DÜSSELDORF. Im Internet über Lehrer lästern – was manche Schüler für Spaß halten, überschreitet schnell die Grenze zum Mobbing. Laut Gewerkschaft sind gegen Lehrer gerichtete Beleidigungen bei weitem kein Einzelfall. Ein aktueller Fall aus Düsseldorf, bei dem die Schulleitung auf Beleidigungen von Lehrern in sozialen Medien mit der Absage von Klassenfahrten reagiert hat, sorgt für hitzige Diskussionen. Von Elternseite kommt wenig Verständnis: In einem Brief an das Schulministerium wird sogar die Ablösung der Direktorin gefordert.
Gegen Lehrer gerichtete Beleidigungen und Diffamierungen sind nach einer Gewerkschaftseinschätzung bei weitem kein Einzelfall. «Lehrer werden gefilmt und dann heimlich ins Netz gestellt. Damit haben wir immer wieder zu tun», sagte die Vorsitzende des Philologen-Verbandes Nordrhein-Westfalen, Sabine Mistler, im Gespräch am Mittwoch in Düsseldorf. Das spiele sich häufig über die sozialen Netzwerke ab und trete in allen Schulformen auf und keinesfalls nur an den Gymnasien, betonte die Verbandschefin.
Solche Situationen seien für die betroffenen Lehrer «sehr traurig und belastend», sagte Mistler. Sie forderte Unterstützung für die Pädagogen und Aufklärungsarbeit an den Schulen. Anlass für das Gespräch: ein aktueller Fall am Düsseldorfer Max Planck-Gymnasium. Die Direktorin hatte als Reaktion auf Lehrer beleidigende und diffamierende Bilder und Fotomontagen in sozialen Medien zwei Klassenfahrten der 9. Jahrgangsstufe gestrichen. Eine diffamierende Fotomontage, die auf Instagram kursierte, wurde zur Anzeige gebracht. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen unbekannt (News4teachers berichtete).
Wie der „Spiegel“ aktuell berichtet, ist das Klima an dem Gymnasium durch das Geschehen extrem aufgeheizt. Die gestrichenen Klassenfahrten sorgten für Widerstand bei manchen der betroffenen Familien. Einige Eltern hätten in einem Brief an Schule und NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) die Absetzung der Schulleiterin gefordert. „Hier wird mit pädagogischen Fähigkeiten aus den Siebzigerjahren agiert”, schimpfen die Eltern laut Bericht in dem Schreiben, „dies entspricht nicht dem heutigen Anspruch an eine moderne zukunftsgerichtete Schulleitung.“ Verständnis für die Schule? Fehlanzeige.
“Die Folgen sind den Schülern häufig nicht bewusst”
Die Landesschüler*innenvertretung in NRW erklärte, Mobbing gegen Lehrer sei keine Seltenheit. «Das findet aber nicht so viel Raum», sagte eine Sprecher. Die Folgen seien Schülern häufig nicht bewusst.
Auch der Schulausschuss im nordrhein-westfälischen Landtag beschäftigt sich nach dem Düsseldorfer Fall mit dem Thema Lehrer-Mobbing. Einen entsprechenden Antrag hat die SPD-Fraktion gestellt. Die Regierung habe zugesagt, einen Bericht vorzulegen, wie ein Sprecher mitteilte. Die SPD will in dem Bericht nach Angaben eines Fraktionssprechers erfahren, wie viele Fälle von Mobbing gegen Lehrer vorliegen und welche Unterstützung das Ministerium in dieser Sache den Schulen zukommen lässt. Das Schulministerium hatte am Dienstag mitgeteilt, dass es bisher keine Zahlen zum Thema Mobbing von Lehrkräften habe.
Über die Anonymität des Internets vermieden die Schüler die direkte Konfrontation, sagte der Erziehungswissenschaftler Sebastian Wachs von der Universität Potsdam. Fälle von Mobbing würden zudem häufig nicht publik gemacht. Schulen fürchteten um ihren Ruf und betroffene Lehrer hätten Angst, als überfordert und inkompetent zu gelten. Betroffenen Lehrern riet der Mobbing-Forscher, sich nicht davor zu scheuen, Schwäche vor der Schulleitung einzugestehen und um Unterstützung zu bitten.
Wachs widersprach der Annahme, aus dem Mobbing spreche abnehmender Respekt gegenüber Lehrkräften. Vielmehr hätten Schulen einen immer größeren Erziehungsauftrag. Lehrkräfte würden dafür allerdings nicht ausreichend ausgebildet. Das Düsseldorfer Gymnasium habe auf den Fall aber vorbildlich reagiert, indem es Präventionsprogramme ankündigte.
Schutz von Lehrern ist Aufgabe der Schulaufsicht
Bildungs-Staatssekretär Mathias Richter (FDP) sagte im Gespräch: «Als Arbeitgeber ist es bei Mobbingfällen gegen Lehrkräfte nicht nur eine Aufgabe von Schulleitungen, die Kolleginnen und Kollegen zu unterstützen, sondern auch von allen Schulaufsichtsebenen bis hin zum Ministerium. Wir nehmen diese Aufgabe sehr ernst und arbeiten daran, dass unsere Schulen Orte eines respektvollen und friedlichen Miteinanders sind.» Mobbing in jeglicher Form müsse an Schulen «konsequent bekämpft werden». Es gebe bereits «viele Unterstützungsmaßnahmen und einen umfangreichen Aktionsplan». News4teachers / mit Material der dpa
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