BERLIN. Seit Erscheinen der jüngsten IQB-Studie, die Viertklässlern in Deutschland ein drastisch gesunkenes Leistungsniveau attestiert, tobt ein erbitterter Streit um die Grundschulpädagogik. Sind die Grundschullehrkräfte schuld an dem Absturz, weil sie mit falschen Methoden unterrichten? Das hat der Philologenverband Rheinland-Pfalz in einer Pressemitteilung nahegelegt (News4teachers berichtete). Aus den Grundschulen selbst kommt energischer Widerspruch – auch im Leserforum von News4teachers. LeserIn Palim, selbst Grundschullehrkraft, wehrt sich mit einer überaus lesenswerten Replik, die wir hier noch einmal prominent veröffentlichen.
Palim, 10.07.2022 um 18:13 Uhr
Ich bin immer noch auf der Suche nach dem angeblich gesunkenen Niveau und vor allem den Spielereien, die andere in der Grundschule sehen wollen.
Wir haben mehr Leistungserhebungen als früher, zusätzlich zu Klassenarbeiten sind weitere benotete Leistungen hinzugekommen, Präsentationen, Dokumentationen, fachspezifische Leistungen – ok, einiges davon gab es zuvor auch schon, es wurde zur mündlichen Leistung gezählt. Man muss als Lehrkraft sehr genau überlegen, wie man alles unter einen Hut und in ein Schuljahr bekommt, das machen die Erstellenden der curricularen Vorgaben nämlich nicht, nicht für das eigene Fach und nicht in der Gesamtschau.
Es ist normaler, sich nicht zu kümmern. Und ja, es ist auch normaler, von anderen das Kümmern einzufordern
Warum sind die Leistungen in der Gesamtschau gesunken, wenn die Schüler:innen mehr als vorher erbringen müssen? Sind die Leistungen im Fach Sport insgesamt schlechter, wenn man nicht nur Leichtathletik macht, sondern auch Schwimmen geht? Ist es fair, Kinder dann weiterhin allein an den Leistungen in der Leichtathletik zu messen?
Der Fokus bei uns liegt auf dem, was Kinder in der Schule erbringen. Das ist bei einigen Eltern nicht beliebt, da sie dann selbst weniger Einfluss auf Mappenführung, Ausgestaltung und das Anfertigen von anderem nehmen können. Die Kinder müssen also selbst die Leistungen erbringen. Mehr Sorge habe ich allerdings mit den Kindern, bei denen niemand zu Hause überhaupt nach dem Kind guckt – und das sind viel mehr Kinder als früher. Es ist normaler, sich nicht zu kümmern. Und ja, es ist auch normaler, von anderen das Kümmern einzufordern.
Ich finde auch, dass die Leistungen im Lesen rückläufig sind, das hat aber mit Corona nur bedingt zu tun und gilt, obwohl in den Grundschulen sehr viel mehr Augenmerk auf Leseförderung gelegt wird – es reicht trotzdem nicht aus.
Ich finde erschreckend, wie viele Inhalte nicht wirklich gelernt sind, obwohl wir intensiv daran geübt haben, immer und immer wieder. Da mag die Lehrkraft in der weiterführenden Schule überlegen, was überhaupt in der Grundschule gemacht wurde. Ich weiß, was wir gemacht haben, ich weiß, dass die Leistungen erbracht wurden, und dennoch sehe ich, dass sie nach einem Jahr nicht mehr abrufbar sind. Ja, kein neues Phänomen, aber ernüchternd bei aller Anstrengung, die daraufhin längst erfolgt ist.
Allerdings kann man mit nicht erkennbaren Leistungen auch in der Grundschule keine guten Noten erhalten. Auch empfehle ich diesen Kindern nicht den Besuch des Gymnasiums, sondern bin durchaus in der Lage, andere Wege aufzuzeigen.
Ich finde erbärmlich, wie viel Unterricht ausfallen muss und durch Aufsicht + Aufgaben ersetzt wird. Es ist etwas anderes, ob eine Lehrkraft selbst in der Klasse ist oder jemand, der zwar Aufsicht führt und hier und da hilft, aber nicht den Überblick haben kann, da die Ausbildung fehlt (450€-Kräfte, keine pädagogische Ausbildung, keine Erzieher:innen, keine Studierenden, keine Quereinsteiger:innen, keine Referendar:innen).
Trotzdem will man die Inhalte schaffen, will man die Kinder dieser Klassen betreut wissen, muss man die Dokumentationen und alles andere im Kollegium verteilen, muss man die Leistungserhebungen unterbringen und zuvor aufarbeiten, was in den betreuten Stunden nicht vermittelt werden konnte. Trotz des Mangels müssen zusätzlich Inklusion und DaZ unterrichtsimmanent erfolgen – auch in der Aufsichts-Situation.
Einige Klassen waren gerade seit zwei Wochen zurück im Unterricht und waren sichtlich überfordert
Muss wegen Corona zwei Wochen die Schule geschlossen werden, weil mehr als die Hälfte der Klasse erkrankt ist und das Kollegium den Mangel an Langzeit-Vertretung und den akuten Mangel nicht mehr auffangen kann, gibt es einen Aufschrei, fallen aber über Monate wöchentlich 20-30 Prozent des Unterrichts und über Jahre alle zusätzlichen Stunden (Inklusion, DaZ, sozialer Brennpunkt, Sportförderung etc.) aus, scheint es egal zu sein.
Warum erheben diejenigen vom IQB, die in die Schulen kommen, nicht zeitgleich die Unterrichtsversorgung der vergangenen 4-8 Wochen und schreiben diese mit in ihren Bericht?
Hinzu kommt, dass ich weiß, unter welchen Bedingungen die IQB-Erhebung stattfand, einige Klassen waren gerade seit zwei Wochen zurück im Unterricht und waren sichtlich überfordert von vollen Schultagen in ganzen Klassen. Mehrstündige Tests waren für diese Kinder eine große Überforderung. Das Kultusministerium hatte aus diesem Grund die Anzahl der Klassenarbeiten gestrichen und sogar „Gespräche“ und das Aufarbeiten der Distanz- und Wechselphase gefordert. Ich halte die Ergebnisse für nicht aussagekräftig hinsichtlich der tatsächlichen Leistung am Ende des Schuljahres, nach mehreren Wochen stabilen Unterrichts.
Aus den Beobachtungen heraus aber den Schluss zu ziehen, dass in den 50er Jahren alles besser gewesen sei und die angeblichen Rezepte von damals den Erfolg unter heutigen Bedingungen bringen würden, zeugt m. E. von großer fachlicher Distanz.
Warum die Philologen aufschreien und mehr Inhalte einfordern, wenn die Verhältnisse an den Grundschulen dermaßen schlecht sind, erschließt sich mir nicht. Vielleicht wachen sie ja irgendwann noch mal auf und verstehen, dass ihre Schülerschaft an genau diesen Grundschulen beschult wird. Wer die Bildung in der KiTa und Grundschule generell nur als Spielerei ansehen will, kann nicht im gleichen Zug einen Forderungskatalog nach Inhalten eröffnen. News4teachers
News4teachers ist mit im Schnitt mehr als einer Million Lesern monatlich Deutschlands größtes Nachrichtenmagazin für die Bildung – und es versteht sich auch als Diskussionsmedium. Wir freuen uns über jeden Leserbeitrag, der dazu beiträgt, unterschiedliche Perspektiven zu den Themen unserer Beiträge darzustellen.
Für die Veröffentlichung gelten ein paar Regeln, die sich im Grundsatz nicht von denen unterscheiden, die im normalen menschlichen Miteinander gelten – hier sind sie nachzulesen. Besonders interessante Posts – wie den oben stehenden – veröffentlichen wir dann gerne auch als Gastbeitrag im redaktionellen Teil von News4teachers. Jeder und jede, der oder die sich für die Bildung engagiert, ist herzlich eingeladen, sich (auch anoynm) an den Debatten zu beteiligen. Jeder Beitrag auf News4teachers ist frei zur Diskussion. Natürlich auch dieser.
Palim, das war der berühmte Nagel auf den Kopf getroffen. Es gibt so viele Dinge, die man noch anführen könnte, aber die genannten Beispiele sind überzeugend.
Danke für Ihre Mühe.
Für Sie mögen die genannten Beispiele überzeugend sein, für mich nicht.
Jau, die Fische haben auch keine Ahnung vom Fischen.
????????????? Sinn des Beitrags?
Der Sinn ist doch offensichtlich! Die subjektive, sprachlich aber objektivierte Aussage, dass der Nagel auf den Kopf getroffen sei, ist formal nicht richtig.
Puh, wo soll man da anfangen…
Ich bin auch GS-Lehrer und meine sowie die Wahrnehmung meines Kollegiums ist ganz klar, dass die Kinder jedes Jahr schwieriger werden. Die Eltern übrigens auch.
