BERLIN. Bund und Länder haben sich gestern auf einen schrittweisen Schulbeginn ab dem 4. Mai verständigt – im Grundsatz. Nun stellt sich allerdings heraus: Aus dem Kleingedruckten der Vereinbarung ergibt sich, dass zumindest für die Abschlussjahrgänge praktisch jedes Bundesland macht, was es will: Sachsen öffnet schon am Montag seine Schulen für Prüfungsvorbereitungen, Nordrhein-Westfalen „wenige Tage“ später. Was „Prüfungsvorbereitungen“ sind, die die Bund-Länder-Vereinbarung ausdrücklich erlaubt, wird ebenfalls unterschiedlich ausgelegt: Für die einen heißt es Unterricht – für die anderen nicht.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Regierungschefs der Länder verständigten sich am Mittwoch auf das weitere Vorgehen zur Eindämmung des Coronavirus – auch, was den Betrieb von Schulen betrifft (News4teachers berichtete). Danach gilt:
- Die seit Mitte März geltenden Kontaktbeschränkungen werden grundsätzlich bis zum 3. Mai 2020 verlängert.
- Der Schulbetrieb soll ab 4. Mai schrittweise wieder aufgenommen werden – zunächst prioritär für Abschlussklassen und qualifikationsrelevante Jahrgänge sowie die letzte Klasse der Grundschule.
- Prüfungen und Prüfungsvorbereitungen der Abschlussklassen dieses Schuljahres sollen wieder stattfinden können. Die Kultusministerkonferenz wird beauftragt, bis zum 29. April ein Konzept für weitere Schritte vorzulegen, wie der Unterricht insgesamt wieder aufgenommen werden kann.
- Die Notbetreuung wird fortgesetzt und auf weitere Berufs- und Bedarfsgruppen ausgeweitet.
Einzelne Länder könnten aber von dem Termin abweichen. Schließlich starteten ja auch in einigen Ländern schon im Juni die Sommerferien, erklärte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Berlin – eine Äußerung, die angesichts des verkündeten Datums allerdings in den Hintergrund geriet.
Laschet: “Keine Alleingänge in der Schulpolitik”
Doch der Termin erweist sich jetzt allenfalls noch als lockere Handlungsempfehlung. Denn etliche Bundesländer starten keineswegs erst ab dem 4. Mai schrittweise den Schulbetrieb – ihre Regierungen haben angekündigt, den Schulbetrieb für Abiturienten und/oder die Abschlussjahrgänge bereits in der kommenden Woche wieder aufzunehmen. „Wir brauchen einen Konsens der 16 Länder. Gerade in der Schulpolitik darf es keine Alleingänge geben“, hatte NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) vor der gemeinsamen Sitzung mit der Kanzlerin erklärt. Im Ergebnis startet aber nun doch jedes Bundesland seinen Schulbetrieb, wann es will – und wie es will. Was „Prüfungsvorbereitungen“ sind, wird nämlich unterschiedlich ausgelegt. Beispiele:
- Für Schleswig-Holstein gilt, Schulen und Kitas bleiben zwar bis zum 4. Mai „grundsätzlich“ geschlossen. Wie geplant sollen aber die Abiturprüfungen ab 21. April beginnen. In den prüfungsfreien Tagen werde es für die Abschlussjahrgänge auch schon Unterricht geben, erklärte Ministerpräsident Daniel Günther (CDU).
- Sachsen wird wie geplant schon ab kommenden Montag seine Schulen für Schüler aller Abschlussklassen wieder öffnen. Das entschied das Kabinett am Mittwoch nach der Abstimmung auf Bundesebene. «Wir wollen damit den Schülern, die kurz vor ihren Prüfungen stehen, die Chance geben, sich auf ihren Abschluss gezielt vorzubereiten», erklärte Kultusminister Christian Piwarz (CDU). Die Regelung gilt für Gymnasien, Berufliche Schulzentren, Oberschulen und Förderschulen gleichermaßen. Piwarz betonte aber auch: «Ein regulärer Unterricht findet nicht statt. Im Vordergrund stehen die Vorbereitungen auf die Abschlussprüfungen.»
- Der Schulstart in Thüringen soll am 27. April mit den Jugendlichen erfolgen, die in diesem Jahr ihre Abiturprüfungen ablegten. Das kündigte Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) am Mittwoch nach der Telko mit Merkel an. Am 4. Mai würden die Schüler anderer Abschlussklassen folgen. Um die Schulöffnung ist allerdings im Freistaat bereits ein politischer Streit ausgebrochen. «Wir hätten gut daran getan, noch 14 Tage mit der Öffnung der Schulen zu warten», sagte der SPD-Bildungspolitiker Thomas Hartung.
- Auch in Niedersachsen soll am 27. April der Anfang gemacht werden – allerdings schon mit allen Abschlussjahrgängen. Dies seien die Jahrgänge 13 und 10, erläuterte Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) am Mittwoch. Ein Sprecher des Kultusministeriums ergäntzte: Geplant seien Prüfungsvorbereitungen – ohne zu konkretisieren, was das bedeutet.
- Auch in Rheinland-Pfalz sollen Abiturienten und die Schüler, die in diesem Schuljahr eine Prüfung ablegen müssen, ab dem 27. April wieder zur Schule gehen können. Am 4. Mai sollen weitere Schülergruppen folgen – und zwar Klassen, die im nächsten Schuljahr eine Abschlussprüfung machen sowohl an allgemeinbildenden als auch berufsbildenden Schulen. Auch die Viertklässler können Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) zufolge dann wieder zur Schule gehen, weil ihnen zugetraut werde, die Abstandsregelungen einzuhalten und weil sie zugleich auf die weiterführenden Schulen vorbereitet werden müssten.
- Bayern wird bei den Lockerungen der Corona-Beschränkungen nach Angaben von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) langsamer vorgehen als andere Länder. Unter anderem soll der normale Schulbetrieb erst ab 11. Mai schrittweise wieder beginnen und damit eine Woche später als von Bund und Ländern grundsätzlich vereinbart. Allerdings: Mit der Prüfungsvorbereitung in Abschlussklassen soll auch im Freistaat schon ab dem 27. April begonnen werden.
- Die Schulen in Nordrhein-Westfalen sollen dagegen bereits ab der kommenden Woche schrittweise wieder den Betrieb aufnehmen. «Nach einer Vorbereitungszeit für Schulleitungen, Lehrkräfte und anderes Personal ab dem 20. April 2020 sollen die Schulen wenige Tage später für die Schülerinnen und Schüler wieder öffnen, für die Abschlussprüfungen anstehen», teilte das NRW-Schulministerium am Mittwochabend mit (News4teachers berichtete).
«Wichtig ist ein geschlossenes Vorgehen der Länder», hatte Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) nach der Telefonschalte mit seinen Amtskollegen und mit Merkel erklärt. «Nur dann können wir das Virus effektiv bekämpfen und eine Zunahme der Infektionen verhindern.» News4teachers / mit Material der dpa
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Öffnet NRW seine Schulen doch früher? Gebauer spricht von „wenigen Tagen“
