DÜSSELDORF. Bringen nur Abitur und Studium gute Jobs und Anerkennung? Falsch, meint die FDP. Sie will die mittleren Bildungsgänge aufwerten. Aus Sicht der Freidemokraten in NRW sollte sogar die Verfassung dafür geändert werden. Allerdings: Die von Lehrerverbänden seit Jahren erhobene Forderung „A13 für alle Lehrkräfte“ (die die finanzielle Besserstellung von Gymnasiallehrern beenden und die übrigen Bildungsgänge damit tatsächlich auf Augenhöhe bringen würde) hat die schwarz-gelbe Landesregierung in der laufenden Legislaturperiode nicht umgesetzt. Dabei sprechen sich die Liberalen sogar dafür aus – im Prinzip.

Die nordrhein-westfälische FDP möchte die Gleichwertigkeit beruflicher und akademischer Bildung in der Landesverfassung verankern lassen. «Ein Meister muss genauso viel wert sein wie ein Master», sagte der FDP-Landesparteichef und Kinderminister Joachim Stamp. Vorbild für diese Initiative sei die schweizerische Bundesverfassung.
Darin heißt es (Artikel 61a): «Bund und Kantone sorgen gemeinsam im Rahmen ihrer Zuständigkeiten für eine hohe Qualität und Durchlässigkeit des Bildungsraumes Schweiz. Sie koordinieren ihre Anstrengungen und stellen ihre Zusammenarbeit durch gemeinsame Organe und andere Vorkehren sicher. Sie setzen sich bei der Erfüllung ihrer Aufgaben dafür ein, dass allgemein bildende und berufsbezogene Bildungswege eine gleichwertige gesellschaftliche Anerkennung finden.»
«Es muss wieder möglich sein, mit einem mittleren Bildungsabschluss einen verantwortungsvollen Job in unserer Gesellschaft ausüben zu können», begründete der Spitzenkandidat der NRW-FDP für die Landtagswahl am 15. Mai den Vorstoß. Ein wichtiges gesellschaftspolitisches Zeichen auf dem Weg sei die Öffnung der Polizeidienstlaufbahn auch für Realschulabsolventen. Die Nachfrage nach dem im August beginnenden Schulversuch ist nach Angaben der Landesregierung sehr hoch.
“Damit wollen wir konkret eine Aufstockung von Personal und moderner Ausstattung vorantreiben”
Die NRW-FDP wolle aber darüber hinaus gehen und mittlere Bildungsabschlüsse grundsätzlich aufwerten, erläuterte Stamp. Deshalb habe die Landespartei jüngst in einem Beschluss zu ihren Prioritäten nach der Landtagswahl festgehalten: «Kompetenzen und Fähigkeiten müssen Anerkennung finden – unabhängig davon, auf welchem Weg diese erworben wurden.» An Hochschulen erworbene Kompetenzen sollten daher für die berufliche Bildung genauso anerkannt werden wie umgekehrt.
Wörtlich heißt es dazu im Wahlprogramm der Liberalen: «Wir brauchen starke Schulen für den gymnasialen Bildungsgang und für den akademischen Nachwuchs. Aber ebenso brauchen wir starke Schulen, die hochwertige mittlere Schulabschlüsse vergeben und bestmöglich auf eine berufliche Ausbildung vorbereiten und damit helfen, unseren Fachkräftenachwuchs zu sichern.»
Dafür sei eine Aufwertung der mittleren Schulabschlüsse unumgänglich. «Eine erhebliche Verbesserung der Berufsorientierung an weiterführenden Schulen wollen wir erreichen, indem wir Schülerinnen und Schülern verstärkt die Möglichkeit geben, bereits während ihrer Schulzeit praktische Erfahrungen in ganz unterschiedlichen Bereichen zu sammeln. So sollen auch die beruflichen Möglichkeiten und Entwicklungschancen in Ausbildungsberufen bekannter werden. Auch darüber hinaus wollen wir im Zuge der Berufsberatung über die Karriere- und Verdienstmöglichkeiten im Handwerk und anderen Ausbildungsbranchen informieren, denn die guten Perspektiven, die viele Ausbildungsberufe bieten, werden mitunter nicht richtig eingeschätzt.»
Mit wie viel Geld und/oder Lehrerstellen die FDP die „Haupt-, Real- und Sekundarschulen“ unterstützen möchte, bleibt offen
Weiter betont die FDP: «Um ein gesellschaftliches Umdenken hinsichtlich der Gleichstellung von beruflicher und akademischer Bildung zu erreichen, müssen die Haupt-, Real- und Sekundarschulen in einer Qualitätsoffensive und einem Sonderinvestitionsprogramm Starke Mitte gestärkt werden. Damit wollen wir konkret sowohl eine Aufstockung von Personal und moderner Ausstattung vorantreiben als auch den Ausbau der Vernetzung von Schulen und Ausbildungsbetrieben. Wir wollen die Anerkennung für mittlere Bildungsabschlüsse weiter stärken, so wie wir bereits Realschülerinnen und Realschülern einen Weg in den Polizeiberuf ermöglicht haben.»
Mit wie viel Geld und/oder Lehrerstellen die FDP die „Haupt-, Real- und Sekundarschulen“ (warum eigentlich nicht die Gesamtschulen?) unterstützen möchte, bleibt offen. Auch werden Lehrkräfte für die Lehrämter Gesamt-, Haupt-, Real- und Sekundarschule I sowie Grundschule immer noch einer schlechteren Besoldungsstufe zugeordnet als ihre Kolleginnen und Kollegen am Gymnasium – die schwarz-gelbe Landesregierung blieb hier die vergangenen fünf Jahre untätig, obwohl Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) zu Beginn der Legislaturperiode eine Reform in Aussicht gestellt hatte. So viel Anerkennung waren die mittleren Bildungsgänge dann aber offenbar doch nicht wert…
Immerhin bekennen sich die Liberalen zu einer Angleichung. Im Wahlprogramm heißt es: “Unser Ziel ist dabei, dass allein aus der Unterschiedlichkeit der Lehramtsausbildung keine unterschiedliche Vergütung und Besoldung resultiert.” News4teachers / mit Material der dpa
In einer früheren Version des Beitrags haben wir berichtet, dass die FDP die von Lehrerverbänden seit Jahren erhobene Forderung „A13 für alle Lehrkräfte“ im Wahlprogramm nicht erwähnt. Tatsächlich geht die FDP mit einem Satz darauf ein. Wir haben den Beitrag entsprechend korrigiert.
A13 für alle Lehrkräfte! Kutschaty will als Ministerpräsident die Besoldung angleichen
