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Gymnasiallehrer „mal eben“ zu Grundschullehrern zu machen, klappt offenbar nicht – die Kollegen müssen intensiv betreut werden, klagt der BLLV

MÜNCHEN. Der Lehrermangel an den Grundschulen weitet sich aus, bei den Gymnasien herrscht vielerorts dagegen noch ein Bewerberüberhang. Die Idee liegt nahe, Junglehrer, die für die weiterführende Schule ausgebildet sind und keine Stelle finden, in die Primarstufe zu schicken, um dort die Löcher zu stopfen. Immer mehr  Bundesländer verfahren so – Nordrhein-Westfalen beispielsweise lockt Gymnasiallehrer mit einer Einstellungsgarantie, wenn sie nur für zwei Jahre an die Grundschule gehen. Auch Bayern schickt seit dem Sommer Gymnasiallehrer an die Grundschule. Dagegen allerdings regt sich jetzt Widerstand. „So nebenbei“ sei das nicht zu machen, meint die Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands (BLLV), Simone Fleischmann.

Plötzlich Grundschullehrer: Immer mehr Gymnasiallehrkräfte verschlägt es in die Primarstufe. Foto:
Florian Schwalsberger / flickr (CC BY 2.0)

Die personelle Not an den Grund- und Mittelschulen in Bayern ist groß. So groß, dass arbeitslose Real- und Gymnasiallehrkräfte seit drei Jahren eine Zweitqualifizierung durchlaufen können, um so die Lücken an – zunächst – den Mittelschulen zu schließen. Seit diesem Schuljahr wird dies nun auch an den Grundschulen  so praktiziert. Aber: Die derzeitige Form der Zweitqualifizierung, die die Kollegen für ihren Einsatz berufsbegleitend absolvieren, gefährde die Qualität des Unterrichts, erklärt Fleischmann in einer Presseerklärung. Das sei schon in der Mittelschule so gewesen.  Weil aber die  Methodik und Didaktik der Grundschule den Absolventen des Referendariats für Realschulen und Gymnasien naturgemäß noch fremder seien, habe sich diese Problematik nun nochmal erheblich verschärft.

„Zweitqualifizierungen sind aus der Not geboren. Eine tragfähige und nachhaltige Lösung sind sie aber nicht – es sei denn, es wird nachgebessert“, betonte Fleischmann. Wie die Praxis zeige, genügten die bisherigen Maßnahmen nicht, um den Ansprüchen gerecht zu werden. Art und Umfang der angebotenen Qualifizierungsmaßnahmen reichten nicht einmal annähernd aus. Das gehe zu Lasten der Bildung und Förderung der Schülerinnen und Schüler. „Wir stellen auch fest, dass es zu deutlichen Mehrbelastungen kommt“, erklärte Fleischmann. Davon betroffen seien die Zweitqualifikanten selbst, aber auch die mit ihrer Betreuung befassten Seminarrektoren, Schulleitungen und begleitenden Lehrkräfte – letztlich das gesamte Kollegium der betroffenen Schule. Der minimale Ausgleich von lediglich einer Stunde für die Betreuungslehrkräfte reiche nicht, so Fleischmann. Der Organisations- und Betreuungsaufwand sei erheblich umfangreicher.

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Hoher Betreuungsaufwand

Es sei nicht länger zu akzeptieren, dass Schulleitungen und Kollegien einen hohen zusätzlichen Organisations- und Betreuungsaufwand sowie eine Vielzahl zusätzlicher Vertretungsstunden stemmen müssten – Aufgaben, die zusätzlich zum „normalen Geschäft“ dazukommen würden. Fleischmann forderte massive Nachbesserungen – etwa, die Zweitqualifizierung grundsätzlich auf zwei Jahre auszudehnen. Während dieser Zeit sei die Unterrichtsverpflichtung auf maximal 20 Unterrichtsstunden zu begrenzen. Die freigewordene Zeit müsse dann für dringend notwendige Qualifizierungsangebote genutzt werden. Der  BLLV schlägt auch vor, Seminarleiter mit der Begleitung einer festen Gruppe von Zweitqualifikanten zu betrauen und sie von anderen Verpflichtungen frei zu stellen.

„Eines ist klar“, betonte Fleischmann: „Es braucht nicht nur Notmaßnahmen in der Krise, sondern langfristig eine professionelle und nachhaltige Personalplanung und passgenaue Änderungen in der Lehrerbildung.“ Der BLLV hat vorgeschlagen, die Lehrerbildung zu flexibilisieren – und die Spezialisierung auf eine Schulart erst in der letzten Phase des Studiums vorzunehmen. „Dann wäre es es wesentlich einfacher, auf den Schweinezyklus auf dem Lehrermarkt zu reagieren“, meint Fleischmann. Und die personellen Probleme an den Schulen können langfristig gelöst werden.  bibo / Agentur für Bildungsjournalismus

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