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Lehrermangel: Deutscher Lehrerverband rechnet aktuell mit 15.000 unbesetzten Stellen

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BERLIN. Der Deutsche Lehrerverband blickt mit großen Sorgen auf das kommende Schuljahr: Der Lehrermangel wird sich nach seiner Einschätzung noch einmal deutlich verschärfen. Wie der «Focus» berichtet, geht der Verband davon aus, dass die Schulen in Deutschland rund 15.000 Stellen nicht werden besetzen können. Das wären rund 5.000 mehr als im vergangenen Jahr. Rund 40.000 Lehrerstellen würden zudem nur mit Quereinsteigern und durch Mehrarbeit von Pensionären besetzt. Auch die GEW und der Philologenverband können in Sachen Lehrermangel keine Entspannung erkennen – im Gegenteil.

Immer mehr Lehrerstellen in Deutschland bleiben unbesetzt. Foto: Shutterstock

Die Landesregierungen hätten zu spät auf den sich abzeichnenden Engpass reagiert, kritisierte Verbandschef Heinz-Peter Meidinger im «Focus». Betroffen seien vor allem Grund-, Haupt-, Berufs- und Förderschulen, weil Lehrer dort meist schlechter bezahlt würden als an Gymnasien und Gesamtschulen. Zudem sei die Lage im Osten angespannter als im Westen.

Weniger dramatisch bewertet der Präsident der Kultusministerkonferenz (KMK), der hessische Bildungsminister Alexander Lorz (CDU), die Lage. Viele Einstellungen fänden erst in den letzten Ferienwochen oder in den ersten Schulwochen statt. Es sei keineswegs so, dass in ganz Deutschland voll ausgebildete Lehrkräfte zu Tausenden fehlen.

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Meidinger sagte auf Nachfrage, die Zahlen seines Verbandes seien zwar nur Schätzungen auf Basis von Rückfragen bei den Lehrerverbänden in den Ländern, jedoch habe man im vergangenen Jahr damit auch richtig gelegen.

Am stärksten vom Lehrermangel sind die Grundschulen betroffen

Auch die GEW geht davon aus, dass zum neuen Schuljahr bundesweit mehrere Tausend Lehrerstellen fehlen werden. Diese Aussage lasse sich anhand der Erfahrungen aus den vergangenen Jahren treffen, sagte GEW-Vorstandsmitglied Ilka Hoffmann am Freitag. Aussagekräftige Zahlen über den Lehrermangel in allen 16 Bundesländern gebe es derzeit nicht. «Dies liegt daran, dass die Einstellungsrunden für das neue Schuljahr noch nicht abgeschlossen und derzeit noch in allen Bundesländern Sommerferien sind.»

Am stärksten sind nach GEW-Angaben die Grundschulen betroffen, aber auch an Gemeinschaftsschulen und beruflichen Schulen herrsche großer Lehrkräftemangel. Während es in Fächern wie Sport, Religion oder Kunst schon immer schwierig gewesen sei, geeignete Bewerber zu finden, fehlten nun zunehmend Lehrer für Deutsch, Mathematik und die Naturwissenschaften.

Auf dem Land sei die Situation in der Regel dramatischer als in den Städten. An Gymnasien gebe es dagegen in einigen Bundesländern sogar noch einen Überhang an Lehrkräften. Die Einstellung von Quer- und Seiteneinsteigern kann nach Einschätzung der GEW allenfalls eine Notlösung sein – auch wenn viele dieser Kollegen gute Arbeit leisteten.

Philologenverband: Lehrermangel ist “politisches Planungsversagen”

Der Deutsche Philologenverband wirft der Politik beim Thema Lehrermangel Untätigkeit vor. «Schüler- und Lehrerbedarfsprognosen sind kein Hexenwerk», sagte die Verbandsvorsitzende Susanne Lin-Klitzing am Freitag im Gespräch. Die Planung der Unterrichtsversorgung müsse in den Ländern und der Kultusministerkonferenz kurz- und längerfristig und in gegenseitiger Absprache besser wahrgenommen werden. «Nach wie vor gilt: Der Lehrkräftemangel ist ein politisches Planungsversagen.»

Der Philologenverband vertritt vor allem die Interessen der Gymnasiallehrer in Deutschland. Eine spontane Umfrage in den Landesverbänden habe ergeben, dass es vor allem in den sogenannten MINT-Fächern – Mathe, Naturwissenschaften und Informatik – länder- und regionenspezifisch einen deutlichen Lehrkräftemangel an den Gymnasien gebe. «In den westlichen Bundesländern vor allem in Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein, in den östlichen Bundesländern vor allem in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern.»

Lin-Klitzing forderte, dass Stipendien für angehende Gymnasiallehrer ausgelobt würden, die sich in ihrer Ausbildung auf diese Fächer konzentrierten. Der Deutsche Lehrerverband hatte im «Focus» mit Blick auf das kommende Schuljahr vor einer Verschärfung des Lehrermangels gewarnt. Er schätzt, dass die Schulen in Deutschland rund 15 000 Stellen nicht werden besetzen können.

Bertelsmann-Studie: 2025 fehlen rund 35.000 Lehrer

Nach einer Bertelsmann-Studie aus dem vergangenen Jahr spitzt sich der  Lehrermangel insbesondere an den Grundschulen in Deutschland in den nächsten Jahren dramatisch zu (News4teachers berichtete). Danach fehlen bis ins Jahr 2025 rund 35.000 Lehrer für die ersten Schuljahre. Nach Berechnungen der Stiftung müssten bis 2025 knapp 105.000 neue Lehrer eingestellt werden, die Universitäten können bis dahin aber nur 70.000 Absolventen ausbilden.

In ihrer Rechnung gehen die Bildungsforscher Klaus Klemm und Dirk Zorn von 60.000 Pädagogen aus, die in den Ruhestand gehen und ersetzt werden müssten. Weitere 26.000 neue Lehrer seien nötig, um die bis dahin steigenden Schülerzahlen aufzufangen. Für den Ausbau von Ganztagsschulen würden außerdem 19.000 Lehrer benötigt.

Eine Prognose der KMK geht von einem weniger dramatischen Lehrermangel aus. An Deutschlands Schulen fehlen innerhalb von zehn Jahren nach offizieller Prognose 18.000 Lehrer. Für das Jahr 2027 geht die KMK dann davon aus, dass wieder 3060 mehr ausgebildete Lehrkräfte zur Verfügung stehen als in dem Jahr gebraucht werden (News4teachers berichtete). News4teachers / mit Material der dpa

Der Beitrag wird auch auf der Facebook-Seite von News4teachers diskutiert.

 

Albtraum Lehrermangel: Zwei Drittel der neu eingestellten Lehrer sind gar keine richtigen – immer mehr Seiteneinsteiger in Berlin

 

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