Sind die Lehrer der zerstrittenste Berufsstand der Welt? Der Eindruck kommt bisweilen auf. Jüngstes Beispiel: der Vorstoß von Philologen-Chefin Prof. Susanne Lin-Klitzing gegen „A13 für alle“. Seit Jahren trommeln die GEW und der VBE dafür, Grundschullehrkräfte finanziell aufzuwerten – und alle Lehrerinnen und Lehrer einheitlich nach A13 (bei Beamten) oder E13 (bei Angestellten) zu bezahlen. Jetzt werden erste Erfolge der Kampagne sichtbar: Nach Berlin und Brandenburg hat vor zehn Tagen auch Sachsen beschlossen, Grundschullehrer nach A13 zu bezahlen – und plötzlich schießt der Philologenverband quer. So erklärte die Vorsitzende Prof. Susanne Lin-Klitzing in dieser Woche: „Ich halte eine einheitliche Besoldung für den falschen Weg.“ Gymnasiallehrkräfte sollten weiterhin mehr verdienen, denn sie trügen eine größere Verantwortung, weil sie die Schüler auf Studium und Beruf vorbereiteten.
Wie sagten noch die alten Römer? „Divide et impera“ – also: Immer schön Streit sähen unter denen, die mir potenziell gefährlich werden könnten. Dann bleiben die mit sich beschäftigt und lassen mich in Ruhe herrschen. Das Prinzip wirkt noch immer, wie sich an den Lehrerverbänden erkennen lässt. Integration? Inklusion? Lehrermangel? Unterfinanzierung? Gründe, der Politik gemeinsam auf die Pelle zu rücken, gäbe es durchaus genug. Aber solange in der organisierten Lehrerschaft immer noch die Partikularinteressen überwiegen, fehlt es eben an Schlagkraft – und die Kultusminister dieser Republik können sich gemütlich zurücklehnen.
Wie der hessische Kultusminister Alexander Lorz (CDU). Lehrerkollegien hatten ihm in den vergangenen Jahren Hunderte von Brandbriefen und Überlastungsanzeigen geschickt. Lorz hat die Schreiben auch alle gelesen – sagt jedenfalls sein Sprecher. Zu antworten hielt der Minister allerdings nicht für nötig. Er reichte die Briefe laut Sprecher ans jeweils zuständige Schulamt zur Bearbeitung weiter, wo sich die Schreiben dann gestapelt haben dürften. Nun mag das der behördlich korrekte Weg sein. Guter Stil ist es nicht. Selbst wenn, was jeder weiß, ein Schulminister nicht mal eben Lehrer herbeizaubern kann, wo keine Stellen und/oder Bewerber sind, so hätte doch eine freundliche und empathische Antwort für das Gefühl bei der Lehrerschaft sorgen können, wenigstens mit ihren Sorgen wahrgenommen zu werden. Jetzt wirkt Wiesbaden so mitfühlend wie Mordor.
Als Opfer einer dunklen Macht dürfte sich in dieser Woche auch Bayerns nunmehr ehemaliger Kultusminister Ludwig Spaenle gefühlt haben – galt er doch bislang als enger Vertrauter des neuen Bayernkönigs Markus Söder. Dass der ihn dann in dieser Woche eiskalt und offenbar ohne Vorwarnung abservierte, damit hatte Spaenle erkennbar nicht gerechnet. Der bis dato dienstälteste Kultusminister in Deutschland zeigte sich konsterniert.
Zehn Jahre hatte Spaenle an der Spitze des bayerischen Kultusministeriums gethront, rekordverdächtig in einer Zeit, in der Schulminister (hat mal jemand ausgerechnet) gerade noch einen durchschnittlichen Verbleib von zwei Jahren im Amt aufweisen können. Den Schnitt nach unten gezogen hat zweifellos der sächsische Kultusminister a. D. Frank Haubitz – der gerade mal acht Wochen im Amt zubringen durfte, bis er von seinem Chef gefeuert wurde (nein, nicht Trump – Kretschmer).
Rausschmiss von Haubitz nach nur acht Wochen sorgt für Empörung bei Verbänden
Philologen-Chefin Prof. Susanne Lin-Klitzing würdigte mit Blick auf das nunmehr von Sachsen beschlossene 1,7-Milliarden-Paket gegen den Lehrermangel und der darin enthaltenen Verbeamtung neuer Lehrkräfte Haubitz‘ Rolle beim Zustandekommen – der Kollege (Haubitz war vor seinem Wechsel ins Kultusministerium sächsischer Philologenchef) habe sich damit dauerhafte Verdienste erworben, erklärte sie spitz in Richtung Kretschmer. Dass das Paket eben auch „A13 für alle“ vorsieht, erwähnte Lin-Klitzing dabei ausdrücklich nicht. Warum, das wissen wir jetzt – siehe oben. Agentur für Bildungsjournalismus