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Neugewählte GEW-Chefin: Luftfilter für Klassenräume, um das nächste Schuljahr zu sichern

BERLIN. Drohen auch im nächsten Schuljahr wieder Schulschließungen? Die Kultusminister der Länder haben an diesem Donnerstag beraten, wie es weitergeht nach dem Sommer – nämlich: in voller Präsenz (zum aktuellen Bericht geht es hier). Parallel fand der Gewerkschaftstag der GEW statt. Die dort gewählte, neue Chefin Maike Finnern rechnet zwar nicht damit, dass der Schulbetrieb ähnlich eingeschränkt werden muss wie in den vergangenen Monaten. Sie fordert allerdings, dass in Sachen Hygiene nachgebessert wird – (auch) mit Luftfiltern. Doch das Thema stand gar nicht auf der Agenda der KMK. 

Mit großer Mehrheit zur neuen Bundesvorsitzende gewählt: die bisherige GEW-NRW-Landeschefin Maike Finnern. Foto: GEW NRW

Die Kultusministerkonferenz der Länder (KMK) beriet heute – zum geplant letzten Mal per Videokonferenz – über das weitere Vorgehen an den Schulen nach den Sommerferien. Zum Ergebnis geht es hier. Derzeit normalisiert sich der Schulbetrieb angesichts sinkender Corona-Zahlen zwar wieder, und einige Länder lockern auch die Maskenpflicht in den Einrichtungen. Allerdings ist kaum absehbar, wie die Lage im Herbst sein wird. Die KMK gab sich jedoch bereits im Vorfeld demonstrativ optimistisch: Das nächste Treffen am 6. Oktober ist in Präsenz geplant. Über ein Jahr lang hatten die Kultusminister auf Distanz getagt, also auch in Phasen der Krise, in denen die Schulen zum vollen Präsenzunterricht verpflichtet waren.

«Ich glaube nicht, dass wir noch einmal in eine Situation kommen, in der Schulen mehrere Monate geschlossen werden müssen»

Parallel zur KMK-Sitzung fand – ebenfalls online – der 29. Gewerkschaftstag der größten deutschen Bildungsgewerkschaft statt, der GEW. Und der traf eine wichtige Entscheidung getroffen: Die bisherige NRW-Landeschefin Maike Finnern, 52-jährige Lehrerin für Deutsch und Mathematik (die zuletzt als Zweite Konrektorin einer Realschule in Bielefeld tätig war) erhielt 90,6 Prozent der Delegiertenstimmen.

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„Chancengleichheit für alle Kinder und Jugendlichen muss das Leitmotiv der Bildungs- und Jugendpolitik sein. Bildungserfolg darf nicht vom soziokulturellen und ökonomischen Hintergrund des Elternhauses und Umfeldes abhängen. Wir brauchen Strukturen im Bildungssystem, die gleiche Chancen schaffen, statt Ungleichheiten zu verstärken“, sagte Finnern, die für vier Jahre gewählt ist. Sie tritt die Nachfolge von Marlis Tepe an, die nach acht Jahren an der Spitze der GEW aus Altersgründen nicht wieder kandidierte. „Die GEW denkt Bildung weiter, die GEW hat die Aufgabe, die Politik zu verpflichten, Bildung weiterzudenken – über die Corona-Krise hinaus. Es darf aber nicht beim Denken bleiben, die Politik muss handeln. Das hat die Pandemie allen Menschen überdeutlich gezeigt“, betonte Finnern.

Im Gespräch zuvor hatte sie erklärt, sie gehe davon aus, dass die Schulen nach den Sommerferien mit normaler Klassenstärke starten können. Ihrer Ansicht nach bleiben aber Unsicherheiten: Es sei zum einen nicht klar, wie sich die Corona-Zahlen im Sommer und Herbst entwickelten. Und sie sei ziemlich sicher, dass nicht alle Kinder und Jugendlichen sowie deren Eltern bis zum Schuljahresbeginn geimpft seien, sagt sie. Insgesamt rechnet die frischgewählte GEW-Chefin nicht damit, dass es nach den Ferien erneut zu so drastischen Einschränkungen kommen wird wie in diesem Schuljahr. Das sei eigentlich unvorstellbar. «Ich glaube nicht, dass wir noch einmal in eine Situation kommen, in der Schulen mehrere Monate geschlossen werden müssen.»