Natürlich haben wir darauf reagiert: Um überhaupt noch den Anschein von Bildung aufrecht zu erhalten, wird sehr viel nicht oder kaum noch gemacht, was in den 80ern noch Standard war: Tafelbilder mit mehr als einem Satz, die in ein Heft abzuschreiben sind, macht z.B. kaum noch jemand, weil zu viele Kinder ewig brauchen und das Ergebnis trotzdem beschämend ist.
Stattdessen gibt es Zettel zum Einkleben, die Kinder müssen nur noch Lücken ausfüllen oder ankreuzen oder verbinden.
Diktate: ähnliches Problem, nach drei Wörtern endet die Merkfähigkeit und dann dauert es ewig, bis Kevin sie mal aufs Papier gebracht hat, alle sind genervt und gelangweilt, das tut man sich irgendwann einfach nicht mehr an.
Aufsätze schreiben: Geht heute bei zu vielen nur noch mit Textbausteinen.
Textaufgaben in Mathematik: Werden immer kürzer und oberflächlicher behandelt, weil zu viele nicht sinnentnehmend lesen können. Maximal Schema-F ist noch möglich und wehe, man weicht davon ab.
Ich könnte stundenlang weitere Beispiele nennen, aber ich breche hier mal ab, der Punkt ist wohl klar geworden.
Wie man ernsthaft eine massive Verschlechterung der Leistungen verneinen kann, ist mir schleierhaft, und dass wir darauf reagieren und so eine Abwärtsspirale in Gang gesetzt haben, ist ebenso offensichtlich.
Wenn dem so wäre, stimmen die Behauptungen, die Leistungen seien gesunken. Das konnte ich mir bisher in dem Ausmaß nicht vorstellen.
Aber Pläne/ Curricula hin oder her,
hier werden weiterhin Diktate geschrieben, trotz großem Umschwung in der Didaktik und mal mehr, mal weniger, je nach Schule/Lehrkraft, Aufsätze sind nach neuestem Plan aus den Klassenarbeiten fast raus, dann landen sie bei den fachspezifischen Leistungen (aber ja, da fehlt Zeit), dazu sehr viele Anstrengungen fürs Lesen und trotzdem auch Dokumentation, Präsentation und erheblich mehr Zeit als früher für den Bereich „Sprechen und Zuhören“.
So gesehen verlangt man mehr als früher, weil weitere Leistungen hinzukommen.
Sicherlich reagiert man auf die Fähigkeiten der Schüler. Dadurch kommen die anderen Inhalte in den Unterricht, mal von oben, mal von unten, z.B. Silbenmarkierung, übersichtliche Lesetexte, farbig markierte Rollen. Das soll aber keine generelle Reduktion, sondern eine Brücke sein, um möglichst vielen Kindern den Zugang zu ermöglichen. Im 4. Schuljahr darf man dennoch längere unmarkierte Texte erwarten und Bücher lesen lassen – was mir von früher übrigens nicht bekannt ist. Hat man in den 80ern oder 60ern Ganzschriften in der GS eingesetzt?
zum Thema früher: ich kann mich erinnern, dass in BY in der 2. Klasse bereits Mitte der 90er Aufsätze verlangt wurden, weiß ich noch sehr genau. Genauso gab es relativ komplizierte Textaufgaben in Mathematik in der 4. Klasse und Bücher haben wir jedes Jahr ab der 2. Klasse (zB das kleine Gespenst) eines gelesen und mussten Zusammenfassungen abliefern und darüber sprechen. Für mich als Nicht-Lehrerin hören sich Präsentationen etc. danach an, Ersatzleistungen zu finden, die dem heutigen Zeitgeist entsprechen und zugleich eine Chance für “schlechtere” Schüler sind auch ohne ausreichende Schrift-/Rechtschreibkenntnisse in Deutsch halbwegs gute Noten zu bekommen. Ferner empfinde ich eine Tanzend zu neuen Unterrichtsmehtoden, die als Heilsbringer vermarktet und verinnerlicht werden ohne eine ausreichende Evidenz zur Wirksamkeit zu verlangen. So wurden tausende von Grundschülern mit der Methode Lesen durch Schreiben unterrichtet, die mittlerweile nachweislich schädlich für die Lese- und Rechtschreibkompetenzen ist und obwohl es eine gute Studienlage hierzu gibt, wird in vielen Grundschulen trotzdem noch so weiter unterrichtet. Warum?
In Bayern und auch in Ba-Wü wurden früher im 2. Schuljahr einfache Bildergeschichten geschrieben, d.h., 1-3 Sätze zu jedem Bild.
Die Präsentationen dienen dazu, sich mündlich gut auszudrücken und Ergebnisse zu verbalisieren. Außerdem fällt es den meisten Grundschülern erst einmal nicht leicht, vor die Klssse zu stehen, sicher zu präsentieren und sich dabei noch gut auszudrücken. Der Anspruch ist ein anderer, aber nicht geringer. Präsentationen sind keine Ersatzleistungen, sondern gehören zu einem gewissen Persönlichkeitstraining dazu. Die Noten, die nach bestimmten Kriterien gemacht werden (u.a. auch mündlicher Ausdruck) werden nicht verschenkt.
“Lesen durch Schreiben” nach Reichen, also das ausschließliche Lesenerlernen mit der Anlauttabelle ohne Fibelkurs, war in Bayern nie ein Thema.
Zum zweiten Abschnitt:
Das ist wohl bundeslandabhängig. Bei uns sind Aufsätze und deren Überarbeitung noch gefordert. Seit 2000 gewann die Überarbeitung von Aufsätzen größeres Gewicht und könnte auch benotet werden (was kaum jemand tut).
Zum letzten Abschnitt:
Stimmt. In Bayern sind seit dem Lehrplan 2000 um die Jahrtausendwende die Stichpunkte dazugekommen, ebenso waren Präsentationen vor 2000 kein Thema in der Grundschule. Ganzschriften gibt es ebenfalls seit 2000. In Bayern gab es mit dem Lehrplan 2000 sozusagen eine “Zeitenwende”.
Ich habe noch alte Lesebücher aus den 80igern und 90igern. Im vierten Schuljahr waren dort viele Texte schwieriger zu verstehen, länger und kleiner gedruckt.
Die Frage ist ja, wie viele Kinder in den 80ern mit diesen Texten zurecht gekommen sind.
Waren die Texte nur abgedruckt, wurden sie einbezogen, konnten viele den kompletten Text lesen oder haben sie nur geübt, den ersten Abschnitt vorzulesen?
Sie sind gut damit zurechtgekommen. Allerdings haben wir zu dieser Zeit noch keine Leseproben geschrieben, es ging eher nur um das technische Lesen und über das Lesestück sprechen.
„ erheblich mehr Zeit als früher für den Bereich „Sprechen und Zuhören“.
So gesehen verlangt man mehr als früher, weil weitere Leistungen hinzukommen.“
So gesehen: ja!
Aber ich sehe das nicht so. Denn das ist m.E. eine formalistische Sichtweise. Formal gibt es jetzt diesen Kompetenzbereich, aber faktisch wurde früher dennoch sowohl mehr miteinander in der Klasse („Unterrichtsgespräch“) gesprochen als auch besser zugehört. Die Hausaufgabenbesprechung hat da z.B. gerne mal 15 bis 25 Minuten gedauert. Heute undenkbar, da keine Disziplin vorhanden. Ein Lehrervortrag durfte z.B. noch länger als ein Hauptsatz sein. Etc.
Es werden rein quantitativ also mehr „Leistungen“ verlangt.
Qualitativ sind die Leistungen – insbesondere alles, was halbwegs seriös messbar ist – aber durch die Bank schlechter, wie Sie ja auch selbst schreiben. Die Leseleistungen, die Rechtschreibung, die Rechenfertigkeiten, der schriftliche Aussruck, etc.
Da tröstet es mich dann nur wenig, dass man dafür ja ganz tolle Präsentationen macht oder drei Wochen lang übt, wie man einen Sitzkreis bildet.
Thema Ganzschrift: Auch so ein formaler Rohrkrepierer. Wie viele Kinder lesen denn die Ganzschrift wirklich ganz?
Notwendig ist es jedenfalls nicht, da ein Großteil oftmals vorgelesen wird oder es gibt Zusammenfassungen. Wie sollte es auch anders sein bei den auch von Ihnen konstatierten schlechten Leseleistungen?
Generell gilt: Erst die Pflicht, dann die Kür. Erstmal Lesen, Schreiben, Rechnen, und WENN dann noch Zeit sein sollte, gerne mehr.
