WIESBADEN. Der deutsche Staat gibt immer mehr Geld für Bildung aus – zuletzt 1700 Euro pro Kopf. 2018 stiegen die Bildungsausgaben von Bund, Ländern und Gemeinden auf 138,8 Milliarden Euro an. Das waren 4,6 Milliarden Euro oder 3,5 Prozent mehr als 2017, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden berichtete. Grundlage ist der Bildungsfinanzbericht 2019, der mit vorläufigen Daten der öffentlichen Haushalte erstellt wurde. Kritik an zu geringen Investitionen in die Bildung gibt es trotzdem.
Die Hälfte des Geldes, so rechnet das Statistische Bundesamt vor, ging an Schulen: 69,2 Milliarden Euro. 30,6 Milliarden Euro entfielen auf Hochschulen (22,1 Prozent) und 28,5 Milliarden Euro auf Kindertagesbetreuung (20,5 Prozent). Die Hauptlast trugen die Länder: Sie beteiligten sich mit 97,8 Milliarden Euro an den öffentlichen Bildungskosten. Die Gemeinden steuerten 31,0 Milliarden Euro bei, der Bund 10,0 Milliarden Euro.
Die öffentlichen Bildungsausgaben steigen – in absoluten Zahlen
Die Kurve der öffentlichen Bildungsausgaben zeigt seit Jahren nach oben. 2018 waren sie um 30,7 Prozent höher als 2010. «Die Zunahme hängt eng zusammen mit dem öffentlich finanzierten Ausbau der Kindertagesbetreuung», erklärten die Statistiker. Die Ausgaben für Kindertagesbetreuung wuchsen zwischen 2010 und 2018 um 81,2 Prozent – die für Hochschulen nur um 35,9 und für Schulen um 17,2 Prozent.
Für den Bericht haben die Statistiker auch die durchschnittlichen öffentlichen Bildungsausgaben berechnet. Bezogen auf die Gesamtbevölkerung waren das 2018 rund 1700 Euro pro Kopf – 2010 waren es 1300 Euro gewesen. Nimmt man nur die Bevölkerung unter 30 Jahren – also die Altersgruppe, die potenziell eine Kita besucht, zur Schule geht oder studiert – kommt man 2018 auf rund 5500 Euro pro Kopf. Das waren 1300 Euro mehr pro Kopf als 2010.
Bei der jüngsten Haushaltsdebatte des Bundestags lobte Bundesforschungsministerin Anja Karliczek die für 2020 geplanten Ausgaben des Bundes (News4teachers berichtete). Es handele sich um den größten Etat, der jemals für Bildung und Forschung zur Verfügung gestanden habe, sagte die CDU-Politikerin. Insgesamt sind im kommenden Jahr 18,3 Milliarden Euro dafür eingeplant. Der Gesamtetat 2020 liegt bei 362 Milliarden Euro vor. “Seit diese Bundeskanzlerin im Amt ist, sind die Ausgaben für Bildung und Forschung um 140 Prozent gestiegen”, sagte Karliczek bei der Gelegenheit.
Noch im März hatte allerdings die GEW-Vorsitzende Marlies Tepe die Bundesregierung für die Höhe der Bildungsausgaben kritisiert (News4teachers berichtete). „Auf dem Dresdener ‚Bildungsgipfel‘ haben Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten 2008 vereinbart, ab 2015 zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) in Bildung und Forschung zu investieren. Sieben Prozent in Bildung und drei in Forschung. Von diesem Ziel sind wir nach wie vor weit entfernt“, erklärte Tepe.
GEW kritisiert Sanierungsstau an Kitas, Schulen und Hochschulen
Die GEW-Chefin verwies auf den Sanierungsstau an Kitas, Schulen und Hochschulen – sowie auf zusätzliche Aufgaben wie den Ausbau des Ganztags. GEW-Studien kämen zu dem Ergebnis, dass die öffentliche Hand für ein zukunftsfähiges Bildungswesen zusätzlich gut 56 Milliarden Euro investieren müsse. „Mit diesen Mitteln sollen beispielsweise Kindertagesstätten, Ganztagsschulen und Hochschulen entsprechend dem veränderten gesellschaftlichen Bedarf ausgebaut und die in Sonntagsreden immer wieder bemühte Berufs- und Weiterbildung gestärkt werden“, unterstrich Tepe. Zudem sei auch die Umsetzung der Inklusion in allen Bildungsbereichen nur mit deutlich mehr Ressourcen zu bewältigen.
Die Bildungsausgaben steigen nicht im Verhältnis zur Wirtschaftskraft
Anders als Deutschland seien im internationalen Bildungsvergleich erfolgreiche Staaten in der Vergangenheit einen anderen Weg gegangen, sagte die Gewerkschaftsvorsitzende: Sie hätten ihre Bildungsanstrengungen absolut und auch relativ zu ihrer Wirtschaftskraft deutlich gesteigert. Tatsächlich lagen die deutschen Bildungsausgaben nach Angaben des Instituts der deutschen Wirtschaft 2017 bei lediglich 4,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts – wie auch schon 2010. Lediglich 2008 (dem Jahr von Merkels Bildungsgipfel) auf 2009 hatte es hierbei eine Steigerung von 3,7 auf 4,1 Prozent des BIP gegeben. Seitdem: Stagnation.
Betrachtet man allein die Schulen, sind die Bildungsausgaben im Verhältnis zur (stetig steigenden) Wirtschaftskraft sogar gesunken. 2010 betrugen sie 2,3 Prozent des BIP – 2017 beliefen sie sich auf nur noch 2,0 Prozent. Heißt: Der Wirtschaftsaufschwung der vergangenen zehn Jahre – mitsamt deutlich gestiegenen Steuereinnahmen – ist an den Schulen weitgehend vorbeigegangen. News4teachers / mit Material der dpa
Merkels “Bildungsrepublik” braucht noch mal einen neuen Anlauf – die Bilanz ist eher mau