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Lehrer sehen durch Schüler-Selbsttest eine Herausforderung auf sich zurollen

HANNOVER. Regelmäßige Selbsttests sollen die Ansteckungsgefahr im Schulbetrieb deutlich reduzieren. Doch die Umsetzung sorgt für Kritik – so in Niedersachsen. Lehrerverbände sehen eine riesige zusätzliche Aufgabe auf das Schulpersonal zurollen. Aber auch die fehlende Teststrategie für Kita-Kinder stößt auf Unverständnis.

Ob das im Schulbetrieb klappt? Foto: Shutterstock

An Niedersachsens Schulen beginnen in den nächsten Tagen die ersten flächendeckenden Corona-Selbsttests. Rund 400.000 Testkits seien bisher an weiterführende Schulen in Südniedersachsen, in der Region Hannover und im Raum Braunschweig verteilt worden, sagte Kultusminister Grant Hendrik Tonne im Landtag. Alle weiteren Regionen würden «in den nächsten Wochen» ebenfalls beliefert, versicherte der SPD-Politiker. Die Gewerkschaften befürchten jedoch eine Überlastung des Personals.

Geplant ist eine Übungswoche vor den Osterferien, damit sich Lehrer und Schüler mit den Abläufen vertraut machen können. Schulen, die die Tests bereits erhalten haben, können aber auch schon in dieser Woche starten. Nach Ostern sollen sich dann sowohl das Personal als auch die Schüler anlasslos einmal pro Woche vor Unterrichtsbeginn testen können. Anlassbezogen soll es zusätzliche Tests geben: etwa am ersten Präsenztag nach den Ferien, bei Infektionen im Umfeld der Beteiligten oder auffällig vielen Ansteckungen in der jeweiligen Region.

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Tonne sagte, die Tests seien freiwillig, betonte aber: «Je mehr Personen sich testen, umso geringer wird die Anzahl der unentdeckt positiven Fälle sein.» Er sprach vom «Beginn einer völlig neuen Phase» in der Pandemie.

«Einmaliges, wöchentliches Testen reicht längst nicht aus und schafft nur Scheinsicherheit»

Weiterführende Schulen seien als erste beliefert worden, weil die Viruslast bei älteren Schülern mutmaßlich höher sei, erklärte der Minister. Er stellte zudem klar, dass die Lehrer die Schüler nicht testen, sondern dabei nur beaufsichtigen sollen. Falle ein Selbsttest positiv aus, werde im Anschluss ein sogenannter PCR-Test gemacht, um sicherzustellen, ob die Person tatsächlich infiziert ist. Erst bei einem positiven PCR-Test müsse der Betroffene in Quarantäne.

Bei den Gewerkschaften stieß das Vorgehen auf Kritik. «Einmaliges, wöchentliches Testen reicht längst nicht aus und schafft nur Scheinsicherheit», sagte GEW-Landeschefin Laura Pooth. Gleichzeitig werde die Bürokratie auf die Spitze getrieben, weil sich das Schulpersonal um Dokumentation, Verteilung und Durchführung der Tests kümmern müsse. «Warum finden die Tests nicht statt, bevor potenziell Infizierte die Schulen betreten?, fragte Pooth. Das sei zu Hause, in Testzentren oder mit Hilfe mobiler Teams möglich.

Auch der Verband niedersächsischer Lehrer (VNL/VDR) befürchtet Probleme. So habe nicht jede Schule die erforderlichen großen und belüftbaren Räumlichkeiten, es verfüge noch nicht einmal jeder Klassenraum über ein Waschbecken, sagte Verbandschef Torsten Neumann. Zudem werde es dauern, bis die Schülerinnen und Schüler «Profis im Selbsttesten sind und die Ergebnisse sicher verwertbar sein werden». Für die Zukunft schlug Neumann die Einführung von «Schulkrankenschwestern» vor, wie es sie in Finnland schon gebe.

«Wir haben zum jetzigen Zeitpunkt nicht vor, Kinder in Kindergärten und in den Krippen zu testen»

Für Unmut sorgt auch der Umgang mit den Kita-Kindern, die anders als die Schüler in nächster Zeit keine Corona-Selbsttests vom Land erhalten sollen. «Wir haben zum jetzigen Zeitpunkt nicht vor, Kinder in Kindergärten und in den Krippen zu testen», sagte Minister Tonne. Hintergrund sei, dass die Kitas nach bisherigen Erkenntnissen keine besonderen Infektionsherde seien. Der Grünen-Abgeordnete Volker Bajus kritisierte, die Regierung setze damit ihren «Kurs der Nichtbeachtung der Kleinsten» fort.

Dem Kita-Personal will das Land indes einen Selbsttest pro Woche ermöglichen. Darauf habe sich die Landesregierung mit den Kommunen und Kita-Trägern verständigt, sagte Tonne. Die daraus entstehenden Kosten übernehme das Land zur Hälfte. dpa

Wie die Selbsttests ablaufen sollen

Das niedersächsische Kultusministerium hat ein Konzept für die Selbsttests für Schülerinnen und Schüler herausgegeben. Darin heißt es (Auszüge):

“Alle Schulen tragen einmal in der Woche Sorge für eine Selbsttestung der Schülerinnen und Schüler, in der Primarstufe zu Hause und in den Sekundarstufen zu Beginn des Unterrichts in der Lerngruppe im Klassen- bzw. Kursraum oder einem anderen Unterrichtsraum. Voraussetzung für die Teilnahme an der Reihentestung vor den Osterferien ist die schriftliche Einverständniserklärung (bei minderjährigen Schülerinnen und Schülern der Erziehungsberechtigten, bei volljährigen Schülerinnen und Schülern des Schülers selbst) auf dem vorgegebenen Formblatt.”

