DRESDEN. Der Freistaat Sachsen will bei der Normalisierung des Schulbetriebes keine Zeit verlieren. Nach den Abschlussjahrgängen sollen auch alle anderen Schüler so schnell wie möglich wieder zurückkehren können. Besonderen Bedarf sieht Kultusminister Christian Piwarz (CDU) bei Schülern in der Grundschule sowie in den Förderschulen.
Am vergangenen Donnerstag hatte Piwarz angekündigt, dass die Abschlussprüfungen in Sachsen wie geplant am 22. April beginnen. Zur Vorbereitung sollen die Schulen für die betroffenen Klassen am 20. April wieder geöffnet werden (News4teachers berichtete).
«Mir ist es wichtig, dass wir eine Öffnung der Schulen schnell ermöglichen. Sicher wird das nicht in Gänze und von heute auf morgen passieren können», sagte Piwarz und verwies auf den Infektionsschutz. Die bisherigen Erfahrungen hätten aber gezeigt, dass ein wie auch immer geartetes permanentes Lernen zu Hause über längere Zeit nicht funktionieren könne. Schon deshalb habe man ein hohes Interesse, so schnell wie möglich zum Normalzustand zurückzukehren.
Wohl noch im neuen Schuljahr: Unterrichtsstoff nachholen
Lehrerinnen und Lehrer müssten in den verbleibenden Wochen des Schuljahres den Leistungsstand analysieren, sagte Piwarz. Die Corona-Krise dürfe den Mädchen und Jungen nicht zum Nachteil werden – weder im aktuellen Schuljahr noch mit Blick auf die gesamte Schulzeit: «Das ist unsere pädagogische Verantwortung. Wir müssen schauen, wo eine gezielte Förderung notwendig ist.» Möglicherweise werde es in manchen Fällen auch zu Beginn des neuen Schuljahres noch darum gehen, Unterrichtsstoff nachzuholen.
Piwarz zeichnete ein differenziertes Bild vom Verlauf des notgedrungenen Homeschooling. Die meisten Lehrer hätten sich gut auf diese Situation eingestellt, das Beste aus ihr gemacht und seien mit ihren Schülern in engem Kontakt geblieben. «Es gibt die Ausreißer in die eine wie in die andere Richtung. Manche Lehrer haben sich möglicherweise zu viel vorgenommen und zu viele Aufgaben erteilt», schilderte er aber auch. Das Kultusministerium habe versucht, mit Ratschlägen und Hinweisen zur Seite zu stehen.
«Das ist eine Situation, die wir so noch nie hatten. Es war vorher kaum vorstellbar, Schulen über einen solch langen Zeitraum geschlossen zu halten. Deswegen bin ich trotz aller Schwierigkeiten zufrieden, wie das insgesamt läuft», betonte der Minister. Zwei Dinge seien aber klar geworden: «Schulschließungen können kein Dauerzustand sein. Zum anderen merken wir, wie wichtig die Arbeit von Lehrerinnen und Lehrern beziehungsweise Erzieherinnen und Erziehern ist. Das ist nun nicht nur in den Familien deutlich geworden.»
«Momentan sind wir damit beschäftigt, mit der Krise umzugehen und Entscheidungen jeden Tag so zu treffen, dass sie für alle Seiten funktionieren. Klar ist aber auch, dass wir nachher eine Auswertung machen müssen», sagte der Minister. Das gelte für Dinge, bei denen sich ein Verbesserungsbedarf gezeigt habe, aber auch für positive Erfahrungen: «Wichtig ist nur, dass wir schnell Konsequenzen ziehen. Je mehr Zeit ins Land geht, desto nachlässiger und vergesslicher wird man in der Regel. Die Konsequenzen müssen aber nachhaltig sein.»
Bei der Digitalisierung der Schulen gibt es Nachholbedarf
Gerade im Bereich der Digitalisierung sei deutlich geworden, dass man da «noch eine Schippe drauflegen» müsse. Schulen, die bei diesem Thema schon relativ weit seien, hätten in den vergangenen Wochen gute Ergebnisse erzielt. «Da spielt vieles zusammen – vom Breitbandausbau über die Ausstattung bis hin zur Weiterbildung der Lehrer. Es ist ermutigend zu sehen, was Lehrer auf Youtube hochgeladen haben oder wie sie auf verschiedenen Lernplattformen Videokonferenzen gestalteten.»
Piwarz geht davon aus, dass die Erfahrungen der vergangenen Zeit auch positive Entwicklungen bringen werden – zum Beispiel bei der Digitalisierung. «Möglicherweise trägt die Krise dazu bei, dass hier auf allen Seiten – also auch bei uns in der Schulverwaltung – Scheuklappen gefallen sind.»
Philologen: Vorbereitungszeit fürs Abitur ist zu kurz
Der Philologenverband Sachsen sieht den vom Freistaat in der vergangenen Woche bekanntgegebenen Abiturfahrplan allerdings kritisch. Zwar sei es positiv, dass die Abiturienten auch in diesem Jahr ein vollwertig anerkanntes Abitur ablegen könnten, sagte der Verbandsvorsitzende Thomas Langer. «Die Vorbereitungszeit, die unsere Schülerinnen und Schüler nun haben, um sich gemeinsam mit ihren Lehrerinnen und Lehrern in der Schule auf die schriftlichen Prüfungen vorbereiten zu können, halten wir aber für zu kurz». Nicht alle Schüler hätten in den Wochen der Schulschließungen die Möglichkeit gehabt, mit ihren Fachlehrern Kontakt zu halten und am digitalen Lernen teilzunehmen. «Ihnen gegenüber ist dieses Verfahren unfair», so Langer.
Schüler, die sich beim Ersttermin für eine Prüfung nicht in der Lage fühlten, können Klausuren nachschreiben, so entschied das Kabinett am Donnerstag. Der Philologenverband sieht es vor allem problematisch, dass sich die Abiturienten noch am Tag der Prüfung gegen eine Teilnahme entscheiden können. «Dieses Vorgehen stellt unsere Gymnasien vor enorme schulorganisatorische Herausforderungen», so Langer. Es müssten schließlich genügend Arbeitsmaterialien, Aufsichten, Hygieneschutzmaßnahmen und vor allem Arbeitsplätze mit erforderlichem Abstand bereitgestellt werden. News4teachers / mit Material der dpa
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