DÜSSELDORF. Die Impfungen von Lehrkräften sind ausgesetzt, die Infektionen schießen in die Höhe, der Arbeitsplatz Schule ist weitgehend ungeschützt, die Technik funktioniert nicht, die Anforderungen wechseln im Wochentakt – es reicht jetzt! Das meint jedenfalls eine Lehrkraft aus Nordrhein-Westfalen, die ihren Frust über die Schul(öffnungs)politik von Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) in einem Leserpost im Forum von News4teachers deutlich zum Ausdruck bringt. Wir dokumentieren den Beitrag.
Naturius 17. März 2021 um 10:17
Ich bin froh, dass mittlerweile etliche Bürgermeister sich gegen die NRW-Schulpolitik auflehnen – aber auch das führt nur zu Verboten der vorgeschlagenen sinnvollen Maßnahmen, gekoppelt mit Drohungen, Konsequenzen zu bekommen, wenn man sich nicht an die absurden Anweisungen hält. Man glaubt, man wohnt in Irrsistan.
Ich bin seit dem 22.02. (weil viel in Abschlussklassen eingesetzt) wieder in Präsenz, mittlerweile mit allen Stunden bis auf zwei, zu denen ich dann im WLAN der Schule den Distanzunterricht mit hin- und hergeschleppten Geräten probiere hinzubekommen. Daheim war ich geschützt (die Kinder übrigens auch) und hatte vernünftige Bedingungen mit Zweitmonitor am Laptop (braucht man zum gleichzeitigen Anzeigen von Unterlagen für die Schüler und Steuern der Videokonferenz) und Platz für ein zweites kleines Gerät, das ich als mit elektronischem Stift als Tafel nutze. In der Schule alles so nicht möglich, weil ich nicht mein Büro mitschleppen kann und den Platz dort auch gar nicht hätte, vom WLAN mal ganz abgesehen.
“In den Ferien schaffe ich es dann, die Stapel an Klausuren zu verkleinern”
Ich bin 54 und es wird, weil ich keine Grundschul- oder Förderschulkinder unterrichte, noch nicht mal übers Impfen nachgedacht – jetzt ist ja ohnehin für alle erstmal alles auf Eis.
Aber wenn ich die ganze Situation betrachte, in der ich wie so viele Kollegen stecke, ist die Notbremse das einzige Mittel, was mir noch bleibt. Überlastung mit seit Monaten 60-Stunden-Woche an sieben Tagen, also keinerlei Ruhemöglichkeit, weil alles mit so viel mehr Aufwand verbunden ist und ständig alles neu geordnet wird. Arbeitsschutz gleich null (ja, ich suche auch die Plexiglas-Schutzwände, leider vergeblich! Ich arbeite ja nicht im Landtag.), die ganze Zeit in Präsenz mit FFP2-Maske (hat da mal jemand aus dem Ministerium versucht, wie das geht, wenn man den ganzen Tag durch eine solche Maske laut spricht?) als einzige Möglichkeit, so lange es geht dem Virus zu entkommen.
In den Ferien schaffe ich es dann, die Stapel an Klausuren zu verkleinern, von Erholung weiter nichts zu spüren. Wann man als Arbeitnehmer Urlaub bekommt, steht woanders im Urlaubsplan, bei Lehrern sind es automatisch die Ferien – wenn die aber mit Schule fast komplett aufgefüllt sind, wann mache ich dann mal Urlaub, den ich dringend brauche, um nicht zusammenzubrechen?
Ich träume seit Wochen nur noch von Schule und wache nach drei, vier Stunden Schlaf auf mit dem Gedanken, den ich beim Einschlafen hatte. Frau Gebauer: Wir Lehrer sind keine Maschinen, sondern Menschen, die auch Rechte haben!!! Vor allem das auf Gesundheit! Wenn ich könnte, würde ich Sie verklagen! Sie handeln vorsätzlich und nehmen schwere Erkrankungen und sogar den Tod von Menschen in Kauf, um „Bildungsgerechtigkeit“ durchzusetzen!
“Ich habe unter meinen Schülern keinen einzigen getroffen, der sich gut fühlt in der Schule”
Meinen Sie nicht, dass es einem Kind vielleicht wichtiger ist, dass niemand schlimm krank wird aus seiner Familie? Ich habe unter meinen Schülern keinen einzigen getroffen, der sich gut fühlt in der Schule, alle haben Angst, sich und ihre Familie anzustecken – so ist kein Lernerfolg da, gar keiner! Alle haben zurückgemeldet, dass man die zwei Wochen bis zu den Osterferien sehr gern weiter im gut gelaufenen Distanzunterricht verbracht hätte und nicht als Experimentiermaterial in der Schule. Woher Sie Ihre angeblichen Meinungen von Kindern und Eltern herbekommen, ist uns allen ein großes Rätsel. Aber vielleicht sollten wir woanders suchen … vielleicht wissen ein paar Wirtschaftsleute aus Ihrer Partei, wo diese Meinungen herkommen?
Ich hab‘ so den Kaffee auf, das ahnen Sie gar nicht! Besser, Sie halten sich von mir fern – ich habe beim Unterrichten mit Maske gut geübt, sehr laut zu reden!
Wir veröffentlichen Leserkommentare in der Regel in den Foren unter unseren Beiträgen – mitunter allerdings auch als Gastbeiträge, wenn wir sie einem breiteren Publikum vorstellen möchten.
News4teachers ist mit im Schnitt mehr als 100.000 Seitenaufrufen am Tag Deutschlands größtes Nachrichtenmagazin für die Bildung – und es versteht sich auch als Diskussionsmedium. Wir freuen uns über jeden Leserbeitrag, der dazu beiträgt, unterschiedliche Perspektiven zu den Themen unserer Beiträge darzustellen.
Für die Veröffentlichung gelten ein paar Regeln, die sich im Grundsatz nicht von denen unterscheiden, die im normalen menschlichen Miteinander gelten – hier sind sie nachzulesen. Besonders interessante Posts – wie den oben stehenden – veröffentlichen wir dann gerne auch als Gastbeitrag im redaktionellen Teil von News4teachers. Jeder und jede, der oder die sich für die Bildung engagiert, ist herzlich eingeladen, sich (auch anoynm) an den Debatten zu beteiligen. Jeder Beitrag auf News4teachers ist frei zur Diskussion. Natürlich auch dieser.
