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IT-Verband empfiehlt Eltern, ihrem Kind zur Einschulung ein Handy zu schenken – Lehrerverband zeigt sich entsetzt

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DÜSSELDORF. Achim Berg, Präsident des IT-Branchenverbands Bitkom, hat Eltern empfohlen, ihren Kindern zur Einschulung ein Handy zu schenken – und rät Lehrern, die Geräte dann im Unterricht einzusetzen. Der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Heinz-Peter Meidinger, reagierte prompt: Er wies den Vorschlag als „verantwortungslos“ zurück.

Was können Sechsjährige mit einem Smartphone anfangen? Foto: Shutterstock

In einem Interview mit der „Rheinischen Post“ wurde Berg mit der Aussage eines Journalisten konfrontiert, „viele Eltern scheuen sich, einem Erstklässler schon ein Handy zu schenken“. Daraufhin entgegnete Berg: „Ich frage mich, warum. Ab der Grundschule empfehle ich ein Handy für Kinder und würde die Einbindung der Geräte im Unterricht befürworten.“

Auch unter Schulanfängern ist das Smartphone schon verbreitet

Ab der ersten Klasse würden Kinder auf dem Schulhof und im Freundeskreis ohnehin mit Handys in Berührung kommen. 54 Prozent der Sechs- bis Siebenjährigen nutzten heute bereits ein Smartphone, 78 Prozent einen Tablet-PC. Berg: „Auch Kinder haben ein Recht auf digitale Teilhabe. Sie brauchen Anleitung im Umgang damit. Das ist enorm wichtig. Verbote bewirken nur, dass Kinder die Geräte heimlich nutzen und dann ohne Begleitung gefährdeter sind. Das ist der größte Fehler, den man als Eltern machen kann.“

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Meidinger entgegnete nun: „Diese Forderung ist nicht nur falsch, sie ist in höchstem Maße verantwortungslos und hat mit kindgerechter Medienerziehung nichts zu tun! Offensichtlich geht es dem Bitkom-Verband bei seiner Lobbyarbeit mehr darum, den Verkauf von Handys zu forcieren und neue Absatzmärkte zu erschließen, als darum, Kinder schrittweise an einen vernünftigen Umgang mit digitalen Geräten und Medien heranzuführen!“  Die Hauptaufgabe von Erstklässlern sei es, erst einmal die zentralen Kulturtechniken zu lernen, dazu gehöre vor allem die Lese- und Schreibkompetenz, so Meidinger.

Er ergänzte: „Erstklässler, die noch nicht richtig lesen und schreiben können, nutzten erfahrungsgemäß das Handy vor allem zum Videoschauen und für Spiele. Das aber hat mit verantwortungsvoller, umfassender Medienbildung nichts zu tun! Mit einem unbeschränkten Internetzugang sind Sechsjährige nicht nur überfordert, es besteht auch die Gefahr von Verängstigung und Verunsicherung.“

Internet und soziale Medien bereiten Schulen zunehmend Probleme

Gott sei Dank, so betonte der Verbandsvorsitzende, sei die Mehrzahl der Eltern „deutlich vernünftiger“ als der Bitkom-Verband. Meidinger plädierte dafür, an Grundschulen beim Einsatz digitaler Endgeräte vor allem auf Laptops und Computer mit kind- und altersgerechten Programmen zu setzen.

Aber auch an weiterführenden Schulen und damit bei älteren Schülern führe der unbegrenzte Zugriff von Schülern auf Whatsapp, Instagram und Youtube zunehmend zu massiven Problemen, sagte der Verbandschef. „Das Handy ist dort nicht selten zum bevorzugten Mobbinginstrument geworden, und viele Jugendliche sind in den sozialen Netzwerken ohne jede Sicherheitseinstellung unterwegs. Wollen wir diese Missstände und Gefahren jetzt auch schon auf Sechsjährige ausdehnen?“ Agentur für Bildungsjournalismus

“Brauchen Erstklässler ein Smartphone?”, so hatte News4teachers die Leserinnen und Leser auf Facebook gefragt. Die Antworten fallen eindeutig aus:

Digitale Bildung: Worauf es beim Computer-Einsatz im Unterricht wirklich ankommt – ein Interview mit dem Bildungsforscher Klaus Zierer

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