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Sind wirklich doppelt so viele Lehrer nötig, um die Klassen zu halbieren? Lehrer erklären auf News4teachers: „Das ist eine Ausrede!“

DÜSSELDORF. Die NRW-Landesregierung hält die von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) geforderte Halbierung der Klassenstärken, um im Unterricht wieder die Abstandsregel einführen zu können, für nicht umsetzbar. Angeblich sind dafür doppelt so viele Lehrer nötig, über die das Land nunmal nicht verfüge. Aber stimmt das überhaupt? Macht Wechselunterricht mit kleineren Lerngruppen wirklich so viel mehr Arbeit? Dutzende Lehrer, die im Facebook-Auftritt von News4teachers diskutieren, halten das Argument für vorgeschoben – weil es schlicht falsch sei.

Lässt sich der Präsenzunterricht ohne zusätzliches Personal teilen? Lehrkräfte meinen: Klar. Foto: Shutterstock

Sollen die Klassen geteilt werden? „Sie brauchen dann im Grunde genommen fast das Doppelte an Lehrerinnen und Lehrern, die wir nicht haben“, behauptete FDP-Familienminister Joachim Stamp vor einem Millionenpublikum am Montagabend im ZDF-“heute journal”. Das von seiner Parteifreundin Yvonne Gebauer geleitete NRW-Schulministerium sekundiert: Eine Aufstockung der Arbeitszeit von teilzeitbeschäftigten Lehrkräften sei auf die Schnelle nicht zu machen. Wir dokumentieren hier Posts von Lehrerinnen und Lehrern aus dem Facebook-Auftritt von News4teachers, die dazu Stellung nehmen – der Tenor ist einhellig:

„Kann mir bitte jemand erklären, wieso die Versorgung von Kindern zuhause mit dem im Unterricht bearbeiteten Material oder sogar Hybridunterricht die doppelte Anzahl an Lehrkräften braucht?“

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„Keine Ahnung, was die damit meinen.“

„Was reden die denn hier immer darüber, dass das Hybridmodell mehr Lehrer/innen benötige? Das ist doch überhaupt nicht der Fall! Mon Fress, echt.“

„Frau Gebauer hat leider nicht das Prinzip von A und B-Wochen verstanden.“

„Versteh ich nicht. Wir arbeiten derzeit mit geteilten Klassen. Die Lehrer haben den normalen Plan. Die Schüler sind im wöchentlichen Wechsel in der Schule. Homeschooling-Aufgaben gebe ich im Unterricht mit und die Ergebnisse werden in der nächsten Präsenzstunde besprochen. Natürlich stehe ich per Email für Fragen zur Verfügung. Ein paar Projektstunden wurden gekürzt. Sportunterricht ist gerade untersagt. Die kleineren Gruppen sind eine Arbeitserleichterung. Ich habe mehr Arbeit, aber nicht so, dass es nicht zu schaffen ist. Wir haben einige Kollegen in Quarantäne. Also eher weniger Personal und es ist möglich. Es ist ja nicht so wie im Frühjahr. Ich sehe meine Schüler ja immer noch regelmäßig, das macht es leichter.“

„Ich bin für einen täglichen Wechsel von Gruppe A und B. Wenn man es geschickt anstellt, leistet man im Unterricht den Einstieg/ die Erklärungen und gibt für zu Hause vertiefende Aufgaben, die dann am nächsten Präsenztag besprochen werden – plus neuer Input. Da beide Gruppen das Gleiche machen, wäre zumindest die Vorbereitung nur 1x fällig.“

„Mein Gott…die Modelle wurden doch vor den Sommerferien bei uns durchgespielt. Entweder wochenweise Wechsel (Präsenzwoche Einführung neuer Unterrichtsinhalte/ Vertiefung und Übung zuhause in der zweiten Woche). Dasselbe ginge auch bei tageweisem Wechsel. Das sollte zumindest an weiterführenden Schulen kein Problem sein…“

