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„Bei Kinderdaten hört der Spaß auf“: Datenschützer droht Lehrern mit Strafe

ERFURT. Lutz Hasse, Datenschutzbeauftragter des Freistaats Thüringen, hat seine Ankündigung, gegen Lehrer aufgrund von möglicher Datenschutzverstöße ermitteln zu wollen, bekräftigt – trotz vielfacher Kritik daran. Im Gegenteil, er fühle sich durch den Widerspruch bestärkt, erklärte er in einem Interview mit der „Thüringischen Landeszeitung“. „Wo viel Rauch ist, ist auch viel Feuer. Und der Sturm der Entrüstung zeigt mir, dass ich einen Nerv getroffen haben muss.“ Der Thüringer Philologenverband zeigt sich empört.

Zoom genutzt? Das kann für Lehrer teuer werden. Foto: Shutterstock

Bis zu 1.000 Euro Geldstrafe drohen Lehrern in Thüringen (womöglich später dann auch in anderen Bundesländern), wenn ihnen Datenschutzverstöße in der Corona-Krise nachgewiesen werden. Heißt: Wenn sie nicht sichere Software oder Kommunikationskanäle genutzt haben sollten (News4teachers berichtete bereits ausführlich über den Vorstoß – hier). „Ich werde weitere Informationen einziehen und mir ein Bild über die Situation machen. Etwa: Wurden die Eltern um eine Einwilligung gebeten, wurden die Eltern ausreichend über den Einsatz der Datenverarbeitung informiert, wurden Auftragsverarbeitungsverträge geschlossen? Ich weiß noch nicht, auf welche Erkenntnisse ich stoßen werde, habe aber gewisse Befürchtungen, die sich hoffentlich nicht bestätigen“, sagte Hasse nun.

“Ein Lehrer darf von sich aus keine elektronischen Lehrmittel einsetzen”

Auf den Einwand, dass er doch nicht ernsthaft Lehrkräfte belangen könnte, die sich kreativ um Lösungen in der Corona-Krise bemüht hätten, antwortete er: „Nichts gegen Kreativität. Aber sobald Kinderdaten rechtswidrig verarbeitet worden sein sollten und die Gefahr besteht, dass diese von unbefugten Dritten zur Profilbildung genutzt werden könnten, hört der Spaß auf. Ein Lehrer, der solche Systeme einsetzt, muss sich zudem rückversichern bei seiner Schulleitung. Von sich aus darf er schulrechtlich gar keine elektronischen Lehrmittel einsetzen. Ein Schulleiter müsste sich rückversichern beim Schulamt oder Ministerium. Und der Lehrer muss die Eltern beziehungsweise je nach Alter die Schüler vorher umfassend über alles informieren und anschließend um eine Einwilligung bitten.“

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„Datenschutz schlägt alles! Auch Engagement“, meint Heike Schimke, Vorsitzende des Thüringer Philologenverbandes. „Statt eines offenen Ohrs für technische Probleme und entsprechende Hilfsangebote kommt gleich die Androhung von Bußgeldern wegen Datenschutzverstößen. So schlägt man Engagement tot und macht aus engagierten Machern in Zukunft bloße Vorschriftenbeachter, die in besonderen Situationen nicht mehr auf die Schüler schauen, sondern nur noch ihr eigenes Wohl.“

Philologen räumen ein: Lehrer haben soziale Medien genutzt

In der besonderen Situation des Lockdown, in der innerhalb eines Tages Strukturen geschaffen werden sollten, in der Schülerinnen und Schüler bestmöglich Zuhause betreut werden, hätten Lehrkräfte auf das zurückgegriffen, was funktioniert. „Ja – teilweise auch auf facebook, whatsapp und Zoom“, sagt sie. Viele Lehrer hätten keine andere Wahl gehabt. Viele Schulen hätten keinen Anschluss an die landeseigene Schulcloud gehabt. Sogar das Thüringer Bildungsministerium selbst habe im April eine Webkonferenz per zoom angeboten. „Fazit: Die Engagierten, die dennoch Lösungen suchten und nicht sich, sondern ihre Schüler im Blick hatten, werden nun bestraft. Das werden sie sich in der nächsten Situation dreimal überlegen“, sagt Schimke. News4teachers

Hier geht es zum vollständigen Interview Hasses mit der “Thüringischen Landeszeitung”.

Der Beitrag wird auch auf der Facebook-Seite von News4teachers diskutiert.

„Lehrerinnen und Lehrer eignen sich bestens als Sündenböcke“: Warum das Image der Schulen in der Corona-Krise so leidet – ein Interview

 

 

 

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