DÜSSELDORF. Schüler, die ihre Lehrer via Instagram und WhatsApp beleidigen und bedrohen: Eine Düsseldorfer Schule reagiert jetzt auf solche Fälle. Klassenfahrten wurden gestrichen, der Staatsanwalt ermittelt. Die GEW sagt: Mobbing an Lehrern nimmt zu. Eine VBE-Umfrage stellte schon vor zwei Jahren fest, dass jede fünfte Schule von Cybermobbing gegen Lehrer betroffen war.
Nachdem Schüler in sozialen Medien verunglimpfende Fotos und Videos von Lehrern eines Gymnasiums in Düsseldorf verbreitet haben sollen, gibt es drastische Konsequenzen: Die Schulleiterin hat zwei Klassenfahrten abgesagt, mindestens eine Lehrkraft hat Strafanzeige erstattet. Ein Sprecher der Düsseldorfer Staatsanwaltschaft bestätigte entsprechende Ermittlungen am Dienstag.
Die Leiterin des Düsseldorfer Max Planck-Gymnasiums, Corinna Lowin, sagte, dass zwei jeweils dreitägige Fahrten der 9. Klassen abgesagt worden seien. In einem Brief vom 27. Januar, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, schrieb Lowin den Eltern und Schülern, dass in den letzten Wochen «zahlreiche Einträge» in sozialen Medien wie WhatsApp und Instagram bekannt geworden seien, die sich «in beleidigender, diffamierender und rufschädigender Art gegen eine große Zahl der Lehrkräfte» richteten. Es seien auch Bilder unerlaubt während des Unterrichts gemacht und verbreitet worden.
Vertrauen zwischen Schülern und Lehrern gestört
Das Vertrauensverhältnis zwischen Schülern und Lehrern sei «erheblich gestört», so der Brief, dass «Gefühl von Sicherheit im schulischen Raum stark beeinträchtigt». Die Schule habe laut Lowin «ein deutliches Zeichen» setzen wollen – und daher die kommenden beiden Klassenfahrten gestrichen. Eine Reise nach Spanien werde nur durchgezogen, um den Kontakt zur neuen Partnerschule in Almeria nicht direkt wieder zu verlieren. Die Schulleiterin schrieb den Eltern, dass diese Maßnahmen für einen kritischen Umgang mit sozialen Medien sensibilisieren sollen.
Im Gespräch sagte Lowin, dass es mehrere aus ihrer Sicht sogar strafrechtlich relevante Bilder gegeben habe, die von Schülern erstellt worden seien. Wie ein Sprecher der Staatsanwaltschaft auf Anfrage sagte, gibt es tatsächlich ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt, nachdem auf der Internet-Plattform Instagram die verunglimpfende Fotomontage eines Lehrers des Gymnasiums aufgetaucht war. Noch sei unklar, wer das Bild im Ursprung erstellt hatte.
GEW: Mobbing gegen Lehrer nimmt zu
Die Landesvorsitzende der GEW, Maike Finnern, sagte der «Rheinischen Post», dass Beleidigungen von Lehrern über soziale Medien aus ihrer Wahrnehmung zunähmen. Konkrete Zahlen gibt es laut Schulministerium nicht. Staatssekretär Mathias Richter teilte mit: «Beste Bildung braucht beste Rahmenbedingungen. Dazu gehört, dass Schülerinnen, Schüler, Lehrerinnen und Lehrer gerne und frei von Angst zur Schule gehen können. An unseren Schulen gibt es für Gewalt in welcher Form auch immer keinen Platz.» Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) habe unabhängig vom konkreten Fall unter anderem einen Aktionsplan gegen Gewalt und Diskriminierung initiiert.
«Frau Gebauer sollte das Thema ernster nehmen, als sie es bisher tut», sagte dagegen der SPD-Bildungsexperte Jochen Ott. «Wir reden hier ganz sicher nicht über Einzelfälle. Ich erwarte, dass das Schulministerium das Thema auf seine Agenda nimmt und entsprechende Maßnahmen ergreift. Ein erster Schritt wäre eine zentrale Erfassung von Mobbing-Attacken», so Ott.
