STUTTGART. Baden-Württembergs Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) – Koordinatorin der unionsgeführten Kultusministerien in Deutschland – will in ihrem Land eine Verlängerung des Referendariats für Lehrer auf zwei Jahre prüfen lassen. Schulleitungen, Lehrer und Referendare selber hätten ihr berichtet, dass die derzeit 18 Monate zu wenig seien, um für die vielfältigen Herausforderungen an den Schulen gewappnet zu sein, sagte Eisenmann in Stuttgart. «Viele fühlen sich nicht sicher genug und wären dankbar, wenn die Anleitung ein halbes Jahr länger ginge.» Der Vorstoß entspricht auch einer Forderung des Bundesarbeitskreises (bak) Lehrerbildung, des bundesweiten Berufsverbands der Ausbilderinnen und Ausbilder im Vorbereitungsdienst.
In Baden-Württemberg absolvieren angehende Lehrer seit 2004 ein Referendariat von nur noch 18 Monaten. Es ist der Praxisteil in ihrer Ausbildung. Eisenmann sagte, sie könne das Gefühl nachempfinden, wenn Junglehrer sagten, sie fühlten sich einfach nicht sicher. Es gebe auch erfahrene Lehrer, die sich für eine stärkere Betonung des Praxisteils aussprächen. Eine Herausforderung sei zum Beispiel die immer heterogener werdende Schülerschaft. Sie werde auf das Wissenschaftsministerium zugehen, das für die Lehrerausbildung mit zuständig sei, sagte Eisenmann. Das Referendariat an sich liegt aber in der Hand des Kultusministeriums, wie eine Sprecherin erklärte.
Referendariat wurde vielerorts zusammengestrichen
Tatsächlich, so erklärt der Bundesvorsitzende des bak Lehrerbildung, Helmut Klaßen, gegenüber News4teachers, seien die Anforderungen noch gestiegen. „In den vergangenen Jahren sind viele Themen in den Schulen – und damit auch in der Lehrerausbildung – dazugekommen: Arbeiten in multiprofessionellen Teams, Ganztag, Interkulturalität, sprachsensibler Unterricht oder förderpädagogische Grundkompetenzen im Kontext der Inklusion zum Beispiel.“ Jetzt komme noch das Thema Digitalisierung hinzu.
Gleichwohl wurde das Referendariat, das ursprünglich bundesweit zwei Jahre dauerte, in den meisten Bundesländern zusammengestrichen – aus Kostengründen. Klaßen:„Bayern ist heute das einzige Bundesland, das jetzt noch ein 24-monatiges Referendariat hat, allerdings mit einer anderen Ausbildungsstruktur als in den anderen Bundesländern. In den meisten Bundesländern liegt das Referendariat bei 18 Monaten, in einigen Bundesländern im Osten sogar nur bei zwölf Monaten.“
Und der Zug in Richtung Verkürzung läuft weiter. In einigen Bundesländern werde überlagt, das Referendariat „Richtung zwölf Monate“ zu verkürzen und stattdessen eine Praxisphase in die universitäre Ausbildung zu integrieren, so berichtet Klaßen.
Persönlichkeit der angehenden Lehrer stärken
Er meint: „Das aber wäre ein falscher Weg. Die Praxisorientierung kann in einem Semester nicht so hergestellt werden wie im Referendariat. Es geht darum, eine starke kohärente Verschränkung zwischen Theorie und Praxis herzustellen. Dabei ist eine kontinuierliche personelle Begleitung und auch eine individuelle Beratung wichtig, auch um die Persönlichkeit der angehenden Lehrerinnen und Lehrer zu stärken.“ Das, so Klaßen, sei nicht mal eben zu machen. „Dafür sind 18 Monate schon das Minimum“, sagt der bak-Chef. „Wir fordern deshalb 24 Monate, um eine wirklich gute, fundierte Lehrerausbildung gewährleisten zu können.“
Kultusministerin Eisenmann rennt mit ihrem Vorstoß also offene Türen ein. News4teachers / mit Material der dpa
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