Das Argumentationsmuster von Grundschulverband, teilweise auch der akademischen Grundschulpädagogik, der GEW und Konsorten, die harten Fakten durch Verweis auf allerlei Nebensächlichkeiten- die angeblich heute viel wichtiger sind – bis zur Unkenntlichkeit zu relativieren, sollten wir uns als gestandene Praktiker nicht zueigen machen. Diese Menschen sprechen nicht für uns!
Wahrscheinlich schreiben Sie aus der Sicht einer weiterführenden Schule, denn das ist mir bei Hospitationen auch schon aufgefallen.
In der Grundschule kann man die Kinder noch zum Zuhören erziehen, wenn es auch mühsam ist. Meine Klasse ist ruhig bei HA- Besprechungen und längeren Unterrichtsgesprächen, allerdings haben dann manche die Angewohnheit abzuschalten – das hat vielleicht zugenommen, aber kann ich nicht hundertprozentig als Trend ausmachen.
Nee, ich bin an der GS, aber klar, es hängt auch mit dem Einzugsgebiet zusammen, was im Unterricht möglich ist.
Das gebe ich Ihnen recht. An meiner Schule ist es sehr heterogen, also gemischt, aber keine Gruppe nimmt überhand. In Problemvierteln sieht das mit Sicherheit ganz anders aus.
‚Generell gilt: Erst die Pflicht, dann die Kür. Erstmal Lesen, Schreiben, Rechnen, und WENN dann noch Zeit sein sollte, gerne mehr.‘
Dem stimme ich voll zu. Wir machen Kombinatorik in der GS ( weil das verlangt wird) und der Großteil der Kinder versteht nur Bahnhof. Kombinatorik hört sich aber toller an als Grundrechenarten üben. Wir machen Englisch mittlerweile in Wort und Schrift u.v.m. ohne mehr Unterrichtsstunden zu haben. Logisch, dass dann andere Dinge auf der Strecke bleiben. Die Grundlagen eben. Egal, die sieht ja erstmal keiner…Allerdings:
Wenn ich ein Haus bauen will, muss das Fundament stimmen. Das braucht Zeit und Geduld. Wenn man dabei schludert, bricht das Haus irgendwann zusammen. Das geschieht gerade! Wer ist dafür verantwortlich? Der Bauarbeiter, der Architekt, der Auftraggeber… der Bauarbeiter führt den Plan nur aus und insofern muss sich die durchaus berechtigte Kritik des Philologenverbands einfach an eine andere Stelle richten.
Ja, ich habe die Kritik allerdings schon so verstanden, dass die verordneten Methoden und Inhalte angeprangert werden, nicht die Lehrer.
Warum wehrt sich der Grundschulverband dann gegen ‚Billiges Kollegen-Bashing‘ der Philologen?
Ablenkungsmanöver: Da das Scheitern der von Politik, „Wissenschaft“ und Verbänden propagierten Methoden und Inhalte durch die IQB-Studie deutlich geworden ist, versuchen Sie jetzt, die Diskussion auf das Abstellgleis namens Kollegenbashing zu schieben.
PR können sie immerhin.
Das ist mir auch unverständlich. Vielleicht handelt es sich um automatische Reflexe.
Ein wichtiger Punkt, finde ich: Wir reagieren auf die schlechten Leistungen der Kinder und verursachen damit eine Abwärtsspirale! Dazu gibt es viele Beispiele: die Kinder können sich heute oft in der 4. Klasse noch nicht richtig die Schuhe binden. Früher konnten das Kinder, wenn sie eingeschult wurden. Das dauert lange, das muss man üben und dann kaufen die Eltern lieber Klettverschluss. Geht schneller und man hat mehr Zeit am Tablet zu sitzen. Folge: die Fingerfertigkeit fehlt, die Schreibmotorik ist gering entwickelt und es dauert ewig, bis Kinder von der Tafel abgeschrieben haben. Folge: Wir schreiben nicht mehr von der Tafel ab. So geht das endlos weiter und der Blick in die Zukunft gibt Grund zur Sorge. Hier muss von vielen Seiten umgedacht werden und vor allem muss ein gesellschaftliches Umdenken stattfinden. Die Voraussetzungen mit denen Kinder heute in die GS kommen, nehmen immer weiter ab. Nein, ich sage jetzt nicht, dass die Erzieher/Erzieherinnen die falschen Methoden anwenden. Aber die Kinder haben Eltern…
Und noch früher war Schuhe binden können Voraussetzung für den Kindergartenbesuch (Mitte 1960er).
Jupp. Die Eltern sind Schuld!
Hier wird beklagt, dass zu wenig Zeit für dies und das ist. Aber die Eltern sollen richten. Schließlich hängen die den ganzen Tag zuhause, während die Lehrer die “Blagen” “beteeuen”, weil die Eltern “keinen Bock” auf die Kinder haben und das “Bildngssystem” als willkommene Gelegenheit nehmen, die Kinder “wezuorganisieren”.
Gut, dass jetzt Ferien sind. Ab ins Freibad mit den Lehrern, die Eltern können dann ja nach Feierabend Diktate, Aufsätze, Handschrift, Einmaleins etc üben. Für sowas reicht nämlich in der Schule die Zeit nicht.
Lehrer sind hier Teil der Lösung. Und eingebettet ins System Teil des Problems.
Man muss die Lehrpläne losgelöst von Corona miteinander vergleichen, sprich auf größeren Zeitskalen. Die Lehrer kurz vor der Pensionierung können bestimmt die Frage beantworten, ob deren Klassenarbeiten von vor 30 Jahren heutzutage noch im gleichen Schuljahr gestellt werden können. Falls ja, wie sieht es mit den Ergebnissen aus? Falls nicht, sind die Inhalte noch im Lehrplan? Falls nicht, wie schwer sind die gestrichenen Inhalte im Vergleich zu den dazu gekommenen? Beispielsweise halte ich die Wahrscheinlichkeitsrechnung aus der Grundschule für weniger anspruchsvoll als die in NRW gestrichene richtige Division.
Meine Klassenarbeiten von früher könnte man heute so als KA nicht mehr einsetzen. Es war damals üblich, dass man in Arbeiten nahezu uneingeschränkt zuvor auswendig gelernte Inhalte abfragte und zwar in gleicher Weise, wie es im Unterricht behandelt wurde (gleiches Bild erneut beschriften, Aufzählung von Begriffen, gel. Zuordnung).
Zwischendrin gab es Vorgaben, dass dies weniger als 50% der Arbeit abbilden dürfe, inzwischen ist man bei 50%, sodass man mit der Reproduktion eine 4 erreichen kann, mehr aber auch nicht.
Das geht in die gleiche Richtung wie das Modellieren in Mathematik: neben den Rechenfähigkeiten muss man auch mit unterschiedlichen oder auch unbekannten Aufgabenformaten arbeiten können. Es gibt also Schüler:innen, die die Inhalte an sich beherrschen, sie aber bei diesen Formaten nicht einbringen können.
Hier eine Beispielaufgabe bei VerA 3 mit dem Titel “Fußball Eintrittskarte”, zu finden auf der Homepage des IQB:
“Die Karte für das Fußballspiel Werder Bremen gegen Bayern München kostet 85 €. Im Vorverkauf kann man die gleiche Karte für 69 € kaufen. Wie viel Euro spart man, wenn man die Karte im Vorverkauf kauft?”
Ausgewiesen ist dafür die Kompetenzstufe II, also oberhalb der sog. “Mindeststandards”. Und dann wird diese Kompetenzstufe II noch von zahlreichen SuS verfehlt, es überfordert offenbar viele Leute im dritten Schuljahr. Also wie tief soll man die Messlatte legen? Andererseits: Warum fragt man nicht: “was ist 85 minus 69” ?
Nebenbei: Diese Aufgabe beleuchtet nebenbei schlaglichtartig die gravierende Armut unter Fußball-Fans in Deutschland. 🙂
Da gehört ich wohl zur richtigen Zielgruppe. Ich kann die Frage als bayerische Lehrkraft folgendermaßen beantworten und gehe dabei etwas ins Detail (ohne Anspruch auf Vollständigkeit):
Mathematik:
Geometrie: ist heute schwieriger, komplexer, erfordert flexibles Denken, wurde früher vernachlässigt
Stochastik: Schaubilder und Wahrscheinlichkeit sind neu und nicht allzu schwer, Kombinatorik ist neu und ziemlich anspruchsvoll.
Arithmetik: Hier wurden in der 4. Klasse die schriftl. Division durch 2stellige Zahlen und das Auswendiglernen des großen 1×1 gestrichen. Neu dazugekommen sind in jedem Zahlenbereich Aufgaben, die das flexible Denken fördern wie Zahlenmuster und die Gesetzmäßigkeiten von Ergebnissen.
Größen: Bei uns wurden der dm und der hl gestrichen, außerdem rechnen wir hier nur noch den € in Kommazahlen, drei Stellen nach dem Komma sind gestrichen. Bei den Hohlmaßen gibt es auch keine Kommazahlen mehr, aber die Bruchzahlen und die ml sind erhalten geblieben.