Die Bezirksregierung Düsseldorf teilte als Aufsichtsbehörde der Schule am Dienstag mit, dass «aus Anlass der aktuellen Ereignisse» für das Kollegium des Max-Planck-Gymnasiums «zeitnah eine Beratungs- und Informationsmaßnahme zum Umgang mit Cyber-Mobbing und den rechtlichen Fragen geplant» sei. «Ziel aller am Schulleben Beteiligten ist es, die Geschehnisse gemeinsam aufzuarbeiten und den Umgang miteinander konstruktiv und respektvoll zu gestalten. Dabei werden sie von den schulfachlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Bezirksregierung unterstützt», sagte eine Sprecherin.
An jeder 5. Schule gab es Cybermobbing gegen Lehrer
Nach einer repräsentativen Umfrage des VBE aus 2018 gab es im Schnitt bereits an jeder fünften Schulen in Deutschland Fälle von Mobbing, Diffamierung und Belästigung von Lehrern über das Internet (News4teachers berichtete). Von Online-Mobbing waren danach 36 Prozent der Haupt-, Real- und Gesamtschulen betroffen, jedes dritte Gymnasium und 13 Prozent der Grundschulen. Ein Drittel der befragten Schulleitungen beklagten seinerzeit, dass das jeweilige Schulministerium sich des Themas nicht ausreichend annehme. Für 22 Prozent war die Meldung von Vorfällen zu bürokratisch und zeitaufwendig organisiert.
«Das hat Methode», warf VBE-Bundesvorsitzender Udo Beckmann damals der Politik vor. Sie wolle das Ausmaß des Problems vielfach gar nicht kennen, um sich dem nicht stellen zu müssen – und damit sie nicht im schlechten Licht dastehe. News4teachers / mit Material der dpa
Der Beitrag wird auch auf der Facebook-Seite von News4teachers diskutiert.
“Die Leiterin des Düsseldorfer Max Planck-Gymnasiums, Corinna Lowin, sagte, das zwei jeweils dreitägige Fahrten der 9. Klassen abgesagt worden seien.” -> Fehler im Text: “dass” ist hier mit Doppel-s zu schreiben;)
Zum Inhalt des Artikels: Ich finde es toll, wie souverän die Lehrkräfte und die Schulleitung reagiert haben. Solchen Diffamierungen darf kein Raum gegeben werden.
Die Eltern, die sich jetzt über vermeintliche 70er-Jahreö-Pädagogik beschweren dürfen sich nicht wundern. Nach erstem Anschein scheint es eine ganze Horde von Rasenmäher-Eltern zu sein, die jetzt ihr Kind “schützen” und alle Hindernisse aus dem Weg mähen wollen. Kein Kind kommt doch von Natur aus auf die Idee, jemanden so übel fertigzumachen. Aber wenn die Eltern dieser Schüler immer so reagieren, ist das Verhalten der Jugendlichen nachvollziehbar zu begründen.
Und nochmal, falls das hier wieder jemand behaupten will: Nein, die Kinder und Jugendlichen werden nicht immer schlimmer. Es gibt auch ganz, ganz viele sehr soziale Jugendliche und das Hauptverschulden liegt hier bei den sog. überforderten “Rasenmäher-Eltern”.
Der Fehler ist korrigiert – danke für den Hinweis. Die Redaktion
Es fehlt in dem Artikel hier, dass Eltern betroffener Schülerinnen und Schüler sich bei Bezirksregierung und Ministerium beschwert haben und die Absetzung der Schulleiterin fordern.
Probleme mit digitalen Inhalten machen mittlerweile einen Gutteil von Gesprächsanlässen der Beratungslehrer und Schulleitungen an Schulen aus. Dass eine Bezirksregierung erst nach so einem Vorfall aus dem Quark kommt – ist halt so.
Dass Prävention an Schulen von der dienstlichen Zuweisung auf Sparflamme fahren, ist ärgerlich.
Aber auch der beschriebene Fall wird nur dazu führen, dass mehr bunte Flyer in den Lehrerzimmern ankommen.
Absolut richtige Entscheidung der Schulleitung. Typische Reaktion der Eltern. „Meine(r) macht sowas nicht.“, kann hier nicht helfen. Jetzt heißt es vielleicht doch mal eine Konsequenz aus dem eigenen Verhalten ertragen und (vielleicht) daraus etwas für das Leben lernen.
Hoffentlich knickt nicht wieder das Kultusministerium ein.