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Gebauer massiv unter Druck: „Die FDP-Ministerin ist überfordert – wie schon 2020 und 2021. Das merken sich die Wähler“

DÜSSELDORF. Das Eis wird dünn für Nordrhein-Westfalens Schulministerin Yvonne Gebauer. Das mediale Echo auf die über Nacht erfolgte Kursänderung beim Testprozedere für die Grundschulen ist verheerend: von „Kapitulation“ ist die Rede, davon, dass sich die FDP-Politikerin einmal mehr als „überfordert“ erwiesen habe – und dass sie zur Belastung für Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) wird, der bei der im Mai anstehenden Landtagswahl im Amt bestätigt werden möchte. Gebauer selbst verteidigt sich und schiebt die Verantwortung auf den Bund-Länder-Gipfel. Die GEW allerdings macht deutlich, wie schwer die Konzeptionslosigkeit der Landesregierung in der Praxis wiegt.

“Weiterhin gut”: NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) hält den Schulbetrieb derzeit allen Ernstes für weitgehend normal. Foto: Land NRW / Martin Götz

„Wieder einmal wurde die Schulministerin von der Entwicklung überrascht, wieder einmal reagiert sie falsch: Schulen und Familien müssen es ausbaden. (…) Die FDP-Ministerin ist überfordert, so wie sie es 2020 und 2021 auch schon war. Das werden sich die Wähler bis Mai merken“, kommentiert die „Rheinische Post“.

„Was Schulministerin Yvonne Gebauer und ihr Team sich da mit ihrem Schnellschuss in Sachen Schnelltests an Grundschulen erlauben, lässt aus meiner Sicht so ziemlich alles vermissen: Verständnis für die Kinder. Verständnis für die Eltern. Verständnis für die Lehrer“, meinen die „Ruhr Nachrichten“.

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„Jetzt bleibt Gebauer und in der Konsequenz auch dem Ministerpräsidenten nur noch, uns eine Kapitulation auf der ganzen Linie in chaotischer Weise als Strategiewechsel zu verkaufen. Denn natürlich ist es eine Kapitulation. Eine rasche Lolli-Test-Auswertung war das Rückgrat dafür, dass die Landesregierung am Präsenzunterricht festhalten konnte. Positive PCR-Pooltests nun nur noch mit den deutlich unzuverlässigeren Antigentests verifizieren zu wollen, ergibt schlicht keinen Sinn“, so schreibt die „Westdeutsche Allgemeine Zeitung“.

„Und so entsteht bei mir der Eindruck, dass es der Schulministerin am Ende gar nicht um die Schülerinnen und Schüler geht. Sondern nur darum, dass deren Eltern trotz Pandemie weiter arbeiten können. Und die Arbeitgeber nicht mit Ausfalltagen für Kinderbetreuung belastet werden. Als Schulministerin in Pandemiezeiten hat sich Yvonne Gebauer als ungeeignet erwiesen“, kommentiert der WDR.

Das Medienecho ist also verheerend. Nordrhein-Westfalens Schulministerin Yvonne Gebauer hat die kurzfristigen Änderungen beim Corona-Testverfahren für Grundschüler in NRW demgegenüber verteidigt. Das Test-System sei nicht gescheitert, befand die FDP-Politikerin gestern in Düsseldorf. Es sei aber von zwei Seiten „angegriffen“ worden und habe geändert werden müssen. Zum einen seien die Infektionszahlen sprunghaft gestiegen und die Labore an ihre Grenzen gekommen. Zum anderen müsse sich NRW an den Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) von Montag halten. Demnach muss bei den als besonders genau geltenden PCR-Tests eine Konzentration auf bestimmte Gruppen erfolgen, also priorisiert werden.

„Einmal mehr müssen die Schüler*innen und Lehrkräfte die Rechnung für eine nicht sichergestellte Testinfrastruktur tragen”

Gebauer sagte, sie hätte sich gewünscht, dass auch das System Schule als systemrelevant und als Teil der kritischen Infrastruktur eingestuft werde – und somit unter die Priorisierung gefallen wäre. Sie bedauere, dass die MPK hier anders entschieden habe. Das hochwertige Pool-Testverfahren sei für die Grundschüler aber teilweise und für die Förderschüler vollständig erhalten geblieben. Schultestungen hätten bisher rund 45 Prozent der Labor-Kapazitäten beansprucht, erläuterte Gebauer. Warum sie keine Vorkehrungen für den absehbaren Engpass bei den PCR-Tests getroffen hat? Kein Wort dazu.