Textaufgaben: Die traditionellen Aufgaben sind um einiges leichter geworden und betreffen nun eher den Erfahrungsbereich eines Grundschülers. (also keine Berechnung von Raten mehr).
Neu: Verstärkt wurden die Rechenstrategien, z.B. das Tabellenrechnen, sodass man objektiv schwierige Aufgaben mit diesen Hilfen gut lösen kann. Es gibt offene Aufgaben, wo die Schüler einige Denkarbeit leisten müssen um eine Lösungsmöglichkeit zu finden.
Zu den Arbeiten: Ja, den allgemeinen Anspruch muss man im Vergleich zu 10/20 Jahren, was viele zurückschrauben. Ich kann heute nicht mehr die Proben in dem Schwierigkeitsgrad in Mathematik im Bereich Arithmetik, Größen und Textaufgaben schreiben (außer Geometrie, da ist der Anspruch gewachsen, Kombinatorik und Knobelaufgaben) wie vor 10/20 Jahren. Man sieht das deutlich an solchen Proben, die dasselbe Thema zum Inhalt haben wie vor 20 Jahren.
Deutsch:
Aufsatz: Anspruch ist gleich geblieben, aber es ist ein größerer Kampf, bis man die Mehrheit der Schüler so weit hat. Der Lehrplan hat die Anforderungen etwas zurückgeschraubt, dass man auch einmal einzelne Aufsatzteile benoten kann. Das machen aber bei uns ganz wenige. Da wir nun auch Kinder aus dem Förderschulbereich haben, ist das sprachliche Niveau heterogener als es früher war. Aber ich lese durchaus noch ganz tolle Aufsätze von Schülern. Das sind diejenigen, die schon früh gelesen haben und viele Bücher lesen. Es gibt mehr Aufsatzformen, man schreibt auch mal Gedichte nach einem Plan und vermehrt Sachaufsätze. Nacherzählungen sind weggefallen. In Bayern hat sich das ausschließliche freie Schreiben ohne Aufsatzstruktur nie durchgesetzt.
Grammatik: In Bayern wurde schon immer viel Wert auf die Grammatik gelegt. Der Anspruch in den Proben ist fast gleich geblieben. Vom Lehrplan her wurde kaum etwas abgespeckt. Da wir gerade mit einem Buch arbeiten, das etwas leichtere Aufgaben beinhaltet, dafür viel wiederholt, sind die Grammatikteile (wir schreiben kombinierte Sprach- und Rechtschreibproben) etwas leichter.
Rechtschreibung: Wird jetzt anders erarbeitet (mit mehr Strategien) und Lernwörtern, also kein pures Auswendiglernen der Wörter mehr. Dennoch ist alles so aufgebaut, dass der Wortschatz trainiert wird. Aus diesem Grund schreibt selten noch jemand reine Diktate, sondern überprüft die Rechtschreibung noch durch andere Methoden (z.B. Fehler in einem Text finden, richtige Buchstaben ausfüllen, Strategien erklären, richtige Wörter ankreuzen usw., also unterschiedliche Niveaus.) Der Umgang mit dem Wörterbuch und das Eintrainieren kam ungefähr ab dem Jahr 2000 dazu.
Lesen: Das ist insgesamt anspruchsvoller geworden und hat dann wieder etwas abgenommen. Wir schreiben erst ungefähr seit 2000 Leseproben, die waren am Anfang ganz schön knackig und fast überfordernd, jetzt haben sie ein gutes Niveau. Das musste sich erst entwickeln. Vor 2000 ging es im Lesen nur ums Vorlesen. Damit die Schüler ein gutes Niveau im Lesen bekommen, muss man in der Schule vermehrt üben.
Zuhören und Zuhörarbeiten: Das ist seit den Vergleichsarbeiten beim Deutschunterricht dazugekommen, fällt den Kindern vergleichsweise nicht schwer.
Sachunterricht:
kleine Veränderung der Themen, manches fiel heraus, anderes kam dazu, tendenziell kam mehr dazu. Niveau der Themen gleich. Bei den Proben hat man früher nur Fragen gestellt und die Antwort erwartet, weil man keine alternativen Abfrageformen kannte. Jetzt gibt es einen Aufgabenmix von unterschiedlichen Formaten, das macht es ein bisschen leichter, finde ich aber gerechtfertigt, denn wir haben in der Grundschule eine heterogene Schülerschaft.
Auch hier: FORMAL mag dies, das & Ananas gefordert werden, FAKTISCH wird der Großteil davon entweder gar nicht gemacht oder simuliert oder das Ergebnis ist … ernüchternd.
Das stimmt nicht so – es wird gemacht, bis auf ein paar Sachkundethemen, die nicht ausschlaggebend sind. Wir arbeiten schon gewissenhaft. Es bleibt auch etwas davon hängen, doch das kommt auf das Leistungsvermögen des Schülers an. Die besten Rückmeldungen erhalte ich vom Gymnasium. Es ist auch klar, diese Schüler haben den Stoff am meisten verinnerlicht.
Also die hier mehrfach angeführte superkomplexe Geometrie habe ich in SH jedenfalls noch nicht live erleben dürfen, ebenso wenig wie anspruchsvolle Kombinatorik oder Fermi… In Bayern gehen die Uhren zum Glück noch ein bisschen anders. Ich beneide Sie!
Dabei muss man wohl annehmen, dass in den anderen Bundesländern meist deutlich weniger im Lehrplan steht und auch weniger tatsächlich gemacht wird. Die Ergebnisse der Ländervergleichstests zeigen jedenfalls ein deutliches Gefälle zwischen den Bundesländern. Ich vermute mal ketzerisch: In Bayern wird nach der 4-jährigen Grundschule so in etwa das erreicht, was in Berlin nach der 6-jährigen Grundschule erreicht wird. Und die GEW macht sich gerade in Bayern für die 6-jährige Grundschule stark. 🙂
Es ist nicht nur ketzerisch, sondern unsere Erfahrung zeigt: Wenn Schüler aus anderen Bundesländern zu uns kommen, müssen sie einigen Stoff in Deutsch und Mathematik nachholen. Wir hatten diesbezüglich sogar schon Fälle von freiwilliger Wiederholung.
Ganz verstehe ich es nicht, denn ich habe nicht das Gefühl, dass wir so viel mehr an Stoff haben.
Die GEW hat in Bayern nicht viel Gewicht, das ist ein kleiner Lehrerverband. Ausschlaggebend ist, was der BLLV sagt, der hat eine gute Nähe zum KM.
“Ganz verstehe ich es nicht, denn ich habe nicht das Gefühl, dass wir so viel mehr an Stoff haben.”
Ich denke, dass der Stoff in BY anders eingefordert wird. Es gibt erheblich mehr Proben und vor allem am Ende der 4 Jahre einen NC zum Wechsel auf die nächste Schule.
Wenn die Eltern für ihr Kind wenigstens die Realschule (Schnitt 2,6?) erreichen möchten, müssen sie sich rechtzeitig darum kümmern und mit ihrem Kind üben oder Nachhilfe in Anspruch nehmen. Dadurch hat man sicher häufiger Eltern in der Klasse, die mitarbeiten, im Brennpunkt wird auch das nicht der Fall sein.
Zum anderen weiß ich aus den letzten Jahren, dass BY die Lehrpläne langsamer einführt, es mit FoBi begleitet, (nahezu?) alle über Dillingen organisiert sind, sodass immer alle auf dem gleichen Stand sind und Hintergründe bekannter sind. Hier werden die Pläne vorab zur Ansicht im Netz (auf einer sehr unübersichtlichen Seite) veröffentlicht, das nimmt kaum jemand zur Kenntnis. Sie werden rückwirkend im Herbst veröffentlicht, dann müsste man seinen Jahresplan umstellen. Erst nach 2 Jahren wird die Fachkonferenzleitung zu einer FoBi verpflichtet, wo der Plan vorgelesen wird.
Nicht vergessen sollte man bei dem Vergleich auch, dass BY
Zur Versorgung mit Sonderpädagog:innen finde ich keine Zahlen, wichtig fände ich auch eine Übersicht der verordneten Heilmittel und möglicher Lerntherapien oder anderer Hilfen.
Und warum wird dann von den progressiven Leuten aus der rot-rot-grünen Ecke immer auf die bayerische Schule geschimpft? Bei manchen innerdeutschen Tests haben in Bayern die Migranten der ersten Art sogar besser abgeschnitten als die Nicht-Migranten in Bremen. Also sieht es auch in dieser Hinsicht gar nicht schlecht aus in BY. Und nach einer Statistik wird in Bayern die “Gymnasialeignung” für etwa die Hälfte der Grundschüler bescheinigt.
