”, erklärt Valentin Aichele, Leiter der Monitoring-Stelle zur UN-Behindertenrechtskonvention des Instituts. Deutschland sei jedoch durch die UN-Konvention zu inklusiver Bildung in der Regelschule verpflichtet. Dagegen hatte sich der Philologenverband Niedersachsen in einem Grundsatzbeschluss gewandt. Die GEW mahnte unterdessen die Politik, „endlich die notwendigen Gelder bereitzustellen“.

Sieht die Entwicklung der Inklusion in Deutschland kritisch: Valentin Aichele, Leiter der unabhängigen Monitoring-Stelle. Foto: Deutsches Institut für Menschenrechte

Die Länder müssten sicherstellen, dass die notwendigen finanziellen und personellen Ressourcen bereitgestellt würden, betonte Aichele, der als Leiter der Monitoring-Stelle zur UN-Behindertenrechtskonvention die Inklusion überwacht und darüber an die Vereinten Nationen berichtet. „Um ein inklusives Bildungssystem erfolgreich aufzubauen, muss die sonderpädagogische Förderung systematisch in die allgemeine Schule verlagert werden“, betonte Aichele. Dazu gehöre es auch, Sonderschulen schrittweise aufzugeben. Nur so könnten hochwertige inklusive Angebote für alle gesichert werden.

Aichele stellte fest: „Auch die Vereinten Nationen kritisierten noch 2015, dass der Großteil der Schülerinnen und Schüler mit Behinderungen in Deutschland segregierte Förderschulen besucht. Sie forderten Deutschland auf, dafür zu sorgen, dass alle Schüler Zugang zu einem qualitativ hochwertigen, inklusiven Bildungssystem haben.“ Der Philologenverband Niedersachsen hatte sich hingegen in dieser Woche mit einem Grundsatzbeschluss dafür eingesetzt, „am Kindeswohl orientierte, differenzierte Lösungen statt Einheitsschuldogmatismus“ anzubieten. Heißt konkret: Die Förderschulen sollen erhalten bleiben.

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Rrrrums! Philologen wollen die Inklusion faktisch beerdigen – Grundsatzbeschluss: „Förderschulen müssen erhalten bleiben“

„Die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention ist in Deutschland bisher von Halbherzigkeit und dem Diktat der Kostenneutralität geprägt“, betonte Ilka Hoffmann, GEW-Vorstandsmitglied für Schule, heute in Frankfurt a.M. mit Blick auf den „Internationalen Tag der Menschen mit Behinderungen“ am Samstag.

An den Schulen fehlten weiterhin die entsprechenden Ressourcen, um einen qualitativ hochwertigen inklusiven Unterricht anzubieten. „Allen Sonntagsreden zum Trotz fehlt sowohl auf Bundes- als auch auf Länderebene der notwendige politische Wille, Inklusion umfassend umzusetzen“, sagte die GEW-Expertin. Auch die Weiterentwicklung der Lehrerbildung gehe nur schleppend voran. „Deshalb schlagen wir einen Dialog zwischen Politik, Betroffenenverbänden und Gewerkschaften vor. Wir brauchen endlich einen politischen Paradigmenwechsel vom Primat der Fürsorge hin zur Umsetzung des umfassenden Menschrechts auf diskriminierungsfreie gesellschaftliche Teilhabe“, betonte Hoffmann.

Auch der Sächsische Lehrerverband (slv) meldete sich zu Wort. „Bei der konkreten Bereitstellung von finanziellen und personellen Ressourcen besteht gerade im Hinblick auf den Schulgesetzentwurf deutlicher Nachbesserungsbedarf. Insbesondere eine verlässliche bedarfsgerechte Personalausstattung für Schulen, die inklusiven Unterricht leisten sollen, muss festgeschrieben werden“, erklärte slv-Vorsitzender Jens Weichelt.

Der Verband sehe das Vorliegen organisatorischer, personeller und sachlicher Voraussetzungen als wesentliche Bedingung für das Gelingen des inklusiven Unterrichts von Schülerinnen und Schülern mit und ohne sonderpädagogischem Förderbedarf an. Dazu gehöre auch, dass die Obergrenzen für Klassen mit inklusiv beschulten Schülerinnen und Schülern deutlich gesenkt werden. Momentan werde allein in Sachsen die Obergrenze von 25 Schülern bei Klassen mit Integrationsschülern in mehr als 1.300 Fällen überschritten. Außerdem ist es notwendig, dass eine ständige sonderpädagogische Beratung und Betreuung an der Schule gewährleistet ist. Ebenso sollten Schulsozialarbeiter in Zukunft verbindlich an jede Schule mit Integrationsschülern gehören. Agentur für Bildungsjournalismus

Menschenrechts-Beauftragter kritisiert die Entwicklung der Inklusion in Deutschland als „klar konventionswidrig“

 

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