“Für die Selbsttestung der Schülerinnen und Schüler in der Primarstufe zu Hause verteilt die Schule die Testkits an die Kinder, wenn die entsprechende Einverständniserklärung der Erziehungsberechtigten vorliegt. Die Erziehungsberechtigten erhalten von der Schule Informationen zur Anwendung.”

“Für die Selbsttestung der Schülerinnen und Schüler in den Sekundarstufen in den Räumlichkeiten der Schule gilt Folgendes: Im Raum, in dem die Selbsttestung durchgeführt wird, nehmen die Schülerinnen und Schüler ihre Sitzplätze unter Einhaltung der Abstands- und Hygienevorgaben ein. Der oder die Beschäftigte dokumentiert mittels von der Schule vorbereitetem Protokollbogen die Namen der teilnehmenden Schülerinnen und Schüler. Die Tische der Schülerinnen und Schüler sind frei von persönlichen Gegenständen. Der oder die Beschäftigte verteilt unter Berücksichtigung vorliegender Einverständniserklärungen den teilnehmenden Schülerinnen und Schülern je ein Testkit bzw. lässt die Schülerinnen und Schüler von einem vorbereiteten Platz im Raum je ein Testkit holen, deren Inhalt die Schülerinnen und Schüler eigenständig entnehmen und den Test eigenständig durchführen.”

“Der oder die Beschäftigte begleitet die Teilnehmenden im Ablauf (gemäß Anlage „Information zur Anwendung der Selbsttests“) und gibt organisatorische Anweisungen. Je nach Schülergruppe bzw. Alter, Reifegrad und Unterstützungsbedarf kann ein Vorführen der Abläufe und ggf. weitere Hilfestellung durch den oder die Beschäftigte hilfreich sein. Das Einführen des Tupfers in die Nase muss durch die Schülerin bzw. den Schüler selbst erfolgen. Bei den übrigen Prozessen kann z. B. in Förderschulen in Einzelfällen von der oder dem Beschäftigten durch Hilfestellung unterstützt werden. Dies ist in der zeitlichen Planung zu berücksichtigen. Für eine körpernahe Unterstützung der Schülerinnen und Schüler bei den Tests sind durch den oder die Beschäftigte Einweghandschuhe zu tragen.”

“Der oder die Beschäftigte stellt sicher, dass die vorgegebene Testauswertungszeit von 15-20 Minuten gemäß der Anlage „Information zur Anwendung der Selbsttests“ eingehalten wird. Sie oder er leistet ggf. individuell notwendige erklärende Unterstützung. Den Ablauf der „Reaktionszeit“ gibt der oder die Beschäftigte nach 15-20 Minuten bekannt. Diese Zeit ist in geeigneter Form pädagogisch zu nutzen.”

“Die Testergebnisse werden von der oder dem Beschäftigten gemeinsam mit jeder Schülerin bzw. jedem Schüler an deren/dessen Sitzplatz abgelesen und protokolliert. Alternativ können die mit Namen versehenen Testkits von den Schülerinnen und Schülern nach Testdurchführung an einem gemeinsamen Ablageplatz (z. B. separaten Tisch) abgelegt werden. Nach Ablauf der Auswertungszeit liest die/der Beschäftigte die Ergebnisse ab und protokolliert diese. WICHTIG: Auch während dieser Testung sind die Regelungen zum Lüften (20-5-20-Prinzip) einzuhalten. WICHTIG: Auch während dieser Testung sind die Regelungen zum Lüften (20-5-20-Prinzip) einzuhalten.”

“Umgang mit Schülerinnen und Schülern, deren Testergebnis negativ ausgefallen ist: Der oder die Beschäftigte weist auf die begrenzte Gültigkeit dieses Ergebnisses hin und erinnert ggf. an die Einhaltung der Abstands- und Hygieneregeln. (…) Ein negatives Testergebnis erlaubt nicht den Schulbesuch mit Krankheitszeichen.”

“Umgang mit Schülerinnen und Schülern, deren Testergebnis positiv ausgefallen ist: Der oder die Beschäftigte informiert die Schulleitung und die Schule die Erziehungsberechtigten, soweit diese nicht selbst die Schule informiert hatten. Betroffene Kinder und Jugendliche, die nicht alleine den Heimweg antreten können bzw. dürfen, werden in einem dafür bereitstehenden Raum umsichtig betreut (z. B. Sozialarbeiterin bzw. Sozialarbeiter, pädagogische Mitarbeiterin bzw. pädagogischer Mitarbeiter) und sind nach dem Testergebnis nicht auf sich allein gestellt. Die Erziehungsberechtigten sollten ihr Kind zeitnah abholen.”

“Die Schulleitung meldet gemäß § 6 und 8 IfSG den Verdachtsfall beim örtlich zuständigen Gesundheitsamt und erhält von dort die weiteren Anweisungen. Den Anordnungen des Gesundheitsamtes ist Folge zu leisten.”

Hier lässt sich das Konzept vollständig herunterladen.

„Das Personal beaufsichtigt die Durchführung“: Wie Selbsttests an Schulen ablaufen sollen

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