Also: warum in aller Welt sollen nicht andere Bundesländer dem Beispiel von Bayern folgen? Stattdessen tut man gern so, als müsse es umgekehrt sein.
Hoch lebe der Förderalismus im deutschen Bildungssystem!
Klassenarbeiten, die älter als fünf Jahre sind, können heute nicht mehr genommen werden – unabhängig von Corona.
Ab Klasse 5 ist das schon zu merken….
Auch in den höheren Klassen nicht möglich – oder nur mit Anspruch senken und Augen zudrücken.
Das ist schon seit Jahren so.
Und wer mich kennt, weiß genau, was m.E. dafür (abgesehen von allen anderen sehr ungünstigen Einflüssen) verantwortlich ist.
Es ist sicherlich nicht hilfreich, die Schuld für die gesunkenen Schulleistungen, wie es die Gymnasiallehrerverbände machen, den Grundschullehrkräften zuzuschieben.
Genauso wenig finde ich es aber hilfreich, die erheblichen Defizite einfach zu leugnen.
Die Defizite bei Schüler:innen, wenn sie zur Schule kommen, leugne ich nicht. Dazu habe ich schon oft etwas geschrieben. Aber darum ging es ja nicht.
Ich frage mich wirklich, in welchem Fach oder an welcher Stelle die geforderten Leistungen reduziert wurden.
Aufschreiben bzw. „fordern“ kann man ja viel, aber was ist mit den faktischen Leistungen? Darum sollte es ja gehen!
Wenn grundständige Lehrer unterrichten, dann kann der Stoff auch richtig aufgearbeitet werden – so meine Meinung. Dazu ist aber heutzutage viel mehr Energie und Durchhaltevermögen seitens der Lehrkraft nötig (Thema: Hausaufgaben, größere Klassen, schwierigere Schüler, größerere Heterogenität) als früher. In Bayern sind wir, was grundständige LehrerInnen betrifft, jetzt an der Grenze, in anderen Bundesländern sieht es oft schlimmer aus.
Nicht vergessen: Die Sozialstruktur und die Leistungskultur sowie nicht zuletzt das Verhältnis zu Autoritäten sind in Bayern weniger ruiniert als im Rest der Republik.
Vor allem wird die Leistungskultur in der Grundschule noch eher aufrecht erhalten, weil man bestimmte Noten für den Übertritt haben muss. Durch diese “extrinsische” Motivation, leisten doch einige Schüler mehr, weil sie (bzw. ihre Eltern) ein Ziel vor Augen haben und erfahren Erfolge. Die Kehrseite der Medaille ist der Stress, den sich einige, vor allem die Eltern, machen. Es wird aber vergessen, dass Bayerns Schulsystem noch viele Chancen auf einen weiterführenden Schulabschluss später vergibt. Es gibt viele Wege, die später zu einem weiteren Schulabschluss bei entsprechenden Leistungen führen.
In Großstädten ist in Bayern die Sozialstruktur auch extrem schwierig, doch damit kam ich nicht in Berührung.
Die Frage, was man schreibt und was man tatsächlich fordert, kam nun an mehreren Stellen, ich antworte mal an dieser.
Das, was ich benannt habe, fordere ich auch von den SuS.
Bewertet wird mit Kriterien.
Wenn die Leistungen nicht erreicht werden, ist die Note eine entsprechende.
Unser Einzugsgebiet ist auch schwierig, die Mischung ist heterogen, aber oft fehlen die Spitzen. Häufiger hat man wenig gute, dafür sehr viele schwache SuS. Trotzdem bin ich nicht generell bereit, das Niveau abzusenken oder Leistungen mit „gut“ zu bewerten, die nicht gut sind.
Ich bin mir sicher, dass man inhaltlich noch mehr schaffen könnte, wenn man weniger lang und wiederholend und häufig an den Grundlagen üben müsste.
Einiges geht über Differenzierung, wenn ich selbst den Unterricht erteile und es nicht über Vertretung läuft.
DA geht wirklich viel verloren, gerade weil der Lehrkräftemangel anhaltend ist, und ich bleibe bei der Aussage, dass man nicht Gleiches erreichen kann, wenn 20-30% des Unterrichts aus Vertretung besteht, wenn Personen ohne Lehramtsausbildung eingestellt werden (müssen), um die Aufsicht zu übernehmen.
Auch muss man Abstriche machen, weil das Land die in Erlassen festgesetzten Zusatzbedarfe nicht realisiert und nicht ersetzt. Wenn Stunden für die Inklusion schon verschwindend gering angesetzt sind und dennoch nicht einmal in den Schulen ankommen, wenn DaZ-Stunden ständig ausfallen und nicht ersetzt werden, dann müssen Lehrkräfte das mit überbrücken und das geht zu Lasten der anderen Aufgaben.
Dann kommt man mit der Klasse nicht so weit, wie man wollte, dann muss man ständig ausgleichen, wechseln, überbrücken, aufarbeiten. Aber dann streicht man doch eher die Ganzschrift, Kombinatorik oder eine weitere Aufsatzform (sie stehen im Curriculum, sind aber bei Klassenarbeiten vernachlässigt nach neuesten Vorgaben) als Grundrechenarten. Ich glaube, dass Lehrkräfte da durchaus einen guten Kompass besitzen.
Wenn der Lehrkräftemangel z.B. alle 6 Wochen erhoben würde, wären die Zahlen beschämend für die Länder. Da geht es gar nicht um veränderte Curricula, sondern darum, dass Unterricht nicht möglich ist, weil Lehrkräfte fehlen.
Ich glaube Ihnen, dass Sie das alles einfordern und auch reell bewerten.
Dennoch leisten Schüler heute im Schnitt weniger als früher (beim Lesen, Schreiben, Rechnen).
Hat gerade eben auch (sogar) der Grundschulverband bestätigt – späte Einsicht, überhaupt nicht freiwillig und wiederum mit dezeptivem Motiv, aber immerhin, mehr Wahrheit ist von der Seite nicht zu erwarten;)
Ja, wenn man das aus dem Blickwinkel betrachtet, was auf dem Papier gefordert wird, dann ist der Niveauabfall gering bis nicht existent. In der Praxis ist es aber doch so, dass gravierende Defizite vor allem vorliegen bei
Und wenn ich jetzt sehe, dass im neuen Grundschullehrplan in NRW in Klasse 3 und 4 jeweils eine Stunden bei Mathe/Deutsch gekürzt wurde, wird es nicht besser.
Mathe und Deutsch wird gekürzt?
Dann sind die geforderten Fähigkeiten in NRW offenbar doch nicht so wichtig, schließlich findet man ja noch Möglichkeiten für Einsparungen jenseits des Lehrkräftemangels.
Zur Aufsatzerziehung: Die Bemühungen mussten früher für die schwächeren Schüler auch schon unternommen werden, aber man hatte mehr Kinder, die von sich aus mit wenigen Hinweisen auskamen und gelungene, mehrseitige Texte schreiben konnten. Davon wiederum konnten sich andere etwas anschauen. Fehlen diese Kinder in den Klassen (jetzt oder früher) braucht man erheblich mehr Anregungen, damit man zu guten Texten kommen kann.
Vor 20 Jahren war bei etlichen Lehrkräften üblich, eine Erzählung im Unterricht zu schreiben und dann die Klassenarbeit gleich hinterher.“ Gerade da, finde ich, hat sich in den letzten Jahren einiges bewegt, um auch den spracharmen Kindern Erfolge zu ermöglichen. Aber man bräuchte mehr Zeit dafür.
An der Handschrift scheiden sich die Geister … vielleicht schon immer, an Textaufgaben irgendwie auch. Da habe ich heute eher den Eindruck, dass man über Signalwörter und das sonst übliche Training im Lesen zu Schlagwörtern weiter kommt als früher.
Warum soll es so zwingend sein, dass die Kinder in der GS mehrseitige Aufsätze schreiben? Das fing nach meiner Erinnerung früher erst mit Klasse 5 so richtig an. Typisch scheint zu sein: An einem Ende fordert man viel (Aufsätze, Präsentationen,Reflektieren über dies und das, auch die sexuelle Identität etc.), aber am anderen Ende geschieht das zu Lasten der Basisfähigkeiten, für die die Zeit fehlt. Und das angesichts der Probleme, die die “spracharmen” Kinder (z.B. mit DaZ) ohnehin haben.
Und das Merkwürdigste: es gibt keinen Protest dagegen, obwohl in Sonntagsreden immer die Basisfähigkeiten hochgehalten werden.
