DRESDEN. Erst unlängst haben die Freien Wähler in Sachsen mit ihrem Vorstoß, mit höheren Schulstrafen für mehr Disziplin im Unterricht sorgen zu wollen, für Debatten gesorgt. Jetzt kommen sie wieder mit einer Idee, die hitzig diskutiert werden dürfte: Schulkonferenzen sollen Belastungsgrenzen in Sachen Integration und Inklusion festlegen dürfen. Rechtlich könnte das schwierig werden.
Die Freien Wähler schlagen eine Quotenregelung für Schüler mit ausländischen Wurzeln und für Inklusionsfälle an den sächsischen Schulen vor. Darüber soll fortan die Schulkonferenz entscheiden. «Die Schulkonferenz als wichtigstes Entscheidungsgremium aus Lehrern, Eltern und Schülern kann am besten beurteilen, wie hoch die Aufnahmekapazität, die Bedingungen für Integration und Inklusion sind», sagte FW-Landeschef Steffen Große im Gespräch in Dresden. Bisher hätten Schulen de facto keinen Entscheidungsspielraum. Große schwebt eine Quote vor, die sich je nach Situation jährlich auch verändern kann.
Auch die bisherige Konfliktquote an der jeweiligen Schule könne Anlass sein, die «Integrationskraft der Schule» in einem Jahr höher und im nächsten Jahr niedriger zu bewerten, hieß es. Es gehe um «mehr Eigenverantwortung und Spielräume vor Ort». Nach dem Willen der Freien Wähler könnte die Schulkonferenz auf zusätzliche Lehrer oder bauliche Verbesserungen drängen, bevor weitere Schüler mit Behinderungen oder aus zugewanderten Familien aufgenommen werden.
Das Kultusministerium meldete fachliche und verfassungsrechtliche Bedenken gegen den Vorschlag an. Generell müsse die Entscheidung zur Aufnahme an einer öffentlichen Schule den Grundsatz der Gleichbehandlung und insbesondere das Verbot der Diskriminierung auf Grund der Herkunft beachten. «Es wäre bedenklich, eine Schulkonferenz darüber entscheiden zu lassen», teilte das Ministerium mit. Es gebe beispielsweise keine wissenschaftlich belegte Quote, ab der eine Integration von Kindern mit Migrationshintergrund problematisch wäre. Auch den Datenschutz führte des Ministerium als Hinderungsgrund an.
«Dessen ungeachtet gilt für die Integration: Schule kann kommunale Probleme bei der Unterbringung von Menschen mit Migrationshintergrund nicht heilen», hieß es weiter. Schon jetzt gelte bei Inklusion, dass Schüler mit besonderem Förderbedarf nur aufgenommen werden können, wenn alle Voraussetzungen dafür gegeben sind. Das Entscheidungsrecht liege beim Schulleiter.
Lehrerverband zeigt sich offen
Der Sächsische Lehrerverband erinnerte daran, dass er sich schon 2015 gegen die Konzentration von Migrantenkindern auf bestimmte Klassen und Schulen ausgesprochen hatte. Lehrermangel habe dazu geführt, Vorbereitungsklassen an bestimmten Standorten einzuführen. «Die Folge sind Schulen mit einem Ausländeranteil von deutlich über 50 Prozent, der sich auch deshalb erhöht hat, weil deutsche Eltern ihre Kinder an anderen Schulen anmelden», erklärte Verbandschef Jens Weichelt. Es werde schwierig, derartige Entwicklungen rückgängig zu machen: «Der Vorschlag der Freien Wähler wird für einige Schulen zu spät kommen.»
«Eine Schulkonferenz hat alle Schüler einer Schule im Blick. Ein hoher Anteil von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf kann den Lernerfolg der Mitschüler gefährden», betonte Weichelt. Ein Interessenausgleich zwischen dem Wunsch der Eltern von Schülern mit besonderem Förderbedarf und den Erwartungen der anderen sei notwendig, «damit Inklusion am Ende nicht alle zu Verlierern macht». dpa
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