«Wichtig ist, dass die Bundesländer jetzt die Phase bis zum kommenden Schuljahr nutzen, um in den Schulen zu investieren»

Allerdings fordert Finnern: «Wichtig ist, dass die Bundesländer jetzt die Phase bis zum kommenden Schuljahr nutzen, um in den Schulen zu investieren.» Es gehe dabei um Luftfiltergeräte, aber nicht nur: auch darum, dass Fenster sich öffnen lassen, Heizungen funktionieren und es in jedem Raum ein Waschbecken gibt. «Das ist eine dringende Aufgabe, damit es im kommenden Winter einen verlässlicheren Betrieb gibt.»

Mit Blick auf den Gewerkschaftstag bekräftigte die Gewerkschafterin: «Die Hauptaufgaben der kommenden Jahre – gerade durch Corona für alle sichtbar geworden – ist Chancengleichheit in der Bildung für alle Kinder und Jugendlichen, die Entkopplung des Zusammenhangs von Herkunft und Bildung sowie eine Antwort auf den Fachkräftemangel.» Die damit angesprochenen Probleme betrefrfen bereits das nächste Schuljahr: Ohnehin benachteiligte Schülerinnen und Schüler werden besondere Förderung benötigen, um nach der Corona-Krise nicht den Anschluss vollends zu verlieren. Wer sorgt dafür – wenn Tausende von Lehrerstellen in Deutschland mangels Nachwuchs nicht besetzt werden könne?

Und die KMK? Hat dazu wenig zu sagen – bislang jedenfalls. Die brandenburgische Bildungsministerin und KMK-Präsidentin Britta Ernst (SPD) sprach sich zuletzt dafür aus, die Schulen nach dem Sommer in voller Präsenz zu öffnen und zwar unabhängig davon, ob Kinder geimpft sind oder nicht. Soll dann wohl auch heißen: unabhängig davon, wie sich das Infektionsgeschehen in den Schulen darstellt. Bayerns Kultusmininister Michael Piazolo (Freie Wähler) hängt gedanklich noch im laufenden Schuljahr. «Die Maskenpflicht ist ein großer Eingriff in die Freiheit und wir müssen immer wieder kritisch hinterfragen, ob sie noch verhältnismäßig ist», sagte er mit Blick auf den Unterricht und forderte von der KMK «einen intensiven Austausch» für ein bundeseinheitliches Vorgehen.

Das Thema Verbesserung des Gesundheitsschutzes (einschließlich Luftfilter) an Schulen – wie von Finnern gefordert – stand hingegen gar nicht auf der Tagesordnung. Lediglich der Punkt “Vorbereitung des Schuljahres 2021/2022” war dort vermerkt. Am Freitag sollen die Ergebnisse der KMK-Beratungen dann bei einer Pressekonferenz vorgestellt werden. Dabei geht es allerdings absehbar gar nicht um das neue Schuljahr – sondern um das Thema Antisemitismus an Schulen. Darauf deutet die angekündigte Mitwirkung von Josef Schuster, dem Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland hin. News4teachers / mit Material der dpa

Thema Antisemitismus

Bei ihren Beratungen wollen die Ministerinnen und Minister auch eine gemeinsame Empfehlung der KMK, des Zentralrats der Juden in Deutschland und der Bund-Länder-Kommission der Antisemitismusbeauftragten zum Umgang mit Antisemitismus in der Schule beschließen. In der Videokonferenz zugeschaltet sind der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, und die Vorsitzenden der Bund-Länder-Kommission, Felix Klein und Samuel Salzborn.

In einem Entwurf der Empfehlung, der der dpa vorliegt, sind unter anderem Hilfestellungen für Lehrkräfte enthalten. So werden Unterschiede zwischen politischem, sozialem, religiösem und rassistischem Antisemitismus erklärt. Empfohlen wird in dem Papier auch, dass neben der zwingend nötigen Thematisierung des Holocaust im Geschichtsunterricht «das Judentum im Unterricht nicht auf die Themen der Verfolgung und Schoah sowie die Opfer-Perspektive reduziert wird».

Antisemitische Äußerungen und Vorfälle müssten an Schulen als solche benannt werden und dürften nicht bagatellisiert, relativiert, verschwiegen oder ignoriert werden, heißt es in dem Entwurf. Schülerinnen und Schülern sollten demnach Begegnungen mit Jüdinnen und Juden ermöglicht werden, etwa über Austauschprogramme und Partnerschaften mit Schulen in Israel. In der Lehrerbildung wird zudem eine intensivere Vermittlung von Kenntnissen zu Antisemitismus, Judentum und jüdischer Geschichte und Gegenwart gefordert.

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