Ich finde schon, dass Aufsatzschreiben zu den Basisfertigkeiten gehört. Wir haben vermehrt damit zu kämpfen, dass Schüler Probleme haben etwas Schriftliches zu Papier zu bringen. Deswegen sollte man das üben. Und einfach einzelne Sätze aufschreiben ist zu anspruchslos. Je nach Schriftgröße schreiben Viertklässler im Durchschnitt 1-2 DIN A 4 Seiten, ein guter Viertklässler, dem es leicht von der Hand geht, auch einmal mehr. Das ganz freie Schreiben hat sich (bei uns) nicht durchgesetzt – das macht man höchstens einmal zwischendurch – die Aufsätze haben schon eine Struktur bzw. ein Gerüst (Aufbau) je nach Aufsatzform.
Die Replik von Palin weißt einfach nur jegliche Kritik von außen zurück. Das ist alles. Das Fazit lautet dann also, es hat nichts kritisiert zu werden. Fertig.
So einfach lösen wir die Probleme? Nein, es ist noch viel einfacher. Es gibt keine Probleme! Das ist alles Einbildung und üble Stimmungsmache von außen.
Verbitterung, aus welchem Grund auch immer, und Neid sollte man schon besser tarnen.
Ansonsten kommt das extrem hässlich rüber.
Ist hier wie im Real-Live.
Den Nachbar mit dem großen Sportwagen, den man sich selbst nicht leisten kann, weist man auf das eigene Umweltbewusstsein hin.
Das kommt gut.
Einfach die Tür zerkratzen und die Reifen platt stechen wird in der Nachbarschaft hingegen übel aufgenommen.
Lesen Sie mal andere Posts. Wir haben bedeutend geschicktere Trolle.
Genau, Friedenstaube. So sehe ich es auch.
Friedenstaube, Hornveilchen.
Bin ich jetzt mit Recht verwirrt????
Lobt Friedenstaube sich selbst für ihre nicht existierende Antwort auf Hornveilchens Post.
Oder sind Friedenstaube und Hornfeilschen am Ende die gleiche Person?
Mehrere Namen führen oft zu Verwirrung.
@Schattenläufer
Ja … ist das denn NICHT ein Hornveilchen was der Friedenstaube da quer im Schnabel steckt?! 😉
https://www.familienzentrum-bensheim.de/malvorlage-friedenstaube/
Es tobt gar kein erbitterter Streit. Das finde ich total aufgebauscht. Was man sagen kann, ist, dass hier mehrere Grundschullehrer verbittert sind, weil Kritik an der Arbeit in den Grundschulen geäußert wurde, ohne dass dabei speziell an ihnen Kritik geäußert wurde, da ja hier niemand weiß, wie diese verbitterten Grundschullehrer selber arbeiten. Es machen ja nie alle Lehrer alles gleich an einer Schule und schon gar nicht in einer Schulart.
Wer die heutigen Methoden hingegen lobpreist oder verteidigt, der kritisiert damit ja automatisch die Methoden anderer Zeiten, die man aus diesen oder jenen Gründen über Bord geworfen hat. Haben denn die Grundschullehrer der 50-er Jahre schlecht gearbeitet? Hat man denn in den 50-er Jahren in der Schule nichts gelernt?
Und die wichtigste Frage überhaupt: Sind denn die Leistungen der Grundschüler BESSER geworden seit den 1950-er Jahren, seitdem so vieles in den Schulen, nicht nur in der Methodik, verändert wurde – und allerhand sicherlich zurecht und so einiges Gott sei Dank!
Liebe Kollegin Palmin,
ich bin zwar Berufsschullehrer (Ausbildung, BK1+2, Oberstufe) und auch einer derjenige, die sich über die “Vorschulleistung” beklagen. Das Niveau sinkt leider kontinuierlich und in meinen Augen immer schneller. So verstehe ich es z.B. warum der Geschichtslehrplan bzw. -unterricht durch “Projekte am Bauernhof” abgelöst werden und in Mathe nicht mehr auf die Basics eingegangen wird. Aber, und das ist mir wichtig, dass geht nicht an die Kollegen (mwd) in den Klassen. Die können – genauso wie ich – nur das Beste aus den Rahmenbedingungen machen. Projekte sind schön und gut, aber entweder sie bekommen im Lehrplan entsprechende Stunden zugeteilt oder man sollte diese lassen. Auch in meinem Bereich werden die Stundenpläne immer utopischer. Warum muss z.B. das neue GGK Abi in BW mehr “DeutschabiInhalte” abfragen und weniger Geschichtskompetenz? 1. bin ich der falsche Lehrer für einen entsprechenden Deutschunterricht und 2. heißt das Fach Geschichte. Aber oben (in den RPs und KuMis) interessiert das Niemanden. Ebenso bei den Berufsschullehrplänen – wiederum im Fach GGK – hier hat man selbst ohne Ausfall kaum die Chance den Lehrplan einzuhalten. Drum – und das geht an alle Kollegen und Kolleginnen – das geht nicht an euch vor den Klassen. Das geht an die Fachberater, an die Lehrplanersteller, an die RPs, an die KMs, aber auch an die Bildungsinstitute.
Dass der Bereich Geschichte gekürzt wird, meiner Meinung nach zu Gunsten von Wirtschaft, sehe ich an den Curricula auch.
Erwartet wird, dass man nun in Klasse 1/2 über das Leben früher sinniert. In diesem Alter überblicken Kinder aber kaum das Jahr, können Zahlen über 100 kaum lesen. Dafür fallen längere geschichtliche Themen in Klasse 3/4 raus, die Schwerpunkte wurden maßgeblich verändert oder anders formuliert, aber Finanzen, Arbeitswelt, Produktion, Konsum etc. wurden ausdifferenziert. An der Stelle frage ich mich, ob das so vorgegeben war oder in der Kommission zur Überarbeitung keine Person mit Schwerpunkt Geschichte gesessen hat.
Neuer sind in den GS-Curricula auch die Themen Kinderrechte und Medien, und gerade für Medien braucht man Zeit, denn sehr viele Kinder haben täglich Umgang mit WhatsApp und Alexa, Spiele-Apps (auch FSK 12 o. 18), TikTok uvm.
An diesen Inhalten wird man einmal mehr überlegen müssen, was Schule übernehmen muss oder wie man an anderen Stellen der Gesellschaft mehr leisten kann.
Aber andere Inhalte sind hier nicht gleichbedeutend mit „weniger“ oder „einfacher“.
Warum Ihre Schüler:innen (in dem Alter) auf den Bauernhof geschickt werden, erschließt sich mir nicht.
Zu den erhöhten Deutsch-Inhalten kommt es womöglich, weil eine durchgängige Sprachbildung in allen Fächern gefordert wird. Da sieht man in der GS die Notwendigkeit, um den Wortschatz zu erweitern und bewusst zu bedenken, dass viele Kinder Hilfe hinsichtlich der Bildungssprache benötigen, bis zum Abi sollte sich das jedoch erübrigen.
Zitat: “Aus den Beobachtungen heraus aber den Schluss zu ziehen, dass in den 50er Jahren alles besser gewesen sei und die angeblichen Rezepte von damals den Erfolg unter heutigen Bedingungen bringen würden, zeugt m. E. von großer fachlicher Distanz.”
Hier übertreiben und polemisieren Sie, Palim. Aus Ihrer eigenwilligen Darstellung schließen Sie auf “große fachliche Distanz” anders denkender Lehrer.
Ich habe die Kommentarverläufe zu den Artikeln über die IQB-Studie aufmerksam verfolgt. Dort war nicht von Rezepten aus den 50er Jahren die Rede, sondern nur von früheren Jahren, in denen Lesen, Rechtschreiben und Rechnen noch intensiv gelernt und geübt wurde. Heute seien die Lehrpläne viel zu voll dafür, dauernd gäbe es neue Reformen, Methoden und Lerninhalte, so dass die Schulen kaum mehr zur Ruhe kämen, um Notwendiges noch gründlich durchzunehmen.
Zu viel Stoff und mangelnde Zeit wurden genannt. Viele wünschten sich wieder mehr Qualität statt Quantität, mehr Konzentration auf das Wesentliche und weniger Sprunghaftigkeit.
Ich sehe keine ” fachliche Distanz” bei den Kommentarschreibern. Vielmehr zeigen sie Realitätssinn und Kritikfähigkeit an Fehlentwicklungen, die auch von der GEW unterstützt wurden. Besonders häufig wurde der Wunsch genannt, dass die Schüler wieder lernen sollten besser zu lesen, zu schreiben und zu rechnen.
„Wieder“ bedeutet Rückbesinnung, aber nicht auf die „50er Jahre“, wie Sie behaupten.
Die 50er Jahre kamen ins Spiel, weil jemand das Schönschreibheft aus den 50ern zeigen wollte. Darauf habe ich geantwortet.
Ihre Antwort passt leider nicht zu Carlas Zitat aus Ihrem Artikel. Dort erwecken Sie tatsächlich den Eindruck, viele wollten mit der Schule wieder in die 50er Jahre zurück und zeigten darum kein Fachwissen.
