„Volksschullehrer und Lehrer denken sozialistisch“, meinte ein Delegierter auf dem AfD-Parteitag laut einem Bericht der „Welt“. „Diese Indoktrination müssen wir brechen.“ Mit der bereits 2015 gegründeten, künftig als parteinah anerkannten „Desiderius-Erasmus-Stiftung“ unter Leitung der ehemaligen CDU-Politikerin Erika Steinbach habe man die Möglichkeit, „auszugreifen in die Gesellschaft“. Dem Kuratorium der Stiftung gehören unter anderem die Pegida-Aktivistin Angelika Barbe, der umstrittene anti-feministische Sachbuchautor und Pflanzenforscher Ulrich Kutschera (“Das Gender-Paradoxon”) sowie der Historiker Lothar Höbelt an, laut FAZ “bekannt für seinen verständnisvollen Umgang mit Problemen der Holocaustleugnung, die er als eine ‘historische Diskussion’ gedeutet hat”.
Steinbach, die selbst nicht AfD-Mitglied ist, aber auch schon früher mit eigenwilligen Geschichtsinterpretationen für Irritationen sorgte („Die Nazis waren eine linke Partei“), machte der “Welt” zufolge ihre Organisation zur Retterin für ein krankes Land. „Deutschland ist ein Fall für den Psychiater“, sagte sie. „Und mit dieser Stiftung wollen wir die Therapeuten sein.“ Sie könne Bildungsseminare abhalten, Materialien für Schulen und Volkshochschulen erstellen, Lobbyarbeit betreiben. Und sie habe dafür genügend Steuergeld zur Verfügung: Wohl bis zu 80 Millionen Euro jährlich stehen der Stiftung bald zu.
“Ideologische Umerziehung”
Dass die AfD bislang stets gegen parteinahe Stiftungen gewettert und ihre Abschaffung gefordert hat, spielte auf dem Parteitag nun keine Rolle mehr. Was schließlich erreicht werden soll, machte Co-Vorsitzender Jörg Meuthen anschaulich. Vor den Delegierten erzählte er eine Geschichte einiger „sehr junger Demonstranten“, die vor einer AfD-Veranstaltung ein Plakat hochgehalten hätten. „Wer in Grenzen denkt, ist begrenzt im Denken“, sei darauf zu lesen gewesen. Das, so Meuthen, sei Folge einer „ideologischen Umerziehung“ in der Schule. Es sei Aufgabe der AfD, hier ein neues Bewusstsein zu schaffen.
Das gilt auch für den Geschichtsunterricht. Bereits vor einem Jahr hatte der Thüringer AfD-Landesvorsitzende Björn Höcke angesichts der Erinnerungskultur in den Schulen erklärt: „Anstatt die nachwachsende Generation mit den großen Wohltätern, den bekannten, weltbewegenden Philosophen, den Musikern, den genialen Entdeckern und Erfindern in Berührung zu bringen, von denen wir ja so viele haben, …vielleicht mehr als jedes andere Volk auf dieser Welt…, und anstatt unsere Schüler in den Schulen mit dieser Geschichte in Berührung zu bringen, wird die Geschichte, die deutsche Geschichte, mies und lächerlich gemacht“, sagte Höcke. Gauland hatte mit seinem umstrittenen Bild vom Nationalsozialismus und seiner Opfer als „Vogelschiss“ unlängst fast wortgleich wie Höcke ein neues Geschichtsbild gefordert.
Lehrer, die sich dagegen öffentlich wehren, bekommen zunehmend den Druck der Partei zu spüren (News4teachers berichtete). Gegen einen Schulleiter, der im Fernsehen die Bedeutung der Erinnerung an den Holocaust betont hatte („Wir haben rechtsextreme Abgeordnete im deutschen Bundestag wieder sitzen seit der letzten Bundestagswahl.“) reichte die Partei Dienstaufsichtsbeschwerde ein. Die Bremer AfD erstattete Dienstaufsichtsbeschwerde gegen einen Lehrer der Hansestadt, dem die Partei vorwirft, „die Schüler für seine politische Agenda einzuspannen“, wie die AfD auf ihrer Facebook-Seite schrieb. Unlängst hat die Hamburger AfD angekündigt, eine Internet-Plattform einrichten zu wollen, auf dem Schüler und Eltern AfD-kritische Lehrer melden sollen – und stellte, nachdem die GEW ihr daraufhin „Nazi-Methoden“ vorwarf, ein Foto von angeblichen „GEW-Aktivisten“ auf ihre Homepage. Es zeigt, gut erkennbar, Lehrer auf einer Demonstration im Rahmen einer Tarifauseinandersetzung.
„Mit Merkel zusammen müssen auch etwa 870.000 Kollaborateure aus den Ministerien, Fernsehstudios, Lehrkörpern, Sozialämtern und Gewerkschaften entsorgt werden. Endlich wird in Deutschland aufgeräumt!“, hieß es nun in einem Facebook-Beitrag, der namentlich und mit passendem Profilbild dem AfD-Bundestagskandidaten Dubravko Mandic zuzuordnen ist, der nun ebenfalls auf dem Parteitag auftrat.
Obwohl der Fall bundesweit Wellen geschlagen hat, legte Mandic auf Facebook jetzt nach – auf die Frage eines Lehrers, wie er sich seine Entsorgung vorzustellen habe, antwortete der AfD-Politiker: „Sie verlieren vielleicht ihren Job oder bekommen einen andern. AfDler müssen auch ständig um ihren Job fürchten. Auge um Auge.“ (Schreibfehler im Original). News4teachers
