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Steigende Abbrecherquote – Böhm: Ausrichtung am „Abitur für alle“ ist schuld

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BERLIN. Sind steigende Abbrecherquoten und sinkende Absolventenquoten bei der Hochschulreife – aktuell beschrieben vom Nationalen Bildungsbericht – die Symptome einer verfehlten Bildungspolitik, die zu vielen jungen Menschen den Weg an die Hochschulen ermöglicht? Für Jürgen Böhm, Bundesvorsitzender des Deutschen Realschullehrerverbandes (VDR), schon. „Das Märchen von einer Schule für alle wirft seine dunklen Schatten auf die Bildung in unserem Land“, meint er.

Pointiert: Jürgen Böhm, Bundesvorsitzender des VDR. Foto: Marco Urban / VDR

Der in dieser Woche veröffentliche Nationale Bildungsbericht «Bildung in Deutschland 2020» beschreibt das Ende eines jahrzehntelangen Trends hin zu immer höherer Bildung (News4teachers berichtete ausführlich). Wie aus dem Bericht hervorgeht, gibt es stagnierende oder sogar sinkende Quoten beim Übergang auf das Gymnasium, sinkende Absolventenquoten beim mittleren Schulabschluss und auch bei der Hochschulreife. Seit 2013 sei beispielsweise der Anteil der Schulabgänger ohne mindestens einen Hauptschulabschluss von 5,7 auf 6,9 Prozent (2018) stetig gestiegen, die Absolventenquote bei der Hochschulreife sei zurückgegangen (2014: 53 Prozent; 2018: 50 Prozent).

Digitalisierung der Schulen wurde verschlafen

Durch die „permanenten Schulreformen und Pseudo-Reförmchen“, so Böhm, habe man die wesentlichen Aspekte der Bildungsarbeit aus den Augen verloren und zusätzlich in den vergangenen Jahren den Prozess der Digitalisierung an den Schulen verschlafen. Eine einseitige Konzentration auf grundlegende und ständige Veränderungen der Strukturen verbaue den Blick auf wesentliche Inhalte im Bildungswesen, so Böhm. Ziel müsse es sein, die Schulen zukunftsfähig aufzustellen und inhaltlich und qualitätsorientiert mit differenziert ausgebildeten Lehrkräften an fundierter und realistischer Bildung zu arbeiten.

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„Statt vielfältige differenzierte Bildungsangebote auszubauen, die den jungen Menschen individuelle Wege zum Bildungserfolg ebnen, verschränkt und verbindet man immer mehr Bildungswege mit dem Ziel des Abiturs, die viele junge Menschen vorzeitig aus dem Bildungssystem katapultieren und als tatsächliche Verlierer zurücklassen. Die Ausrichtung auf das ‚Abitur für alle‘ war definitiv der falsche Weg“, meint Böhm fest. Erst in den letzten Jahren und angesichts des eklatanten Fachkräftemangels, setze sich die Erkenntnis sowohl bei Eltern als auch in der Wirtschaft durch, dass gerade der Weg über einen Hauptschulabschluss, einen Realschulabschluss in Kombination mit einer beruflichen Ausbildung junge Menschen zu Bildungsgewinnern mache. „Was wir brauchen sind vielfältige, anerkannte Bildungswege, statt weltfremder Vereinheitlichung, die mit permanentem Qualitätsabbau verbunden ist“, meint Böhm.

Arbeitsmarktchancen für Akademiker: “sehr gut”

Das Interesse am Studium ist in Deutschland ungebrochen. Im Bildungsbericht wird damit gerechnet, dass die Nachfrage nach Studienplätzen bis 2030 auf dem heutigen Niveau bleiben wird. Pro Jahr fangen rund 500.000 junge Menschen ein Studium an. Die Arbeitsmarktchancen für Akademiker werden im Bericht als «nach wie vor sehr gut» bezeichnet. News4teachers / mit Material der dpa

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