Nein, meine Antwort bezieht mit ein, dass der oben abgedruckte Text eigentlich ein Kommentar unter einem anderen Artikel war, den N4t hier erneut abgebildet hat – vielleicht ist das nicht transparent genug und es bräuchte einen Quer-Link zum eigentlichen Artikel und dem Diskussionsstrang darunter.
Dort hatte Pälzer im Hinblick darauf, was frühere Generationen konnten, geschrieben:
“Und was die Generation vor uns angeht, kommen Sie mal vorbei, ich zeige Ihnen Schreibhefte von 1950 …”
https://www.news4teachers.de/2022/07/sind-die-grundschullehrkraefte-schuld-am-leistungsabsturz-philologen-schluss-mit-erwiesenermassen-unbrauchbaren-methoden/#comments
Darunter gibt es jetzt Stimmen, die sich diese Zeit zurückwünschen.
So glücklich ihre Kindheit war, ich möchte nicht tauschen – in vielerlei Hinsicht.
Liebe/r Palim, der Link auf Ihren Ursprungskommentar ist an den Beginn des Textes gesetzt.
Gerne hier noch einmal: https://www.news4teachers.de/2022/07/keine-anspruchsvollen-bildungsziele-mehr-philologen-chef-fordert-rueckkehr-zum-leistungsprinzip-an-schulen/#comment-457625
Herzliche Grüße Die Redaktion
Aus meiner Sicht geht es gar nicht um die Qualifikation oder das Engagement der Grundschullehrer.
Die Fähigkeiten und das Wissen der SuS beim verlassen der Grundschule sind aus meiner Sicht in den letzten Jahren eindeutig abgesackt.
Dies hat jedoch nichts mit den Grundschullehrern zu tun.
Wir wohnen viel mehr einem Feldversuch der Kultusministerien bei.
Fragestellung: Wie sehr kann man bei Personal- und Ausstattung sparen, wie viel Schaden kann man mit unsinnigen Reformen anrichten und wie sehr kann man neben der Bildung, bei gleichzeitig erhöhtem Anspruchsdenken, auch noch die Erziehung vom Elternhaus auf die Schulen abwälzen.
Die Antwort werden wir bald erhalten. Das Grundschulsystem nähert sich dem Punkt, am dem es seine Aufgaben nicht mehr erfüllen kann.
Das Schöne daran ist, wir haben hier eine Lawine losgetreten die nach der Grundschule auf alle anderen, nachgeordneten Schulen zu rollt.
Exakt!
Die Lawine ist bei uns schon angekommen
Ich glaube, dass es wenig hilfreich ist nach Beispielen aus der eigenen Schulform zu suchen und damit die Frage zu beantworten ob und wie die Leistungen der Schüler abgenommen haben.
Ich denke, dass die Voraussetzungen und die Lebenswirklichkeit der Kinder und Jugendlichen mit unserem Bildungssystem mehr und mehr im Dissens stehen, wir das zwar erkennen, aber immer noch glauben durch ein paar kleine Stellschrauben das sog. Problem lösen zu können.
Da wird an Lehrplänen rumgebastelt, darüber z. B. gestritten, ob die schriftliche Division noch gelehrt werden soll, aber das Wesentliche gar nicht in den Blick genommen wird.
Das ist m. E. die Frage, was benötigen Schüler in der heutigen Zeit, um fit für ihre Zukunft zu sein. Dazu bedarf es einer genauen Analyse von Bildungsforschern, die sich mit exakt dieser Frage beschäftigen. Auf der Grundlage deren Ergebnisse muss Schule sich dann die Frage stellen, wie das dann umgesetzt wird und sich gegebenenfalls völlig neu ausrichten.
Wir Lehrer neigen wahrscheinlich oft dazu, darüber nachzudenken, wie wir die immer gleichen Lerninhalte an und in den Schüler hineinpressen können, lassen dabei aber vielleicht außer Acht, dass es uns deshalb immer anstrengender erscheint, weil die Inhalte nicht mehr zur Lebenswirklichkeit der Kinder passen. Ich denke, dass niemand auf die Idee käme an den vertiefenden Fertigkeiten im Lesen und Schreiben und Mathematik zu rütteln, aber auch hier muss vom Ende her gedacht werden. Was muss am Ende stehen, welche Kompetenzen wollen wir erreichen und wie kommen wir dahin.
„ Dazu bedarf es einer genauen Analyse von Bildungsforschern, die sich mit exakt dieser Frage beschäftigen. Auf der Grundlage deren Ergebnisse muss Schule sich dann die Frage stellen, wie das dann umgesetzt wird und sich gegebenenfalls völlig neu ausrichten.“
Genau das hat uns m.E. an den Abgrund geführt, den die IQB-Studie erahnen lässt.
Beispiel gefällig?
Schauen Sie mal auf die Startseite, heute aktuell reingekommen: Bildungsforscher (in der Regel sind das Psychologen, Soziologen, kurz: keine Pädagogen) fordern Lehrer auf, verstärkt „flexible Lösungswege“ zuzulassen.
Ihre Basis: Ein Konzentrationstest.
Reaktion im Kommentarbereich: Geh mir weg!
In ihrem besagten Artikel geht es um Methodik des Lernens.
Forschendes Lernen als Allheilbringer.
Ich bezog mich auf Lerninhalte.
Welche Kompetenzen brauchen Schüler von heute für ihr morgen?
Wenn das dann klarer wird und in entsprechende Lehrpläne gegossen ist, können wir uns noch mal über Didaktik und Methodik unterhalten.
Aber da kann ich schon mal mutmaßen landen wir wieder bei Klafki….. Mein geheimer Favorit der Bildungstheoretiker…..
Die empirischen Studien und Tests (auch VerA gehört dazu) vergleichen ja gar nicht mit den 1950er Jahren, sondern einerseits mit der Zeit seit TIMSS und PISA und andererseits mit den theoretischen KMK-Bildungsstandards, die von progressiven Leuten formuliert wurde, die also gerade “Opas Schule” reformieren wollten und heute selbstverständlich Vergleiche mit den 1950ern ablehnen. Diese KMK-Bildungsstandards sind mit allem möglichen überfrachtet, aber getestet wird das meiste nicht, auch nicht in dem IQB-Test. Getestet wird, ob die Leute einen Text lesen und inhaltlich verstehen können. Das gilt auch für die Mathematik: stures Rechnen wird wenig getestet, aber z.B. geometrisches Vorstellungsvermögen.
Man kann das alles (auch PISA) ja für Unsinn halten (ich bin auch kein Fan davon), aber die Ergebnisse kann man nicht mit einer Art von “erweitertem Anekdotenerzählen” wie “es ist normaler, sich nicht zu kümmern” außer Kraft setzen, so wie Palim das oben versucht.
Die Homepage einer bestimmen Grundschule mit 75 % Migrantenanteil in Berlin weist aus, dass bei VerA 3 in Mathematik mehr als 90 % die KMK-Standards nicht erfüllten, Jahre vor der Corona-Krise. Dann gehören auch mindestens 65 % von allen zu beiden Gruppen. Dieses Phänomen gab’s ja in den 1950er Jahren gar nicht !! Beim Fach Deutsch waren die Ergebnisse auch schlecht, wenngleich nicht ganz so schlecht. Wie sind denn die VerA 3 – Ergebnisse bei Ihnen?
Also, Palim: Wie ist das mit den KMK-Standards für die Primarstufe? Beim Rechnen ist die schriftliche Division schon rausgenommen, also die wird es nicht sein. Was soll noch gestrichen werden, um auf die veränderte Schülerschaft zu reagieren?
Sie unterstellen mir, ich würde mit Anekdoten reagieren, um dann selbst ein einzelnes unbelegte Beispiel von irgendeiner Schule in Berlin zu bringen und sich selbst auch gleich wieder gegen Migration zu positionieren.
Nein, danke.
Allerdings gehe ich mit der Kritik an VerA mit. Da bin ich der Meinung, dass es über Jahre eingesetzt wurde, um neue Inhalte aus den Curricula verpflichtend in den Unterricht zu bringen, da viele Lehrkräfte sich auf teaching-to-the-test eingelassen haben und die angekündigten (stets neuen) Inhalte verstärkt in den Unterricht gebracht haben.
Die Auswertung war generell so schlecht, dass jede ausgebildete Grundschulkraft eine bessere Diagnostik liefern könnte, die dann tatsächlich hilfreich für die Förderung wäre. Aber darum ging es bei VerA gar nicht.
