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Erste Amtshandlung von Wüst: Warnungen von Ärzten und Wissenschaftlern ignorieren – Maskenpflicht im Unterricht abschaffen!

DÜSSELDORF. Seit einiger Zeit wird gerätselt, ob auch in Nordrhein-Westfalen die Maskenpflicht im Unterricht fällt oder nicht. Vor den Herbstferien war das in Aussicht gestellt worden. Nun, nachdem der neue Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) ins Amt eingeführt wurde, ist die Entscheidung da: Die Masken fallen – trotz explosionsartig steigender Inzidenzen unter Kindern und Jugendlichen und Hunderten von Schul-Ausbrüchen, die das Robert-Koch-Institut in Deutschland feststellt. NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) behauptet nach wie vor, die Schulen seien sicher.

“Unsere Schulen sind sichere Orte”: Hendrik Wüst gestern nach seiner Wahl zum Ministerpräsidenten – im Bild rechts: Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP), von der das Zitat stammt. Foto: Land NRW / Ralph Sondermann

In Nordrhein-Westfalen müssen Schülerinnen und Schüler im Unterricht bald keinen Mund-Nasen-Schutz mehr tragen. Die Maskenpflicht auf den Sitzplätzen im Klassenraum werde zum 2. November abgeschafft. Das teilte das NRW-Schulministerium am Donnerstag mit. Zur Begründung hieß es, an den Schulen gebe es keinen übermäßigen Anstieg bei den Corona-Infektionen. Gleichzeitig steige die Impfquote, bei Lehrkräften liege sie sogar über 90 Prozent.

Die Zahl der übermittelten Schulausbrüche nahm von Anfang August bis Anfang Oktober 2021 wieder sehr deutlich zu

Damit widerspricht das Schulministerium dem Robert-Koch-Institut, das – bundesweit – sehr wohl ein zunehmendes Infektionsgeschehen an Schulen registriert, obwohl in vielen Bundesländern Herbstferien waren. “Die Zahl der übermittelten Schulausbrüche nahm von Anfang August bis Anfang Oktober 2021 wieder sehr deutlich zu. Bisher wurden 758 Schulausbrüche für die letzten vier Wochen (Meldewochen 38-41/2021) übermittelt” (wobei die letzten beiden Wochen aufgrund von Nachmeldungen noch nicht bewertbar seien), so schrieb das RKI in seinem jüngsten Wochenbericht. 

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Verschärft wurden im Gegenzug aber die Quarantäne-Regeln in Schulen – leicht. Tritt in einer Klasse oder einem Kurs ein Corona-Fall auf, wird die Quarantäne von Schülerinnen und Schülern auf die nachweislich infizierte Person sowie jetzt auch auf die unmittelbare Sitznachbarin oder den unmittelbaren Sitznachbarn ausgedehnt. Vollständig geimpfte oder genesene Schüler ohne Symptome sind von der Quarantäne weiterhin ausgenommen. Die üblichen Corona-Tests an den Schulen sollen nach den bisherigen Planungen fortgesetzt werden: also drei Corona-Selbsttests pro Woche an weiterführenden Schulen und zwei PCR-Pooltests pro Woche an Grund- und Förderschulen.

Viele Verbände, auch Ärzte und Wissenschaftler, hatten die angekündigte Aufhebung der Maskenpflicht im Unterricht als riskant und verfrüht kritisiert, wie News4teachers berichtet. Auch aus der politischen Opposition waren unter anderem mit Verweis auf kletternde Inzidenzwerte bei Kindern und Jugendlichen mahnende Stimmen gekommen.

«Die bisherige Entwicklung der Pandemie hat gezeigt, dass unsere Schulen sichere Orte sind. Alle Schülerinnen und Schüler werden engmaschig und mehrfach die Woche getestet und unsere strengen Vorgaben für die Hygiene und den Infektionsschutz gelten selbstverständlich weiterhin», sagte Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) laut Mitteilung.

«Wir geben unseren Kindern und Jugendlichen damit ein weiteres und wichtiges Stück Normalität zurück»

«An unseren Schulen gibt es keinen übermäßigen Anstieg des Infektionsgeschehens. Gleichzeitig steigen die Impfquoten weiter an, bei Lehrerinnen und Lehrern liegt sie sogar über 90 Prozent. Und schon fast die Hälfte aller Schülerinnen und Schüler über zwölf Jahren ist schon vollständig geimpft», sagte Gebauer. In dieser Situation sei die Aufhebung der Maskenpflicht am Sitzplatz ein verantwortbarer Schritt. «Wir geben unseren Kindern und Jugendlichen damit ein weiteres und wichtiges Stück Normalität zurück», sagte die FDP-Politikerin. Sie bedankte sich bei den Schülerinnen und Schülern für ihren Beitrag, den sie zur Eindämmung der Pandemie und zum Schutz der Älteren geleistet haben.

Lehrervertreter reagierten unterschiedlich auf die Entscheidung aus dem Schulministerium. «Die Maske auf dem Sitzplatz abnehmen zu können, bedeutet ohne Zweifel eine Erleichterung. Allerdings gilt es, die Situation weiterhin genau zu beobachten. Denn das wichtigste Ziel muss sein, möglichst allen Schülerinnen und Schülern kontinuierlich Unterricht zu ermöglichen», sagte der Landesvorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung NRW, Stefan Behlau.

«Die Maskenpflicht aufzuheben, setzt alle am Schulleben Beteiligten einem hohen Risiko aus»

Der Verband Lehrer NRW kritisierte die Entscheidung als «hochgradig riskant». «Die Infektionszahlen steigen aktuell rasant – und zwar ganz besonders unter Kindern und Jugendlichen. Mitten in diese gefährliche Entwicklung hinein die Maskenpflicht im Unterricht aufzuheben, setzt alle am Schulleben Beteiligten einem hohen Risiko aus», sagte der Vorsitzende, Sven Christoffer.

Auch der NRW-Philologenverband, der die Gymnasiallehrer vertritt, nannte die Entscheidung zum jetzigen Zeitpunkt riskant. «Präsenzunterricht ist wichtig und notwendig. Und die Infektionszahlen steigen rasant. Experten warnen vor dem Fall der Maskenpflicht an Schulen. Es darf im Sinne der Schülerinnen und Schüler nicht wieder einen Herbst und Winter mit Distanz- und Wechselunterricht geben», sagte die Vorsitzende Sabine Mistler. Das Ende der Maskenpflicht komme zu früh.

Der neue NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) rechtfertigte die Maßnahmen. «Unsere Philosophie war immer und ist es auch weiterhin: so viel Schutz wie nötig und so viel Freiheit wie möglich.» Deswegen gehöre zum Fall der Maskenpflicht am Sitzplatz auch gleichzeitig die neue Quarantäne-Pflicht. Darüber habe im Kabinett auch Konsens mit Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) bestanden. News4teachers / mit Material der dpa

Hier lassen sich die Inzidenzen für die Landkreise und Städte nach Altersgruppen aufgeschlüsselt nachvollziehen.

An den neuen NRW-Ministerpräsidenten: Sehr geehrter Herr Wüst, gehen Sie (endlich) ehrlich um mit Lehrern, Eltern und Schülern!

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