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Künftige Lehrer bereits frühzeitig zu erkennen – Einfluss der Eltern zentral

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TÜBINGEN. Wer später einmal Lehrer wird, lässt sich bereits in der Sekundarstufe erkennen, zeigt eine aktuelle Studie. Die wichtigste Rolle für Aufnahme eines Lehramtsstudiums spielen der Wunsch der Eltern und die Arbeitsbedingungen.

Gesellschaftlich betrachtet stellt der Schulunterricht in der Regel eine Ausnahmesituation dar. Wenn ein Lehrer vor seiner Klasse steht, bedeutet dies in den meisten Fällen, dass ein Akademiker junge Menschen unterrichtet, die nicht aus einem akademischen Milieu kommen.

Schüler, die schließlich ein Lehramtsstudium aufnahmen, hätten sich in den meisten Variablen signifikant von ihren Mitschülern unterschieden, so die Wissenschaftler. Foto: Shutterstock

An Lehrerinnen und Lehrer stellen diese Bedingungen hohe Ansprüche und zwingen sie nicht zuletzt zur permanenten Reflexion eigener habitueller Orientierungen. Grundsätzlich sind inhaltliche und soziale Bildungsprozesse allen Schülerinnen und Schülern gleichermaßen zu eröffnen.

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„Natürliche“ Rollenvorbilder sind für Schülerinnen und Schüler aus nicht akademischen oder gar bildungsfernen Milieus unter ihren Lehrerinnen und Lehrern kaum zu finden. Zugleich sind sozial- und bildungspolitische Ansätze, die Diversität von Lehramtsstudierenden in Hinblick auf ihre soziale und kulturelle Herkunft zu erhöhen, seit Langem ähnlich erfolglos, wie die Versuche, den Anteil männlicher Grundschullehrer zu steigern.

Beinahe erstaunen mag es da, dass es „nur sehr wenige empirisch fundierte Untersuchungen über die Aufnahme einer Lehrerausbildung“ gibt, wie Corey Savage, Adama Ayaita und Nicolas Hübner im Vorwort ihrer jüngst erschienen Studie „Who Chooses Teacher Education and Why?“ (Wer entscheidet sich für ein Lehramtsstudium und warum?) schreiben. Laut ihrer Studie gelingt es den Wissenschaftlern von der Universität Tübingen und der RWTH Aachen bereits in der Sekundarstufe zu erkennen, wer wahrscheinlich Lehrer wird.

Dazu werteten Daten aus einer Langzeitstudie von rund 3.600 Schülerinnen und Schülern aus, die später ein Studium aufnahmen, sowie von deren Eltern. Die erstmalige Befragung fand statt, als die Schülerinnen und Schüler die 9. Klasse besuchten, die letzte der jährlichen Befragungen sechs Jahre später. Nun verglichen die Wissenschaftler die früheren Angaben derer, die später ein Lehramtsstudium aufnahmen, mit denen, die sich für ein anderes Studienfach einschrieben.

Zentrales Ergebnis: Der Einfluss der Eltern spielt eine erhebliche Rolle bei der Berufswahl von Lehrkräften. Wünschen sich Eltern, dass ihre Kinder ein Lehramtsstudium aufnehmen, ist die Wahrscheinlichkeit besonders hoch, dass diese dem folgen. Ist ein Elternteil als Lehrkraft tätig, erhöht dies ebenfalls die Wahrscheinlichkeit, dass die Sprösslinge in ihre Fußstapfen treten. „Mit unserer Studie konnten wir zeigen: Jugendliche im Alter von etwa 15 Jahren, deren Eltern den Wunsch äußerten, dass ihr Kind Lehrer wird, begannen später tatsächlich deutlich häufiger ein Lehramtsstudium als andere Jugendliche“, so der Aachener Personalwissenschaftler Adam Ayaita.

Daneben gibt es weitere Merkmale, die die Wahrscheinlichkeit erhöhen, ob Schülerinnen und Schüler ein Lehramtsstudium aufnehmen: unter anderem soziale Interessen, das Bedürfnis nach einem sicheren Arbeitsplatz und der Wunsch, Kinder zu haben. Entwicklungs- und Aufstiegsmöglichkeiten dagegen waren erwartungsgemäß von untergeordneter Bedeutung für die Wahl des Lehrerberufs. „Dies könnte auch damit zusammenhängen, dass die Gehälter für Lehrkräfte in Deutschland trotz geringer Aufstiegsmöglichkeiten relativ hoch eingeschätzt werden“, so Ayaita.

Das Ergebnis ist nach Meinung der Studienautoren nicht zuletzt wichtig für die Steuerung des Bedarfs an Lehrkräften. Begabte Schülerinnen und Schüler, die möglicherweise nicht an eine Lehrtätigkeit denken, könnten über die Eltern in diese Richtung gelenkt werden, aber auch Beratungslehrerinnen und -lehrer können eine wichtige Rolle spielen. Durch die Veränderung der Arbeitsbedingungen, etwa das Schaffen von Aufstiegsmöglichkeiten, könnten zudem auch diejenigen für das Lehramt gewonnen werden, die durch die fehlenden Entwicklungsmöglichkeiten im Lehrerberuf bisher davon abgeschreckt wurden. (zab, pm)

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