“gegen Migration”
Das ist Quatsch und hat mit den von mir zitierten Zahlen nichts zu tun. Denn ebenso folgt für diese Schule, dass von den 25 % Nicht-Migranten mindestens drei Fünftel ebenfalls die Standards nicht erfüllen, wenn nur 10 % von allen die erfüllen. Aber schauen Sie sich doch die VerA-Zahlen an, soweit veröffentlicht. De Migranten werden meist extra aufgeführt und schneiden erheblich schlechter ab, natürlich nicht jeder einzelne, aber eben in der Statistik. Das ist nun mal etwas, das unser Schulsystem mit sich herumschleppen muss und das bei jedem Test (auch PISA) “durchschlägt”. In anderen Ländern (z.B. Finnland, Estland, Polen, Korea) ist das anders, und die werden dann auch noch für ihr tolles Schulsystem gelobt! Das ist zynisch.
Ich bin dabei!
Ich mache mit!
Eines der Probleme ist, dass man sich in der Grundschule nicht mehr auf das Wesentliche konzentriert oder konzentrieren kann. Es gibt neben den drei Hauptkompetenzen zu viele andere Tätigkeiten, so dass das Lesen, Schreiben und Rechnen in dieser Fülle untergeht. Von daher ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass Schüler das einmal gelernte nach einem gewissen Zeitraum nicht mehr abrufen können. Das Gehirn eines Kindes wird in einer komplexen digitalen Welt sehr oder vielmehr zu stark in Anspruch genommen, deshalb ist es von größter Wichtigkeit, dass man sich bei der Aneignung von Grundwissen in der Grundschule auf das Wesentlichste beschränkt, um die Konzentrationsfähigkeit der Kinder zu stärken. Ich unterrichte in Frankreich in einer Oberstufe und stelle fest, dass die Konzentrationsfähigkeit auch der älteren Schüler erheblich nachgelassen hat. Das macht sich gerade in Fächern bemerkbar, in denen intensives Nachdenken gefragt ist wie z.B. in Philosophie, das in Frankreich ein Pflicht-und Prüfungsfach fürs Baccalauréat ( Abitur) ist. Die Schule ist ein Ort, wo die Kinder vor der Welt bewahrt werden müssen, damit sie durch intensives Lernen in die Lage versetzt werden können, diese zu verstehen. Es geht natürlich nicht darum, die heutige Schule in eine pädagogische Provinz umzugestalten, aber es muss bestimmten Auswüchsen entgegengetreten werden, angefangen bei den Eltern, denen zu viele Rechte eingeräumt werden.
An Lera: Sie sprechen mir aus der Seele!!!
Ich habe in den vergangenen 25 Jahren vielen SuS das Lesen und Schreiben, Rechnen und Denken beigebracht-mit viel Erfolg. Aber es wurde von Jahr zu Jahr anstrengender und schwieriger, die selben Anforderungen an die Schülerschaft zu stellen. Auch ich ertappe mich dabei, wie ich die Anforderungen herunterschraube, um den SuS die Motivation am Lernen zu erhalten. (die Voraussetzungen sind so unterschiedlich)
Man will keine/en SuS zurücklassen (Sitzenbleiben gibt es nicht mehr). Stattdessen werden differenzierte Aufgabenblätter erarbeitet (sehr zeitaufwendig) bzw. Tests mit unterschiedlichen Niveaustufen geschrieben, da wir mittlerweile so unterschiedliche SUS in einer Klasse haben, und das auch in homogenen Klassen. Ich kann also kein Diktat mit allen gleichzeitig schreiben, da es ewig dauert und schlechte Laune beim Kontrollieren macht. (dann schon eher Wortdiktate)
Also mein Fazit aus 25 Jahren Berufserfahrung:
auf die Basics kommt es an! Damit meine ich auch das richtige Halten des Stiftes und das sinnerfassende Lesen. Digitale Lehrmittel setze ich frühestens ab Klasse 3 ein. Denn Tablets können die Kids doch meist schon seit der Kita bedienen (für Filme und Spiele ect ).
Ein kluger Mann sagte einmal: es ist egal, welche Lehrbücher/Medien man benutzt, den Unterricht macht immer noch der Lehrer. Und meiner Meinung steht und fällt alles damit.
Die methodisch-didaktische Fähigkeit und ein pädagogisches Geschick ersetzt kein Tablet/ PC!!!
Ab August beginne ich wieder mit einer neuen ersten Klasse. Ich selbst habe mich in so vielen Stunden fortgebildet und greife dennoch oft auf mein “altes Wissen” zurück, womit ich vielen SuS aber auch deren Eltern einen großen Dienst erwiesen habe. Aus diesem Grunde bin ich gern GS-Lehrerin und möchte es auch gern noch länger bleiben, trotz aller Digitalisierung.
Freut mich!
Auch wenn ich den digitalen Möglichkeiten gegenüber sicherlich etwas aufgeschlossener bin: Machen Sie weiter so, bleiben Sie authentisch, Opportunisten gibt es schon genug.
Ganz liebe Grüße!
Warum wird überhaupt noch hinterfragt, ob die Schülerleistungen gesunken sind? Wenn erfahrene Lehrer das beklagen und Tests ihre Aussagen bestätigen, ist unverständlich, dass Einzelne immer wieder meinen, relativieren und schönreden zu müssen.
Nur eine schonungslose Diagnose eröffnet die Möglichkeit, Entscheidendes zu verändern. Das befreit auch die Lehrer von dem immer gleichen Vorwurf, sie machten alles falsch und seien an allem schuld.
Es sind vielmehr Kräfte von außen, „Experten“ oder Institutionen, die sich in die Schlagzeilen bringen wollen, die aufhorchen lassen wollen, die für Furore sorgen wollen. Ihnen ist nichts neu und aufregend genug, um sich einen Namen zu machen und Bildungsmacht zu erringen.
Besonders mit den Grundschulen wird viel Politik betrieben, nicht nur von Berufspolitikern. Und das alles geschieht auf dem Rücken von Lehrern und Schülern. Offiziell heißt es dann: Zum Wohle von Schulen und Schülern.
Wir können uns ja weiter in die eigene Tasche lügen. Das ändert nichts daran, das in unserer Gesellschaft grundsätzlich etwas faul ist. Kann es sein, daß diese Welt für uns “dumme Menschlein” allmählich etwas zu komplex wird.
Globalisierung, Digitalisierung, Klimawandel, Krieg, Pandemie….
Alles Gruben, die wir uns selbst geschaufelt haben, weil wir nicht genug kriegen können.
Ein simpler Vorgang kann durch digitale Technik noch schneller und (angeblich) noch einfacher vonstatten gehen? – Wird gemacht.
Ein simpler Vorgang kann durch Einsatz von digitaler Technik noch billiger und gewinnbringender vonstatten gehen? – Wird gemacht.
Ein simpler Vorgang ist noch nicht simpel genug? – Entwickeln wir ‘ne App.
Inzwischen verblöden wir, weil wir simple Vorgänge nicht mehr ohne den Einsatz komplizierter digitaler Techniken hinkriegen und fragen uns tatsächlich, warum unsere Kinder bei Schuleintritt keinen Stift mehr richtig halten können, keine Schuhe mehr binden können, den Umgang mit der Schere nicht beherrschen, unkonzentriert und hibbelig sind.
Wir stecken sie von Kleikindalter an in Ganztagseinrichtungen, wo sie all die Fertigkeiten, die früher mal zu einem normalen Alltagsleben gehört haben, “künstlich” antrainiert bekommen.
Wir nehmen ihnen die Freiheit, ihre Umgebung zu erkunden, auf Entdeckungstour zu gehen und ersetzen das mit von Erwachsenen angeleiteten Projekten.
Wir nehmen ihnen schon von kleinstauf das Recht auf ein Leben nach ihrem ureigenen Rhytmus – Schlafen, wenn man müde ißt, wach sein wenn man munter ist, ausruhen, wenn man krank ist. Wir zwingen sie, um die Zuwendung einer erwachsenen “Bezugsperson” zu kämpfen, die halt leider nicht zwei oder drei müde, weinende oder kränkelnde Kleinkinder gleichzeitig herumtragen kann.
Das tun wir, weil wir UNBEDINGT! unseren Wohlstand erhalten müssen, auch wenn wir uns dadurch in den Burnout katapultieren und unsere eigenen Lebensgrundlagen zerstören.
Wir machen uns und unsere Welt kaputt und wir glauben noch mehr technischer Fortschritt, noch mehr Digitalisierung könnten unser Leben einfacher machen, dabei schaffen wir uns mit jedem sog. Schritt nach vorne neue, unüberschaubare Probleme, die wiederum weitreichende Gegenmaßnahmen erfordern.
Wir wissen langsam nicht mehr, wo wir die ganze Energie her nehmen sollen, um unseren Bedarf an Strom zu decken, trotzdem digitalisieren wir uns weiter zu Tode und entwickeln E-Autos und für jedes noch so simple Gerät brauchen wir eine Batterie.
Ehrlich, wir sind so blöde, man muß sich über das sinkende Leistungsniveau bei Grundschulkindern wirklich nicht wundern.