MÜNCHEN. Ob bei Suchportalen im Internet, dem Autofahren oder vielen kleinen Hilfen im Alltag: Der Einsatz künstlicher Intelligenz (KI) entwickelt sich rasend schnell und ist aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. In der Schule spiegelt sich diese Entwicklung bisher jedoch kaum wider. Das Kultusministerium von Bayern möchte das ändern und hat deshalb den Modellversuch „KI@school“ ins Leben gerufen. 15 Schulen aus allen Regierungsbezirken sollen dabei in den nächsten fünf Jahren unter strenger Einhaltung der datenschutzrechtlichen Vorgaben verschiedene pädagogische Konzepte und Lernsettings entwickeln, in denen auf Komponenten der Künstlichen Intelligenz zurückgegriffen wird.

In vielen modernen Bildungstechnologien stecken schon heute Aspekte künstlicher Intelligenz (KI) – in Anwendungen für die Schulorganisation genauso wie für das Lehren und Prüfen und fürs Lernen und Üben. Beispiele sind Lernplattformen oder Lern-Apps, die das Aufgabenprogramm dem Kompetenzprofil des Lernenden anpassen.
„Künstliche Intelligenz ist ein Schlüssel zur Welt von morgen. Wir alle nutzen sie, doch nur wenige wissen, wie sie eigentlich funktioniert”, sagte Kultusstaatssekretärin Anna Stolz (Freie Wähler) bei der Auftaktveranstaltung zum Modellversuch. „Ich bin überzeugt: Wer Aufbau und Hintergründe versteht, der kann auch Potentiale besser nutzen. An unseren Modellschulen wollen wir daher gemeinsam neue Wege erproben. Gewinner sind unsere Schülerinnen und Schüler, die wir beim Lernen und Lehren noch besser unterstützen, individuell fördern und gleichzeitig fit für die Welt von morgen machen.“
Den Modellschulen solle dabei bewusst der nötige Freiraum gegeben werden, um didaktische Innovationsprozesse einzuleiten und Neues zu probieren. Dabei würden sie von „Arbeitsforen“, die sich aus Vertretern der Wissenschaft, des Kultusministeriums sowie der Schulleiter-, Lehrer- und Elternverbände zusammensetzen, unterstützt. Das Zusammenwirken wird für Stolz maßgeblich zur erfolgreichen Umsetzung des Modellversuchs beitragen: „Klar, auf der einen Seite möchten wir neue, hochmoderne und innovative Formen des Lehrens und Lernens entwickeln. Aber es muss, und das ist ganz wichtig, natürlich auch um die Frage gehen, wie ich meine Daten und Persönlichkeitsrechte schützen kann. Mehr noch: Wir wollen gemeinsam festlegen, was Künstliche Intelligenz darf und wo wir Grenzen setzen müssen.“
“Wir steigern den Lernerfolg der Schülerinnen und Schüler und sorgen für mehr Bildungsgerechtigkeit”
Die Schulen wüssten bei diesem Unterfangen mit der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) einen Partner und Sponsor an ihrer Seite. Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der vbw, erklärte: „Künstliche Intelligenz (KI) ist im Zuge der digitalen Transformation eine Schlüsseltechnologie. Darum müssen wir sie im Bildungsbereich als Chance verstehen und ihre Möglichkeiten für das Lernen nutzen. Genau hier setzt die Stiftung Bildungspakt Bayern mit dem Schulversuch ‚KI@school‘ an. Im Rahmen von datenschutzkonformen Gesamtkonzepten unterstützt KI den gesamten Prozess des digitalen Lernens und ermöglicht individuelle Förderung. Wir steigern den Lernerfolg der Schülerinnen und Schüler und sorgen für mehr Bildungsgerechtigkeit. So tragen wir dazu bei, dass Bayern beim Einsatz von KI in der Bildung deutschlandweit eine Vorreiterrolle einnimmt. Darum unterstützen wir den Modellversuch.“
Stolz betonte abschließend: „Wir wollen Neues wagen und greifen ein Thema auf, das voll am Puls der Zeit liegt. Die Chance ist einmalig: Wir schaffen für die jungen Menschen im Freistaat ‚KI made in Bayern‘. News4teachers
Die Telekom-Stiftung hat 2021 die Chancen und Risiken des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz (KI) in der Schule wissenschaftlich evaluieren lassen. In der Untersuchung heißt es:
“KI-gestützte, lernförderliche Technologien, d.h. Lösungen, die auf Technologien wie Machine Learning, Educational Data Mining oder Learning Analytics basieren, bieten erhebliche Potenziale für alle Bereiche der schulischen Bildung: Auf der Makro-Ebene (Schul-Organisation) können mittels Data-Mining und Analytics z. B. Evaluations- und Planungsprozesse optimiert werden. Auf der Meso-Ebene (Unterrichtsgeschehen) werden neue Formen des Assessments, Gradings, Tutorings und Classroom-Managements möglich.
Vor allem jedoch eröffnen ‘intelligente’ Lernanwendungen auf der Mikro-Ebene – also für den Lernprozess selbst – vielfältige neue Möglichkeiten, indem individualisiertere Lernformen und Assistenzsysteme sowie automatisierte Leistungsbewertungen, Lernempfehlungen und Prognosen realisiert werden können.
“Den Lehrkräften bieten intelligente assistive Systeme vielfältige Unterstützungs- und Entlastungsmöglichkeiten rund um das Schul- und Unterrichtsgeschehen”
Davon können die Schülerinnen und Schüler profitieren, insbesondere auch diejenigen mit
besonderem Förderbedarf. Aber auch den Schulleitungen und vor allem den Lehrkräften bieten intelligente assistive Systeme vielfältige Unterstützungs- und Entlastungsmöglichkeiten rund um das Schul- und Unterrichtsgeschehen. Zugleich eröffnen sie im Idealfall auch größere pädagogische Freiräume.
Aus Sicht der empirischen Bildungsforschung sowie der Lerntheorie werden jedoch auch immer wieder Zweifel an den Verheißungen KI-gestützter Lerntechnologien vorgebracht. Kritik macht sich u.a. an den zugrundeliegenden didaktischen Konzepten vermeintlich „intelligenter“ Lernanwendungen fest; auch sind die behaupteten lernfördernden Effekte KI-gestützter Anwendungen bislang zu wenig untersucht, und es fehlt generell an Evaluationen der verschiedenen Anwendungspotenziale (z.B. im Bereich des Automated Assessments und Gradings). Nicht zuletzt sind datenschutzrechtliche und ethische Fragestellungen gerade im Bereich der schulischen Bildung von vorrangiger Bedeutung.
Grundsätzlich ist zu konstatieren, dass KI als eine Art ‘Basistechnologie’ inzwischen in nahezu jeder modernen Bildungstechnologielösung steckt, seien dies Lernplattformen oder Bildungsclouds, Kollaborationswerkzeuge oder eben Selbstlernsoftware in all ihren Spielarten.”
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