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Bayern streicht Goethes Faust als Pflichtlektüre aus dem Lehrplan. Ja und?

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Kommen Schüler im “Land der Dichter und Denker” ohne Goethe aus? Ölgemälde von Joseph Karl Stieler, Quelle: Wikimedia Commons

Die bayerische Entscheidung, Johann Wolfgang von Goethes «Faust» vom Schuljahr 2024/25 an aus dem Lehrplan zu streichen, stößt bei der Klassik Stiftung Weimar auf Kritik. Präsidentin Ulrike Lorenz reagierte mit Bedauern und Sorge darauf, dass Goethes Faust nicht mehr Pflichtlektüre an Gymnasien in Bayern sein solle. Sie appellierte in einem offenen Brief an Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU), die Entscheidung zu überdenken, bestätigte eine Sprecherin der Stiftung am Donnerstag in Weimar auf Anfrage.

Wie kaum ein anderes Werk der Weltliteratur sei der Faust ein «thematisch und sprachlich brisanter Anstoß zur Auseinandersetzung mit Grundlagen, Widersprüchen und dem Wandel in unserer heutigen Welt», schrieb Lorenz an Söder. Dabei gehe es nicht darum, Goethes Werk gegen zeitgenössische Literatur auszuspielen. Die Stiftung im thüringischen Weimar bewahrt das geistige und materielle Erbe der deutschen Klassik.

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In Bayern soll mit dem Lehrplan 2024/25 eine 48 Jahre dauernde Phase enden, in der «Faust I» verpflichtende Lektüre war, wenn auch über fast drei Jahrzehnte hinweg nur für Deutsch-Leistungskurse.

„Es gibt ja auch viele andere gute literarische Werke; da ist es in Ordnung, wenn die Themen von Zeit zu Zeit wechseln“

«Goethes Faust wird dabei definitiv nicht aus dem Unterricht verbannt, sondern viele Schülerinnen und Schüler werden auch weiterhin dieses bedeutende Werk im Deutschunterricht lesen, weil hier grundlegende menschliche Fragen auch aus philosophischer und theologischer Sicht reflektiert werden», hatte Kultusminister Piazolo  kürzlich erklärt. Lehrer könnten das Werk auch künftig aufgrund seiner Bedeutung auswählen.

2019 gab es die Debatte bereits in Nordrhein-Westfalen, als dort der Faust aus dem Prüfungskanon für Abiturienten im Fach Deutsch verbannt wurde – wie News4teachers seinerzeit berichtete.„Ich bin fassungslos. Schule hat auch die Aufgabe, kulturelle Identität zu vermitteln, da gehört ein Werk wie Goethes ‚Faust‘ unbedingt dazu“, meinte Heinz-Peter Meidinger, Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, seinerzeit (ungeachtet der Tatsache, dass schon damals außer NRW und Bayern kein Bundesland mehr verpflichtend auf den Faust setzte).

Dies müsse auch bundesweit Konsens sein. Goethe sei ein Humanist und Universalgenie; er müsse jedem Abiturienten nahe gebracht werden. Die im „Faust“ behandelten Fragen seien zeitlos und stellten sich im Leben eines jeden Menschen. „Sie können junge Menschen dazu anregen, sich mit Themen zu beschäftigen, die jeden angehen“, befand Meidinger.

Die damalige Landesvorsitzende der GEW in Nordrhein-Westfalen und heutige Bundesvorsitzende der Gewerkschaft Maike Finnern sah die Sache pragmatischer: Sie befand, der „Faust“ sei zwar für ein „wegweisendes Werk“, aber dennoch für verzichtbar im Abitur. Sie sagte: „Es gibt ja auch viele andere gute literarische Werke; da ist es in Ordnung, wenn die Themen von Zeit zu Zeit wechseln.“ Passierte auch: “Nathan der Weise” rückte an die Stelle. News4teachers / mit Material der dpa

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