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Unterfinanziert, unterbesetzt: Verband kritisiert Bedingungen für Grundschul-Lehrkräfte

BERLIN. Neue Runde im Streit um die schlechteren Leistungen von Viertklässlern, die eine Studie im Auftrag der KMK – der IQB-Bildungstrend – aufgedeckt hat: Der Grundschulverband meldet sich zu Wort. In seinem Statement macht er vor allem die schlechten Rahmenbedingungen, unter denen die Grundschulen seit Jahren leiden, für die schlechten Ergebnisse verantwortlich. Der Philologenverband Rheinland-Pfalz hatte angeblich falsche Methoden der Grundschullehrkräfte als Hauptursache ausgemacht.  

Die Arbeitsbedingungen von Grundschullehrkräften haben sich in den vergangenen Jahren deutlich verschlechtert. (Symbolfoto) Foto. Shutterstock

Das Ergebnis der Teste schreibe die Tendenz fort, die sich bereits im IQB Bildungstrend 2016 angebahnt habe – erklärt der Grundschulverband (offensichtlich mit Blick auf die Kultusminister, die Corona verantwortlich gemacht hatten). „Der im Bildungstrend 2021 festgehaltene Negativtrend im Grundschulbereich offenbart einen starken Zusammenhang zwischen häuslichem Umfeld (möglichen elterlichen Unterstützungsmaßnahmen), der Ausstattung mit (digitalen) Lernmitteln und den Leistungen der Kinder. Besonders betroffen sind Kinder mit Zuwanderungshintergrund. In dieser Gruppe sind Familien mit Migrationshintergrund aus Herkunftsländern mit benachteiligten sozio-ökonomischen Bedingungen deutlich überrepräsentiert.“ Allerdings gelte der negative Leistungstrend in den erhobenen Leistungsbereichen grundsätzlich für alle Kinder.

Studien wie die IQB-Untersuchung messen und berichten Ergebnisse, ergründen aber keine Ursachen, so hält der Grundschulverband fest. „Im Bildungstrend völlig ignoriert werden die Bedingungen, unter welchen die Lehrkräfte der Grundschulen arbeiten“, meint er deshalb. „Fakt ist, dass aktuell in kaum einer anderen Schulart ein solch eklatanter Personalmangel herrscht, wie in den Grundschulen.“ Die Folgen: Die Grundschullehrkräfte seien überlastet. Immer mehr Seiten- und Quereinsteiger ohne pädagogische Qualifikation kommen in den (Grund-)Schuldienst. Der Grundschulverband sieht darin eine „fortschreitende Deprofessionalisierung“ – die ein schlechteres Leistungsniveau hervorbringe.

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„Bildungsausgaben sind nach einem sozialindexbasierten Modell zu berechnen und an Schulen zu verteilen”

Überhaupt: Ein vom Grundschulverband in Auftrag gegebenes Gutachten von Prof. Klaus Klemm aus dem Jahr 2016 beschreibe, wie unterfinanziert Grundschulen in Deutschland in Bezug zu vergleichbaren Industrienationen sind (News4teachers berichtete umfassend). „Die jährlichen Bildungsberichte des statistischen Bundesamtes zeigen für die Folgejahre auf, dass sich daran bis heute nichts Grundlegendes geändert hat.“ Der Grundschulverband fordert deshalb: „Bildungsausgaben sind nach einem sozialindexbasierten Modell zu berechnen und bei der Verteilung von Ressourcen an Schulen zu berücksichtigen.“

Ein Problem sieht der Grundschulverband in den zu erwartenden bildungspolitischen Reaktionen auf den IQB-Bildungstrend: „Da durch das Bildungsmonitoring lediglich Defizite in den Teilbereichen Deutsch und Mathematik sichtbar sind, steht zu befürchten, dass dies Folgen für Aufholprogramme (nach Corona, d. Red.) haben wird: Diese werden die Förderung von Kernkompetenzen dieser beiden Fächer fokussieren und so die persönlichkeitsbildende und die ebenso wichtige und umfassendere allseitige Bildung von Grundschulkindern weiter vernachlässigen.“

„Notwendig ist eine praxisnahe Ursachenforschung unter Einbezug von Expert:innen für die Grundschule”

Der Grundschulverband warnt auch deshalb vor voreiligen Schlussfolgerungen – offensichtlich mit Blick auf den Philologenverband, der falsche Methoden in der Grundschulpädagogik für den Leistungsabsturz verantwortlich gemacht hatte: „Notwendig ist eine praxisnahe Ursachenforschung unter Einbezug von Expert:innen für die Grundschule. Notwendig ist es, Leitlinien für Bildung im Zusammenhang mit zu erreichenden Mindeststandards in allen Bildungsbereichen zu formulieren. Dies muss in Zusammenarbeit aller Bundesländer unter Einbeziehung von Expert:innen aus dem Elementar- und dem Grundschulbereich erfolgen.“

Der Grundschulverband legt seine Forderungen schon mal auf den Tisch – konkret:

Streit um IQB-Studie – Grundschullehrkraft hinterfragt: Sind die Schülerleistungen wirklich gesunken?

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