„Das sind Ausreden. Man braucht dafür nicht doppelt so viele Lehrer. Halbe Klassen im Präsenzunterricht und die andere Hälfte digital zu Hause. Oder: halbe Klassen in den Schulen und die andere Hälfte im Homeschooling. Oder: halbierte Unterrichtszeit beispielsweise 3 Stunden die erste Gruppe und weitere 3 Stunden die zweite Gruppe mit abgespecktem Lehrplan und mehr Hausaufgaben oder eigenverantwortliches Lernen.“

„Man kann beim wöchentlichen Wechsel die Kinder im Homeschooling mit Aufgaben versorgen, die dann eine Woche später besprochen werden. Damit hat man auch nicht die doppelte Arbeitszeit. Und ich habe die Erfahrung gemacht, dass man mit hälftigen Lerngruppen auch mehr Stoff schafft. Probleme sehe ich nur bei den Klassenarbeiten…“

„Man könnte die Lerninhalte (also die Stundentafel) einer Woche auf zwei Wochen verteilen. Ich habe vor den Sommerferien die Erfahrung gemacht, dass ich mit einer halben Klasse, in einer Unterrichtsstunde fast das Doppelte schaffe, wie mit der ganzen Klasse. Das liegt einfach daran, dass dieser ganze Erziehungs-, Ermahnungskram wegfällt. Die Kinder sind lernbereiter, weniger abgelenkt, haben keinen Sitznachbarn etc. Das macht eine Menge aus.“

„An unserer Schule gibt es eh schon so eine Art Hybridunterricht, da mehrere Lehrer wg. Risiko zu Hause sind. Der Mittagsunterricht und der komplette Freitag wird online zu Hause unterrichtet, dafür haben die Schüler extra iPads bekommen. Dafür braucht es nicht mehr Lehrer, sondern die, die daheim sind, machen den Online-Unterricht.“

„Warum nicht die eine Hälfte der Klasse im Präsenzunterricht und die andere Hälfte per Videokonferenz dazu schalten? Das funktioniert, das habe ich im Sommer so gehandhabt, wie auch Kolleginnen und Kollegen von mir.“

„Jede*r Klassenlehrer*in kennt die Kinder, die zu Hause keine Unterstützung erhalten. Diese Kinder, oft sind es 3-4 Kinder pro Klasse, kommen dann halt täglich und man rechnet das in die Gruppenstärke mit ein.“

„Ich habe gerade eine Woche Hybridunterricht (Liveschaltung in den Unterricht) hinter mit, weil die Hälfte der Klasse in Quarantäne war. Hat gut geklappt, war kaum Aufwand. Zugegeben, Ich habe vorher für gewisse Voraussetzungen gesorgt, wie leichte Erreichbarkeit. Aber dann war das kein Problem.“

„Wir könnten so viele Konzepte erarbeiten und andere Projekte vorantreiben. Eine Woche unterrichtsfrei, die Lehrerinnen und Lehrer stoßen Projekte in der Schule an, räumen die Materialräume auf, besuchen Fortbildungen, richten Schulnetzwerke ein, tauschen sich mit anderen Schulen aus, überarbeiten Curricula, überarbeiten Unterrichtsmaterial usw.

Stattdessen: Unterricht mit Maske und Stoßlüften.“

„Das Schulministerium in Gestalt der Frau SärGEBAUER sollte mit einem Sack über dem Kopf herumlaufen, denn mit einem einzigen Post von News4teachers werden hier innerhalb von zwei Stunden rund hundert kreative Lösungsansätze gefunden. Das Schulministerium hatte 8 (acht!) Monate Zeit und hat: NICHTS. Darauf einmal kräftig stosslüften🤡“

„Mit der Aussage zu den doppelten Lehrkräften haben sich die Kultusminister selbst geoutet: Sie wissen nicht einmal, wie wir Lehrkräfte vor den Sommerferien den von ihnen angeordneten Wechselbetrieb durchgeführt haben. Das sagt schon alles über die Einstellung zu den Bediensteten.“

„Kann es sein, dass die NRW-Regierung keine Ahnung hat?“

„Ja.“

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Streit um halbierte Klassen – NRW-Landesregierung sagt: Wir haben dafür nicht genügend Lehrer. Aber stimmt das überhaupt?

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