BERLIN. Die Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK), Brandenburgs Bildungsministerin Britta Ernst (SPD), hat sich gegen frühzeitige Festlegungen auf weitere Einschränkungen des Regelunterrichts in den Schulen nach den Sommerferien ausgesprochen. «Die KMK hat für Präsenzunterricht plädiert, und das sollte nicht vorzeitig in Frage gestellt werden», sagte sie dem «Tagesspiegel». Damit war Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) gemeint, der gewarnt hatte. Spahn ruderte denn auch prompt zurück.
Spahn (CDU) hatte mit Blick auf die grassierende Delta-Variante am Samstag gesagt, dass Corona-Maßnahmen in den Schulen noch längere Zeit aufrechterhalten werden müssten. Im Herbst und Winter würden trotz derzeit sehr niedriger Inzidenzen voraussichtlich nach wie vor Maßnahmen wie Maskenpflicht oder auch Wechselunterricht notwendig sein. Heute ruderte Spahn ein Stück weit zurück: Seine Äußerungen seien aus dem Zusammenhang gerissen worden. Er denke, dass es möglich sein werde, den Unterricht nach der Sommerpause weitgehend ohne solche Not-Maßnahmen beginnen zu lassen.
Und wie? Impfungen für Kinder ab zwölf Jahre nach individueller Entscheidung, regelmäßige Tests und je nach regionalen Infektionszahlen Masken – das nannte Spahn als mögliche Absicherungen für Präsenzunterricht. Doch: «Wir müssen auf alles vorbereitet sein.» Zuvor hatten sich (neben Ernst) zahlreiche Kultusminister über Spahn beschwert. Parteifreund Alexander Lorz, Kultusminister in Hessen, verwies auf den von Ernst angesprochenen KMK-Beschluss vom 10 Juni, dem zufolge alle Schulen nach den Sommerferien «dauerhaft im Regelbetrieb (…) mit allen Schulfächern und Unterrichtsstunden» besucht werden sollen. “Eine solche Diskussion kommt zu früh”, sagte Lorz gegenüber der “Süddeutschen Zeitung” mit Blick auf Spahns Äußerung.
Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt: die “viel zu spät” gestartete Förderung von Luftfilteranlagen beschleunigen!
Kritik an Spahn kam auch von der Opposition im Bund – allerdings mit anderer Stoßrichtung: Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt nannte die Aussage des Bundesgesundheitsministers “eine politische Kapitulation”. Die Risiken durch die Verbreitung der Delta-Variante erforderten “maximalen Einsatz statt einer angekündigten Flucht aus der Verantwortung”. Unter anderem müsse die “viel zu spät” gestartete Förderung von Luftfilteranlagen beschleunigt werden.
Das entsprechende Förderprogramm des Bundes ist erst vor gut einer Woche auf Einrichtungen für Kinder unter zwölf Jahren” ausgeweitet worden, wie News4teachers berichtete; seither können Anträge gestellt werden, der Bund trägt 80 Prozent der Kosten – aber nur von festinstallierten Anlagen, nicht von mobilen Luftfiltern. Experten bezweifeln, dass sich bis Schuljahresbeginn solche Anlagen beantragen, planen, ausschreiben und einbauen lassen.
Die Bundesregierung gibt sich weiter vorsichtig, was die Corona-Lage betrifft. «Geöffnete Schulen haben eine ganz hohe Priorität», sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. Es sei sehr zu wünschen, dass nach den Ferien wie vorgesehen überall wieder Präsenzunterricht möglich sei. Aber: Komplett vorauszusehen sei die Entwicklung nicht. «Natürlich ist es nicht auszuschließen, dass es lokal zu größeren Infektionsausbrüchen kommt, auf die dann auch zu reagieren wäre.» Siehe Großbritannien und Portugal: Auch bei sehr positiver Entwicklung könne die Delta-Variante wieder zahlreiche Infektionen mit sich bringen, sagte Seibert.
In Großbritannien und Portugal steigen die Inzidenzen trotz verbreiteter Impfungen wieder; dort wurden etliche Ausbrüche in Kitas und Schulen registriert. Auch in Deutschland infizieren sich immer mehr Schüler und Lehrer mit der Mutation, wie News4teachers berichtet. News4teachers / mit Material der dpa