Stattdessen: Sie habe Verständnis für Kritik an den Anpassungen, die zusätzlichen Aufwand bedeuteten. Vorwürfe zur Kommunikation wies die Ministerin aber zurück. Sie habe schnellstmöglich gehandelt und informiert. Allen Ernstes beteuerte sie: In NRW laufe der Schulbetrieb auch „weiterhin gut“. Rund 93 bis 94 Prozent der Lehrkräfte seien im Dienst. Zwischen 95 und 99 Prozent der Schüler hätten in den vergangenen Wochen am Präsenzunterricht teilgenommen.

Gut laufender Schulbetrieb? Das sieht zum Beispiel die GEW ganz anders. „Das, was Eltern, Kinder und Beschäftigte in dieser herausfordernden Situation brauchen, ist die Zuversicht, dass mit Weitsicht agiert wird. Das Fahren auf Sicht verunsichert und macht Angst“, meint die Landesvorsitzende Ayla Çelik. „Einmal mehr müssen die Schüler*innen und Lehrkräfte die Rechnung für eine nicht sichergestellte Testinfrastruktur tragen. Kolleg*innen sind empört, dass versprochene Entlastungen regelmäßig zu Mehrbelastungen werden.“

Am späten Dienstagabend hatte die Grundschulen in NRW eine Schulmail erreicht, in der das Ministerium Veränderungen des bisherigen Testverfahrens miteilte – die schon am nächsten Morgen gelten sollten. Im Besonderen geht es dabei um einen neuen Umgang mit den Pooltestungen. Zwar wird im bekannten Rhythmus weitergetestet, aber es werden keine Einzelproben mehr ausgewertet. Daraus ergibt sich für die positiven Pooltestungen notwendigerweise eine Veränderung des Verfahrens: Schüler*innen eines positiv getesteten Pools werden schultäglich mit Antigenschnelltests getestet, bis das nächste negative Pooltestergebnis vorliegt. Das bedeutet konkret, dass Kinder eines positiven Pools so lange in die Schulen kommen sollen und dort getestet werden, bis entweder ein Schnelltest positiv anschlägt oder der nächste Pooltest negativ ist.

Çelik: „Eltern und Beschäftigte verstehen nicht, warum positiv getestete Pools in die Schulen gehen sollen. Dieses Vorgehen bedeutet eine Inkaufnahme weiterer Ansteckungen und Verbreitung des Virus. Um das zu verhindern, gibt es kein tragfähiges Konzept. Deshalb sehe ich folgende Probleme – Erstens: Weitere Ansteckungen werden in Kauf genommen. Zweitens: Kinder, die einen positiven Kontrolltest haben, laufen Gefahr stigmatisiert zu werden. Drittens: Schon jetzt herrscht in den Schulen Personal- und Raummangel. Die Verantwortung dafür, wie die Aufsicht positiv getesteter Kinder vor Ort ablaufen soll, wurde einmal mehr an die Schulen delegiert. Das ist unnötige Mehrbelastung!“

„In jedem Testzentrum haben die Personen Schutzausrüstung zur Verfügung, das müsste Mindeststandard in den Schulen sein”

Sollte ein Schnelltest in der Schule positiv ausfallen, haben sich die Schülerinnen und Schüler in häusliche Quarantäne zu begeben, was bei den Grundschulen zunächst bedeutet, dass die Schulen die Kinder bis zur Übergabe an die Eltern begleiten müssen.  Hierin sieht die GEW ein unnötiges Risiko für die Beschäftigten: „In jedem Testzentrum haben die Personen Schutzausrüstung zur Verfügung, das müsste dann auch der Mindeststandard in den Schulen sein. Außerdem müssen wir nun schnellstmöglich über die Anerkennung einer Coronaerkrankung als Arbeitsunfall reden. Wenn sich eine Lehrkraft bei der Aufsicht von positiv getesteten Schüler*innen ansteckt, muss das besonders abgesichert sein“, so die Landesvorsitzende der GEW NRW.

Das aber dürfte schwierig werden: Wenn für Lehrkräfte kein PCR-Test verfügbar ist, lässt sich auch eine Infektion nicht nachweisen. News4teachers / mit Material der dpa

Schulen als Testzentren: Warum Gebauer trotz fehlender PCR-Kapazitäten daran festhält, Kinder in der Klasse zu testen

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