BERLIN. Auch Deutschland pausiert vorsorglich bei Corona-Impfungen mit dem Präparat des Herstellers Astrazeneca. Das teilte das Bundesgesundheitsministerium mit und verwies auf eine aktuelle Empfehlung des Paul-Ehrlich-Instituts zu notwendigen weiteren Untersuchungen. Immer mehr Staaten – zuletzt die Niederlande – hatten Impfungen mit Astrazeneca ausgesetzt, nachdem Berichte über Todesfälle nach Impfungen aufgetaucht waren. In Deutschland werden Erzieher und (Grundschul-)Lehrer, die in der Impfpriorität nach oben gezogen worden waren, mit dem Impfstoff geimpft.
Der britisch-schwedische Pharmakonzern Astrazeneca hatte zuvor nach einer Analyse von Impfdaten erneut Sorgen über die Sicherheit seines Corona-Impfstoffes zurückgewiesen. Eine sorgfältige Analyse der Sicherheitsdaten von mehr als 17 Millionen Geimpften in der EU und Großbritannien habe keine Belege für ein höheres Risiko für Lungenembolien, tiefen Venenthrombosen und Thrombozytopenie geliefert, wie der Konzern in London mitteilte. Damit bezieht sich das Unternehmen nun auf noch mehr Datensätze. Am Freitag hatte Astrazeneca sich bereits ebenso geäußert und dabei auf 10 Millionen Datensätze verwiesen.
Der Grund: Dänemark und andere Länder haben Impfungen mit dem Stoff ausgesetzt. Als Grund wurden Berichte über einen Todesfall und schwere Erkrankungen durch Blutgerinnsel nach der Impfung genannt. Dabei war aber auch betont worden, dass man ein Zusammenhang zwischen dem Impfstoff und den Blutgerinnseln noch nicht feststellen könne. Trotzdem haben nun nach anderen Ländern auch die Niederlande Impfungen mit dem Impfstoff für zwei Wochen ausgesetzt. Dies geschehe auf der Grundlage „neuer Informationen“, teilte Gesundheitsminister Hugo de Jonge am späten Sonntagabend mit. Dabei bezog er sich auf sechs Fälle möglicher Nebenwirkungen in Dänemark und Norwegen an diesem Wochenende.
Nach Angaben des Ministeriums wurden in den Niederlanden bisher keine Fälle von schweren Nebenwirkungen bekannt. „Wir müssen immer auf Nummer sicher gehen“, sagte der Minister. „Daher ist es klug, nun auf die Pausetaste zu drücken.“ Am Sonntag hatte sich die Impfkommission in Irland für ein Aussetzen der Impfungen mit dem Präparat ausgesprochen, bis Berichte aus Norwegen über vier Fälle schwerer Blutgerinnsel nach Verabreichung des Mittels geprüft seien.
In Italien starb eine Lehrkraft nach der Impfung – Zusammenhang wurde nicht bestätigt
Die italienische Region Piemont hatte laut „tagesschau“ am Sonntag nach dem Tod einer geimpften Lehrkraft ebenfalls zeitweise die Impfungen gestoppt. Man handle aus „extremer Vorsicht“, bis man herausfinde, ob die Impfung mit dem Tod in Verbindung stehe, erklärten die Behörden. Bisher seien im Piemont keine Probleme mit dem Vakzin gemeldet worden. Am Abend wurden die Impfungen wieder aufgenommen, nachdem die Charge ausgemacht wurde, mit der die Person geimpft worden war. Die Impfungen gingen mit anderen Chargen weiter.
Die Europäische Arzneimittelbehörde EMA erklärte, dass es keine auffällige Häufung von Thrombosen im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung gebe und dass der Nutzen der Verabreichung des Astrazeneca-Mittels größer sei als die Risiken. Ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums sagte der Nachrichtenagentur Reuters, man nehme die Berichte über Blutgerinnsel bei Geimpften aber ernst und prüfe sie gründlich. Die britische Arzneimittelbehörde erklärte, die bisherigen Informationen deuteten nicht auf einen Zusammenhang zwischen den Blutgerinnseln und den Impfungen hin. Auch die Weltgesundheitsorganisation hält den Impfstoff für sicher.
Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach hatte schon vor der Entscheidung des Bundesgesundheitsministeriums mit Blick auf die Schritte in anderen Staaten getwittert: “In UK wurden je 10 Mio Dosen AstraZeneca und BionTech verimpft. Thrombosen fast genau gleich häufig, nicht mehr als bei Ungeimpften zu erwarten. Daher ist Impfstopp ein Fehler. Vertrauensverlust erhöht Covidtote.”
Nachdem die Bundesregierung die Schutzimpfungen mit dem Vakzin von AstraZeneca heute zunächst ausgesetzt hat, sei nun auch das Impfversprechen an die Lehrerschaft hinfällig – fürchtet der Verband der Lehrkräfte für Berufsbildung (BvLB). “Angesichts der Tatsache, dass in dem Instrumentenkoffer jetzt wieder nur noch die AHA-Regeln mit Stoßlüften verbleiben, ist es verantwortungslos, die Schulen offen zu halten“, sagt BvLB-Vorsitzender Joachim Maiß. Erst wenn praktikable Teststrategien für die einzelnen Schulen stehen und Impfangebote für alle Lehrkräfte vorhanden sind, können die Schultüren für Präsenzunterricht wieder geöffnet werden. News4teachers / mit Material der dpa
Gewerkschaften: Lehrer der weiterführenden Schulen ebenfalls beim Impfen vorziehen
