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Bildungserfolg: Warum der Übergang von der Grundschule (zu) häufig misslingt

MÜNCHEN. Bildungsbeteiligung und -erfolg eines Kindes sind in Deutschland nach wie vor stark an seine soziale Herkunft gekoppelt. Dies zeigen die Ergebnisse der PISA-Studien. Wie schwierig es allerdings zuweilen ist, benachteiligte Familien zu erreichen, zeigt eine soeben veröffentlichte Studie des Deutschen Jugendinstituts (DJI) zum Übergang von Grundschülern auf weiterführende Schulen. Es hapert an der Kommunikation zwischen Eltern und Lehrkräften – sowie an unterstützenden Angeboten für die Kinder.

MIt zehn Jahren steht in Deutschland der Übergang auf die weiterführende Schule an, in den meisten Bundesländern jedenfalls. (Symbolfoto) Foto: Shutterstock

Die Frage, wie prekäre Lebenslagen und Bildungs­verläufe zusammenhängen, ist mit der Coronapandemie sogar noch dringlicher geworden. Insbesondere Kinderarmut bedeutet mehr, als über wenig Geld zu verfügen. Armut zeigt sich in zahlreichen Lebensbereichen und kann Kinder unterschiedlich benach­teiligen und belasten sowie ihr Leistungsvermögen und ihren Bildungs­verlauf beeinträchtigen.

Im Rahmen einer Studie mit dem Titel „Zusammenhänge zwischen prekären Lebenslagen und Bildungsverläufen“ wurden nun Schulleitungen, Lehrkräfte und Schulsozialarbeiter:innen an vier Münchner Grundschulen unter anderem zur Gestaltung des Übertritts und zur Zusammenarbeit mit finanziell belasteten Familien befragt. Eltern und Kinder gaben Auskunft zu ihren Bildungszielen, ihrer Lebenslage sowie zur Kenntnis und Nutzung von unterstützenden Angeboten. „Wir legten den Fokus zum einen darauf, wie Armut aus der Perspektive von Schulakteuren wahrgenommen und pädagogisch bearbeitet wird und wie aus ihrer Sicht vorhandene Unterstützungsleistungen an den Schulen für armutsbetroffene Familien verbessert werden könnten“, erläutert DJI-Wissenschaftlerin und Studienleiterin Dr. Claudia Zerle-Elsäßer.

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Die Zusammenarbeit zwischen Schulakteuren und Elternhaus erwies sich als Dreh- und Angelpunkt

Resultat: Die Zusammenarbeit zwischen Schulakteuren und Elternhaus erwies sich als Dreh- und Angelpunkt. Die Forscherinnen konnten deutlich machen, dass Lehrkräfte, Schulsozialarbeit und Eltern nicht so zueinander finden können, wie dies für die Kinder notwendig wäre. Dort, wo die Zusammenarbeit gelingt, wird diese als spürbare Unterstützung empfunden und wertgeschätzt.

Die Forschungsergebnisse machen zudem deutlich, dass sich Kinder aus benachteiligten Familien zwar häufig einen Übertritt in die Realschule oder das Gymnasium wünschen und dass Eltern sich oft gerade wegen ihrer prekären Lebenslagen sehr ambitioniert bezogen auf die Eröff­nung von Bildungswegen für ihre Kinder zeigen. Jedoch behindern die Familien dabei unter anderem mangelnde Sprachkenntnisse, fehlendes Wissen über die für den Übertritt zu erbringenden Leistungen und ein eingeschränkter Zugang zu oft kostenintensiven Übungsmaterialien und Nachhilfe.

In der Studie haben sich einige Unterstützungsangebote als besonders wertvoll für die Familien herausgestellt. Insbesondere sind dies direkt an die Schule angebundene, kostenfreie Mahlzeiten, über die Schulsozialarbeit organisierte kostenfreie Freizeitangebote oder eine unbürokratische Übernahme von Auslagen für Schulmaterialien oder Ausflüge.

Von den Schulakteuren wird das Angebot allerdings als zu gering und als nicht bedarfsgerecht eingeschätzt. Die Anstrengungen seitens der Schulen scheinen die betroffenen Kinder nicht ausreichend zu erreichen. „Eine deutliche Unterstützungslücke besteht sowohl aus Sicht der Lehrpersonen als auch der Eltern an unterrichtsbezogenen und lernunterstützenden Angeboten, wie einer den konkreten Schulstoff verfestigenden Nachhilfe sowie von eher allgemeineren Förder- und insbesondere von Sprachkursen“, so Dr. Christine Steiner, ebenfalls DJI-Wissenschaftlerin und Studienautorin.

„Letztlich kann nur sichergestellt werden, dass die Angebote zur Förderung der Kinder genutzt werden, wenn sie für möglichst alle Kinder verfügbar sind“

Auch beklagten die Schulakteure, die Eltern nicht zu erreichen. Diese fühlten sich wiederum mit den schulischen Anforderungen überfordert. Den Studienergebnissen zufolge wurde Armut und Ressourcenknappheit der Familien häufig nicht wahrgenommen oder die Familien gingen aus Angst vor Stigmatisierung nicht offen damit um.

„Letztlich kann nur sichergestellt werden, dass die Angebote zur Förderung der Kinder genutzt werden, wenn sie für möglichst alle Kinder verfügbar sind“, konstatieren die Studienleiterinnen Zerle-Elsäßer und Steiner. Sie empfehlen daher beispielsweise Standardangebote zur Förderung an Schulen zu etablieren, außerunterrichtliche Angebote stärker mit dem Fachunterricht zu verbinden sowie eine intensivere Vernetzung der Schulen mit Jugendsozialarbeit, Horten, Vereinen, anderen Schulen und auch Migrant:innen-Selbstorganisationen im jeweiligen Sozialraum. News4teachers

Hier lässt sich die vollständige Studie herunterladen.

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