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Rrrrums! Philologen wollen die Inklusion faktisch beerdigen – Grundsatzbeschluss: „Förderschulen müssen erhalten bleiben“

GOSLAR. Der niedersächsische Philologentag in Goslar endet mit einem Grundsatzbeschluss zur Beschulung von behinderten Kindern, dessen Verwirklichung auf ein Ende der bislang praktizierten Inklusionspolitik hinauslaufen würde. Das Papier fordert „am Kindeswohl orientierte, differenzierte Lösungen statt Einheitsschuldogmatismus“. Und das meint konkret: Die Förderschulen sollen dauerhaft erhalten werden.

Inklusion? Ja, aber… meinen die Philologen. Foto: Philip Beyer / flickr (CC BY-NC-SA 2.0)

„In einem einmütig verabschiedeten Positionspapier bejaht der Philologenverband ausdrücklich das Ziel der UN-Behindertenrechtskonvention, Menschen mit Behinderungen die volle und gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen sowie eine Diskriminierung zu unterbinden“, so heißt es in einer Erklärung des Philologenverbands Niedersachsen zum Verbandstag in Goslar. Die Philologen schränken aber ein: „Die Delegierten betonten insbesondere den absoluten Vorrang des UN-Beschlusses, dass ‚bei allen Maßnahmen, die Kinder mit Behinderungen betreffen, das Kindeswohl vorrangig zu berücksichtigen ist‘.“

Im Artikel 24 der Behindertenrechtskonvention, die der Bundestag 2009 ratifizierte (und die deshalb in Deutschland Gesetzeskraft hat), heißt es allerdings auch: „Die Vertragsstaaten anerkennen das Recht von Menschen mit Behinderungen auf Bildung. Um dieses Recht ohne Diskriminierung und auf der Grundlage der Chancengleichheit zu verwirklichen, gewährleisten die Vertragsstaaten ein integratives Bildungssystem auf allen Ebenen …“

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Differnziertes statt integriertes Bildungssystem

Integratives Bildungssystem? Die Philologen setzen lieber auf „differenzierte Lösungen für die Beschulung von Schülern mit Behinderungen”. Am Anfang steht ihnen zufolge “insbesondere die grundsätzliche Frage, welche Form der Beschulung dem einzelnen behinderten Schüler bestmöglich dient und nutzt. Für den Bildungsweg des einen Schülers kann eine inklusive Beschulung der richtige Weg sein,  für einen anderen Schüler wiederum der Besuch einer Förderschule mit ihren für spezifische Fördermaßnahmen bestens geschulten Lehrkräften und sehr kleinen Lerngruppen – durchschnittlich nur acht Schüler pro Lerngruppe.“ Wer das dann allerdings entscheiden soll, ob ein Kind besser auf einer Sonder- oder auf einer Regelschule aufgehoben ist – die Eltern oder, wie früher, ein Expertengremium auch gegen den Willen der Eltern –, dazu äußern sich die Philologen nicht.

Klar ist aber: Auf dem Gymnasium soll es geistig behinderte oder lernschwache Schüler nicht geben. Es sei „keinesfalls im Sinne des Kindeswohls, ein Kind im Gymnasium zu beschulen, das absolut keine Chance hat, die staatlich vorgegebenen Ziele des Gymnasiums zu erreichen. Denn eine Beschulung von Schülern, die diese Ziele, gegebenenfalls auch mit Nachteilsausgleich, nicht erreichen können, ist mit dem Bildungsauftrag des Gymnasiums, wie er im Schulgesetz festgelegt sei, nicht vereinbar.“

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Tägliche Misserfolgserlebnisse mit ihren psychologischen Folgen seien programmiert, wenn Kinder dem täglichen Unterricht in keiner Weise folgen und damit auch nicht ihren Erfordernissen entsprechend gefördert werden könnten. Zu berücksichtigen sei auch, dass nach KMK-Beschluss bei Abgangszeugnissen und Abschlüssen das Gleichheitsgebot des Grundgesetzes gelte, alle Schüler also an den gleichen Leistungsmaßstäben zu messen seien.

Die Resolution verweist auch auf „den Willen von Eltern behinderter Kinder, der sich in massiven Protesten gegen die Abschaffung der Förderschulen Lernen und Sprache“ gezeigt habe. Die Delegierten forderten die rot-grüne Landesregierung von Niedersachsen auf, die bereits erfolgte Aufhebung der Förderschulen Sprache und Lernen zurückzunehmen sowie „grundsätzlich ihre Absicht aufzugeben, alle Förderschulen abzuschaffen“.

Inzwischen habe sich auch bestätigt, dass entgegen „geschönter Erfolgsberichte“ behinderte Kinder in Regelschulklassen häufig nicht angemessen gefördert werden könnten – auch deswegen, weil die Rahmenbedingungen dafür nicht gegeben seien. Diese müssten daher grundlegend verbessert werden. Das bedeute insbesondere den Einsatz von mehr Lehrkräften mit sonderpädagogischer Ausbildung, deutlich kleinere Lerngruppen, die Entlastung der in Inklusionsklassen unterrichtenden Lehrkräfte sowie die Bereitstellung der notwendigen personellen, sächlichen und räumlichen Ressourcen.  Agentur für Bildungsjournalismus

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