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„Uns sind die Konsequenzen für die Kinder bewusst“: Schüler stehen bei PCR-Tests zunehmend hinten an

BERLIN. „Unsere Kinder haben schon genug unter Corona gelitten“, betont Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger so wie viele andere Politikerinnen und Politiker immer wieder. Deshalb müsse der Präsenzunterricht unbedingt aufrechterhalten werden. Wenn es aber zum Schwur kommt – heißt: Wenn konkret über Schutzmaßnahmen gesprochen wird, die helfen sollen, dass der Präsenzunterricht auch aufrechtzuerhalten ist –, dann müssen Schülerinnen und Schüler doch immer wieder zurückstehen. Aktuelles Beispiel: PCR-Tests.

Die Labore stoßen an ihre Kapaziätsgrenzen (Symbolbild). Foto: Shutterstock

Test-Labore in Deutschland haben alle Hände voll zu tun. Die sich ausbreitende Omikron-Variante des Corona-Virus ist auch dort immer stärker zu spüren. „Die hohen Infektionszahlen gehen mit vielen Tests einher. Weil derzeit kaum priorisiert wird bei PCR-Tests, stoßen die Labore in Deutschland zunehmend an ihre Kapazitätsgrenzen“, sagte der Vorsitzende des Verbands Akkreditierte Labore in der Medizin, Michael Müller, erst vor wenigen Tagen gegenüber der „Rheinischen Post“ – und das hat Folgen für die Schulen.

Welche, das machen aktuelle Mails eines Diagnosezentrums an einen als Corona-Beauftragten benannten Lehrer einer Förderschule in Nordrhein-Westfalen deutlich, die News4teachers vorliegen.

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Hintergrund: In NRW und anderen Bundesländern werden Schülerinnen und Schüler an den Grund- und Förderschulen mit einem „Lolli-Test“, einem Speicheltest, regelmäßig in ihrer Lerngruppe auf das Corona-Virus getestet. Ein gemeinsamer Proben-„Pool“ wird zunächst per PCR-Test ausgewertet; im Fall eines positiven Ergebnisses werden Einzelproben, die gleichzeitig eingesammelt wurden,  ausgewertet. Je länger das erste Ergebnis auf sich warten lässt, desto weniger Sinn macht der Test: Infizierte Kinder bleiben tagelang unerkannt – und können andere anstecken. Weil bei einem positiven „Pool“-Ergebnis alle Kinder zunächst isoliert werden sollen, ist dann durchaus auch noch entscheidend, wie lange es dauert, bis die Einzeltests ausgewertet werden. Und das kann jetzt mehrere Tage dauern.

“Wir entschuldigen uns für die Unannehmlichkeiten und bitten um Ihr Verständnis in der aktuell turbulenten Zeit”

In der Mail des Diagnosezentrums an den Lehrer vom Montag heißt es:

„Sehr geehrte/r Corona-Beauftragte/r, aufgrund des signifikanten Anstieges der Positivrate bei den Pooltestungen, im Vergleich zur letzten Woche, gehen wir von längeren Bearbeitungszeiten aus, sodass sich die Befundübermittlung der Ergebnisse der Einzeltestungen voraussichtlich verzögern wird. Wir entschuldigen uns für die Unannehmlichkeiten und bitten um Ihr Verständnis in der aktuell turbulenten Zeit. Vielen Dank für Ihre Geduld. Einen schönen Wochenstart wünschen wir Ihnen. Bleiben Sie gesund!“

Am Dienstag kommt dann folgende Mail:

„Sehr geehrte/r Corona-Beauftragte/r, aufgrund des signifikanten Anstieges der Positivrate, kommt es, in dieser und voraussichtlich nächster Woche, zu längeren Bearbeitungszeiten, sodass sich die Befundübermittlung verzögern wird.

Die Poolergebnisse sollten Ihnen bis zum nächsten Morgen vorliegen, die Ergebnisse der Einzeltestungen werden voraussichtlich eine Bearbeitung bis zum zweiten Folgetag in Anspruch nehmen. In Abstimmung mit dem MAGS (Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales NRW, d. Red.) müssen wir derzeit die Proben der öffentlichen Behörde, insbesondere der kritischen Infrastruktur, aufgrund unseres Versorgungsauftrages, priorisiert bearbeiten.

Wir entschuldigen uns ausdrücklich für die Unannehmlichkeiten und bitten um Ihr Verständnis in der turbulenten Zeit, insbesondere aufgrund des aktuell hohen Infektionsgeschehens. Sie können sicher sein, dass uns die Konsequenzen für Sie und die Kinder/Familien bewusst sind, weshalb wir auf Hochtouren (24/7) arbeiten, um alle Befunde schnellstmöglich zu versenden. Wir bedanken uns herzlichst für Ihre Geduld und Ihr Verständnis! Bleiben Sie gesund!“

Im Klartext: Die Schülerinnen und Schüler stehen hinten an – Schulen gehören nicht zur „kritischen Infrastruktur“. Dabei hatte Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger erst unlängst gefordert, Schulen bei PCR-Tests besonders zu berücksichtigen. „Schulen gehören zur kritischen Infrastruktur und falls Testkapazitäten knapp werden, dann dürfen Schülerinnen und Schüler nicht das Nachsehen haben in unserem Land“, sagte die FDP-Politikerin am Donnerstag vergangener Woche im Bundestag bei der Debatte über die geplante Bildungspolitik der Ampel-Koalition. Deshalb müsse die Schule mindestens den Rang von Kultureinrichtungen bekommen in der kritischen Infrastruktur, fügte sie hinzu. Das Bildungsministerium teilte auf Nachfrage mit, dass es sich in der Koalition dafür einsetze und Gespräche darüber liefen.

Das Bundesgesundheitsministerium beharrt auf einer Priorisierung nur für Gesundheitspersonal – nicht für Schüler

Schulen zählen durchaus zur kritischen Infrastruktur, so meint jedenfalls auch Heinz-Peter Meidinger, Präsident des Deutschen Lehrerverbands. Gegenüber den Zeitungen der Funke-Mediengruppe sagte er: „Ob bei der Priorisierung im Falle von Versorgungsengpässen Lehrkräfte dem Personal in Krankenhäusern gleichgestellt werden sollen – soweit würde ich nicht gehen. Aber der Deutsche Lehrerverband würde die Sicherstellung der Arbeit von Polizeidienststellen und die Aufrechterhaltung des Schulbetriebs auf einer vergleichbaren Ebene sehen.“

Der Einsatz des Bundesbildungsministeriums war offensichtlich bislang nicht erfolgreich – wie das Magazin „Business Insider“ berichtet, beharre das Bundesgesundheitsministerium auf einer Priorisierung nur für Gesundheitspersonal. Das Land Berlin hatte offenbar ebenfalls versucht, einen Vorrang für Schülerinnen und Schüler auf Bundesebene festzulegen. Vergeblich. Absehbare Folge: Die Schulen bleiben bei den PCR-Tests immer öfter außen vor. News4teachers

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