STUTTGART/HAMBURG. Mit fünf Milliarden Euro sollen im Rahmen des DigitalPakts Schulen und Schüler in Deutschland zukunftsfit gemacht werden. Doch der möglichst frühzeitige flächendeckende Einsatz digitaler Geräte läuft offenbar dem Willen der meisten Eltern zuwider, ergab jetzt eine Studie.
Seit das französische Parlament im Juli 2018 ein Handyverbot an Frankreichs Schulen beschlossen hat, wird auch in Deutschland über dieses Thema kontrovers diskutiert. Bisher gilt nur an bayerischen Schulen ein gesetzliches Verbot für Mobiltelefone – allerdings mit vielen Ausnahmen. Erst kürzlich kam eine Neuauswertung des Deutschen Schulbarometers im Auftrag der Robert-Bosch-Stiftung zu dem Ergebnis, dass 76 Prozent der Eltern in Deutschland dafür wären wenn ihren Kindern die private Nutzung von Handys in der Schule verboten wäre.
Ähnliche Werte ermittelte jetzt auch eine repräsentative Studie des Meinungsforschungsinstituts Mentefactum im Auftrag des Bundes der Freien Waldorfschulen, bei der bundesweit 2.064 Eltern schulpflichtiger Kinder befragt wurden. Sogar 85 Prozent der Eltern in Deutschland sprachen sich dabei für ein generelles Handyverbot für unter 16-Jährige an deutschen Schulen aus. Eine Digitalisierung im Schulunterricht befürworteten die meisten Eltern erst ab der fünften Klasse.
Umfrage: Drei Viertel der Eltern sprechen sich für ein Handyverbot an Schulen aus
13 Prozent der Befragten waren gegen ein Handyverbot. Klare Unterschiede zeigen sich dabei, wenn man das Alter der befragten Eltern betrachtet. Bei den unter 29-jährigen Eltern waren 62 Prozent für ein Verbot, Eltern zwischen 30 und 44 Jahren unterstützten ein Handyverbot zu 83 Prozent und bei den über 45-Jährigen waren es sogar 91 Prozent.
8 von 10 Befragten befürworteten eine tabletfreie Grundschulzeit. Nur 16 Prozent waren der Meinung, dass Grundschulkinder in den Klassen 1 bis 4 digitale Geräte nutzen sollten. Die deutliche Mehrheit (54 %) der Eltern hielten ihre Verwendung frühestens im Verlauf der Klassen 5 bis 7, also in den weiterführenden Schulen, für sinnvoll. 21 Prozent votierten für die 8. Klasse als frühesten Zeitpunkt für die Nutzung von Tablets und Computern im Schulunterricht, 7 Prozent würden sie sogar komplett aus der Schule heraushalten wollen. Einigkeit herrschte darüber, dass eine gute technische Ausstattung allein die Schulbildung nicht verbessere. Um die Technik sinnvoll in den Unterricht zu integrieren, müssten auch die pädagogischen Konzepte angepasst werden.
Aus Sicht des Bildungsforschers Heiner Barz bremse dieses Ergebnis die Digitalisierungseuphorie deutlich, da der Computer für Eltern alles andere als ein Allheilmittel für empfundene Defizite des Bildungssystems zu sein scheint: “Wenn 8 von 10 Eltern für eine computerfreie Grundschulzeit plädieren, muss man festhalten, dass die Forderung nach möglichst frühzeitigem und flächendeckendem Einsatz digitaler Geräte in den Schulen nicht mit den Erwartungen der großen Mehrheit der Eltern übereinstimmt.”, so der Düsseldorfer Erziehungswissenschaftler.
Grundsätzlich kommt es nach Meinung der Befragten Eltern ohnehin vor allem auf den Lehrer an. Für 99 Prozent waren „gute und engagierte Lehrkräfte“ das wichtigste Qualitätskriterium einer Schule. 86 Prozent stimmten der Aussage zu, der Lehrplan solle lediglich die Rahmenbedingungen setzen, die Gestaltung im Detail soll bei den Lehrern entsprechend der Schülerfähigkeiten liegen. Unerlässlich war es für die überwältigende Mehrheit der Eltern außerdem, dass die deutschen Schulen neben den Finanzmitteln für die Digitalisierung zusätzlich Gelder für die Kreativitätsförderung der Schüler erhalten. 9 von 10 Eltern (88 %) unterstützten diese Forderung.
Die Studie “Bildung und Schule – Elternstudie 2019” wurde vom Meinungsforschungsinstitut Mentefactum in Kooperation mit Aris Umfragenforschung durchgeführt. (zab, pm)
• Die Ergebnisse der Studie stehen kostenlos zum Download bereit.
