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Schulleiter und Eltern kritisieren Chaos im NRW-Schulbetrieb – Gebauer lobt sich

DÜSSELDORF. Rund 2,5 Millionen Schüler in NRW haben ab Montag keine Pflicht mehr, im Klassenraum am Unterricht teilzunehmen – faktisch bedeutet das: Die Schulen stellen ihren Regelbetrieb weitgehend ein. Sowohl Schulleiter als auch Eltern kritisieren die Kurzfristigkeit der Entscheidung und das kopflos wirkende Hin und Her der Landesregierung.

Zick-Zack-Kurs: NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer. Foto: FDP NRW

Schulleiter und Eltern haben die kurzfristige Aussetzung der Präsenzpflicht an den Schulen in Nordrhein-Westfalen kritisiert. «Es wäre schön und einfach nützlich gewesen, wenn wir das nicht wieder zu einem Zeitpunkt erfahren hätten, wo ein Teil der Kollegen bereits auf dem Weg nach Hause ist und die Schüler weitestgehend auf dem Weg nach Hause sind», sagte Harald Willert, Vorsitzender der Schulleitungsvereinigung, in der Radiosendung «Morgenecho» auf WDR 5.

Die Landeselternschaft der integrierten Schulen in NRW begrüßt zwar die Aufhebung der Präsenzpflicht an den Schulen, fragt sich aber, «warum das alles erst jetzt passiert ist und nicht schon vor Wochen, als sich die hohen Infektionszahlen bereits deutlich abgezeichnet haben».

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Eltern werden aufgefordert werden, ihr Kind “zur Betreuung” anzumelden, falls dringender Bedarf bestehe

Für die rund 2,5 Millionen Schüler in NRW endet wegen der Corona-Pandemie die Präsenzpflicht im Klassenraum kurzfristig schon am kommenden Montag. Bei Schülern der unteren Jahrgänge bis Stufe sieben haben die Eltern die Wahl, ob die Kinder in der Schule oder von zu Hause aus am Unterricht teilnehmen. In der Praxis sieht das so aus, dass Eltern aufgefordert werden, ihr Kind “zur Betreuung” anzumelden, falls dringender Bedarf bestehe. Ob  in den nächsten Tagen Präsenzunterricht überhaupt stattfinden kann, blieb zumindest mancherorts unklar. Für ältere Schüler ab Klasse acht wird das Lernen vollständig auf Distanz umgestellt. Das hatte Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) am Freitag in Düsseldorf angekündigt.

Hätte das Ministerium die Zeit genutzt und Konzepte für neue Arten von Unterricht entwickelt, wären die Schulen demnach besser aufgestellt und komplette Schulschließungen deutlich unwahrscheinlicher gewesen, beklagte die Landeselternschaft der integrierten Schulen in NRW am Samstag in einer Mitteilung. Es sei nun höchste Zeit, den Unterricht für alle Jahrgangsstufen zu sichern. Wie es nach den verlängerten Weihnachtsferien weitergehen soll, ist tatsächlich unklar. Die Leopoldina hat in einer aktuellen Stellungnahme den Kultusministerien dringend empfohlen, einen Schwellenwert bei den Corona-Neuansteckungen festzulegen, ab dem verbindlich Schutzmaßnahmen ergriffen werden – was diese seit Monaten verweigern. (News4teachers berichtet ausführlich über das Papier der Leopoldina zu Schulen.)

“Das Ministerium lebt ständig von der Hand in den Mund. Es gibt keine Strategie, es gibt keine Konzepte”

Viele Schulen hätten ihren Schülern so kurzfristig keine Materialien mehr mitgeben können, sagte Willert von der Schulleitungsvereinigung am Morgen dem WDR. Außerdem hätten nicht alle ausreichend gute Kommunikationswege, um über das Wochenende abzufragen, wer von den Schülern am Montag auftaucht. Zwar seien die Schulen seit einiger Zeit auf praktisch jede Anforderung vorbereitet. Aber: «Das Ministerium lebt ständig von der Hand in den Mund. Es gibt keine Strategie, es gibt keine Konzepte. Es gibt nur eine Deutungshoheit», kritisierte Willert.

Noch am Freitagabend hatte die SPD-Opposition Ministerin Gebauer zum Rücktritt aufgefordert. Unter ihrer Verantwortung sei das Chaos an den Schulen auf die Spitze getrieben worden. Die Schulministerin habe Wissenschaftlern die Kompetenz abgesprochen und nun angesichts dramatischer Infektionszahlen panikhaft eine Kehrtwende vollzogen.

Gebauer: “Die Aufrechterhaltung des Präsenzbetriebs war erfolgreich, richtig und wichtig”

Gebauer selbst verteidigte ihre Corona-Politik. „Auch die aktuellen Zahlen zum Schulbetrieb in dieser Woche zeigen, dass das Schulsystem in Nordrhein-Westfalen auch im Dezember so stabil ist wie in den Wochen zuvor”, sagte sie laut Pressemitteilung vom Freitag. “Bis kurz vor Weihnachten findet für über 96 Prozent aller Schülerinnen und Schüler regulärer Präsenzunterricht statt. Die Aufrechterhaltung des Präsenzbetriebs war erfolgreich, richtig und wichtig, um in den vergangenen Monaten Bildungschancen von Millionen Schülerinnen und Schülern zu sichern.”

Gebauer hatte sich – wie alle anderen Kultusminister in Deutschland – geweigert, die Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts für die Schulen umzusetzen. Die sehen ab einer Inzidenz von 50 Neuansteckungen innerhalb einer Woche auf 100.000 Einwohner vor (ein Wert, der praktisch durchgängig in NRW überschritten wird) Wechselunterricht sowie eine Maskenpflicht auch in den Grundschulen vor. News4teachers / mit Material der dpa

Gebauer gegen Leopoldina: Mit mir kein Aussetzen der Schulpflicht!

 

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