BERLIN. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) fordert, wegen der Corona-Pandemie die Abiturprüfungen in diesem Jahr notfalls ausfallen zu lassen. «Sollte das Infektionsgeschehen so dramatisch ansteigen, wie die dritte Welle in anderen europäischen Nachbarstaaten befürchten lässt, müssen die Länder flexibel reagieren und von Prüfungen absehen», sagte GEW-Chefin Marlis Tepe dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. «Dann könnten zum Beispiel die Leistungen aus dem Unterricht zur Grundlage der Notengebung gemacht werden.»
Tepe sagte, sollten Prüfungen pandemiebedingt ausfallen, müssten die Abiture trotzdem von den Bundesländern gegenseitig anerkannt werden. Das Abitur 2021 brauche die volle Anerkennung und Wertschätzung.
Dafür erntete die GEW-Chefin aber umgehend Widerspruch. Bundesbildungsministerin Anja Karliczek blickt wegen der Pandemie mit großer Sorge auf den weiteren Schulbetrieb. «Es wird überall eine Gratwanderung sein und sehr vom regionalen Infektionsverlauf gerade auch unter den Kindern und Jugendlichen abhängen», sagte die CDU-Politikerin.
Die Präsidentin der Kultusministerkonferenz, Brandenburgs Ressortchefin Britta Ernst (SPD), äußerte sich zurückhaltend zur GEW-Forderung. Alle arbeiteten mit Hochdruck an sicheren Bedingungen für die Durchführung der Prüfungen. «Niemand sollte die Jugendlichen, die jetzt vor dem Abschluss stehen, zusätzlich zur normalen Prüfungsnervosität verunsichern.» Der Bundesvorsitzende des VBE, Udo Beckmann, meinte, die Schüler hätten sich trotz Pandemie sehr intensiv auf die Prüfungen vorbereitet. «Das muss wertgeschätzt werden.» Er plädierte dafür, allenfalls die Verschiebung von Prüfungen zu erwägen, die Aufgabenpools zu erweitern und die Prüfungsräume coronasicher zu gestalten.
Der Deutsche Lehrerverband wandte sich klar gegen einen Ausfall von Abiturprüfungen. Verbandschef Heinz-Peter Meidinger sagte der «Rheinischen Post»: «Bereits im letzten Jahr für das letztjährige Abitur hatte die GEW diese Forderung erhoben, und es war im Nachhinein gesehen absolut richtig, dass die Bundesländer dieser damals Forderung nicht gefolgt sind.» Viele Bundesländer hätten dieses Jahr schon auf die steigenden Inzidenzen reagiert und die Abiturprüfungen auf Termine im Mai und Juni verschoben. Auch der Deutsche Philologenverband sprach sich in den Zeitungen der Funke Mediengruppe für reguläre Abiturprüfungen aus.
Der hessische Kultusminister Alexander Lorz (CDU) sagte im RND-Podcast «Die Schulstunde», die Kultusministerkonferenz gehe davon aus, dass die Abiturprüfungen in diesem Jahr überall stattfänden. Eine Absage von Prüfungen wäre nach seinen Worten zum Nachteil der Schüler. «Sie würden den Jugendlichen fürs Leben einen Malus mitgeben. Das wären für immer diejenigen, die das Corona-Notabitur gemacht hätten.» Alle sollten später stolz sagen können: «Ich habe ein ganz reguläres Abitur geschrieben wie alle anderen auch – und das noch unter Pandemiebedingungen.» News4teachers / mit Material der dpa
Wegen Corona: Abiturienten bekommen mehr Zeit in den Prüfungen
