MÜNSTER. Die Virologin und Ärztin Dr. med. Jana Schroeder hat angesichts der dynamischen Ausbreitung der Delta-Mutante des Coronavirus die Kultusminister aufgefordert, sich endlich um einen wirkungsvollen Infektionsschutz in Schulen zu kümmern. Dazu gehören ihr zufolge die flächendeckende Installation von Luftfiltern – sowie die Beibehaltung von Tests und Maskenpflicht. Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien (CDU) hatte in Aussicht gestellt, darauf im kommenden Schuljahr weitgehend zu verzichten.
„Diesen Sommer müssen Pläne für den Herbst gemacht werden und die Umsetzung muss jetzt beginnen. Man darf nicht den Respekt vor dem Virus verlieren!“, so erklärt die Fachärztin für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie und Leiterin des Instituts für Krankenhaushygiene und Mikrobiologie im Klinikverbund der Stiftung Mathias-Spital gegenüber dem Fernsehsender RTL. Für die Schulen bedeute das:
- eine uneingeschränkte Maskenpflicht nach der Rückkehr aus dem Urlaub,
- flächendeckende Installation von Luftfiltern,
- die Beibehaltung der Testpflicht für Schüler und Schülerinnen,
- kleinere Klassengruppen, beispielsweise auch mal Unterricht draußen
- bei Ausbrüchen ein unkomplizierter und übergangsloser Wechsel in den Distanzunterreicht, also Stichwort Digitalisierung der Schulen.
„Ohne sichere Schulen und Kitas kriegen wir keine effiziente Pandemiebekämpfung hin!“, mahnt die Virologin. Umgekehrt gelte: Niedrige Infektionszahle sorgen dafür, dass es seltener Ausbrüche an Schulen gibt. „Die Welle mit der Deltavariante, die ist bereits quasi gebucht, auch für Deutschland“, meint die Virologin. „Es ist nur die Frage, wie groß die Welle ausfällt und der Zeitpunkt ist auch unklar. Also, hier im Wettrennen zwischen der Delta und den Impfungen muss auf jeden Fall die Impfung gewinnen“, so Schroeder.
“Das ist sogar eine Art Super-Spreader Variante, also eine Variante, die wesentlich leichter übertragbar ist”
Das liege daran, dass die Deltavariante, die zuerst in Indien festgestellt wurde, deutlich ansteckender sei. Das ursprüngliche Coronavirus hatte eine Übertragbarkeit, also einen R-Null-Wert, von 2,5, das heißt, ein Patient hat 2,5 andere Menschen im Durchschnitt angesteckt. Der R-Null-Wert der Delta-Variante liege bei 5,8. “Das ist sogar eine Art Super-Spreader Variante, also eine Variante, die wesentlich leichter übertragbar ist,” so Schroeder. Tatsächlich werden immer mehr Fälle von Infektionen mit der Mutation unter Kita-Kindern und Schülern gemeldet, wie News4teachers berichtet.
Erst vorgestern hatte Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien (CDU) ein “Präsenz-Schuljahr” angekündigt (was kleinere Klassen schon mal weitgehend ausschließt). Sie gehe davon aus, dass zum Beginn des Schuljahres voraussichtlich für zwei Wochen die Maskenpflich noch bestehen bleibt und es in dieser Zeit verpflichtende Corona-Tests geben wird – danach müsse man sehen.
Die Kultusministerkonferenz hatte vergangene Wioche beschlossen, dass alle Schulen nach den Sommerferien «dauerhaft im Regelbetrieb (…) mit allen Schulfächern und Unterrichtsstunden» besucht werden sollen. Regelbetrieb bedeute, dass Unterricht in der Schule ohne weitere Einschränkungen erteilt und das schulische Leben wieder ermöglicht werde, heißt es in einem Beschluss. Auch außerschulische Angebote wie Schulfahrten würden wieder in «vollem Umfang» ermöglicht. Von Luftfiltern war hingegen keine Rede.
Schroeder hatte bereits im März in der ZDF-Sendung „Markus Lanz“ scharfe Kritik an der Kita- und Schulpolitik der Länder in der Corona-Krise geübt. Bei Kindern sei bisher nur reaktiv, nicht proaktiv gehandelt worden. Zunächst sei das Narrativ gewesen, Kinder stecken sich gar nicht an. Gefolgt von: Kinder stecken sich bei ihren Eltern an. Jetzt heiße es, die Infektionszahlen bei Kindern steigen, weil sie mehr getestet werden (wie es sinngemäß in einem Beschluss der Kultusministerkonferenz von Anfang April heißt). „Aber da kann ich ihnen sagen: Ein Test macht das Licht an, wo vorher dunkel war“, so Schroeder.
Passt gut auf Euch und Eure Kinder auf – die Regierung macht das nicht…
— Jana Schroeder (@DrJanaSchroeder) March 23, 2021
Dem stimmte die Medizinerin und Wissenschaftlerin ausdrücklich zu – und erklärte: „Wir sind in Bezug auf Kinder ganz lange mit der Problembegutachtung beschäftigt gewesen, ohne zur Lösungsfindung zu kommen. Denn die Lösung muss natürlich sein: Wie können wir Schulen sicher gestalten?“ News4teachers