BERLIN. Mit bundesweit verschärften Streikaktionen machen die Beschäftigten vor der zweiten Tarifrunde des öffentlichen Dienstes von Kommunen und Bund Druck auf die Arbeitgeber. „Heizung ist teurer. Sprit ist teurer. Miete ist teurer. Lebensmittel sind teurer. Seit Monaten steigen die Preise – und das nicht zu knapp. Trotzdem bieten uns Bund und Kommunen nichts an. Der Warnstreik ist daher nur die logische Konsequenz“, erklärte die schleswig-holsteinische GEW-Landesvorsitzende Astrid Henke. Aus der Wirtschaft kommt scharfe Kritik an den Arbeitsniederlegungen insbesondere in Kitas.
„Unsere Kolleginnen und Kollegen in den Kitas und im übrigen Sozial- und Erziehungsdienst gehen vor Arbeit unter. Die Personaldecke ist viel zu dünn. Stress beherrscht den Arbeitsalltag. Da dürfen sie wenigstens ein Mindestmaß an Wertschätzung seitens der Arbeitgeber erwarten – und Wertschätzung drückt sich auch in einer guten Bezahlung aus“, so befand Henke.
Die Gewerkschaften fordern 10,5 Prozent mehr Gehalt, mindestens aber 500 Euro mehr im Monat bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Verwiesen wird auf die hohe Inflation und hohe Arbeitsbelastung im öffentlichen Dienst aufgrund unbesetzter Stellen. Die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände entgegnete, die Tariflöhne im öffentlichen Dienst seien in den letzten zehn Jahren stärker gestiegen als die Inflation. Ein hoher Abschluss werde letztlich die Bürger stärker belasten. Die zweite Verhandlungsrunde findet am 22. und 23. Februar in Potsdam statt.
„Es geht in dieser Tarifrunde um einen dringend benötigten Ausgleich der historischen Inflation. Die Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst leisten anspruchsvolle Arbeit, aber können sich das tägliche Leben kaum noch leisten. Wir bitte alle Eltern und Angehörige um Verständnis und Unterstützung für den Streik, denn zu den derzeitigen Konditionen wird sich der Personal- und damit der Betreuungsplatzmangel nur weiter verschärfen“, sagte Mario Schwandt, Sekretär der GEW Bayern für sozialpädagogische Berufe.
“Eltern und vor allem berufstätige Eltern von betreuungsbedürftigen Kindern in den Tarifkonflikt mit hineinzuziehen ist unverhältnismäßig”
Die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft und die Arbeitgeberverbände der bayerischen Metall- und Elektro-Industrie bayme vbm halten die angekündigten Streiks in Kindertagesstätten öffentlicher Träger in Bayern dagegen nach eigenen Worten für eine unnötige Eskalation der Tarifauseinandersetzung. „Flächendeckende Kita-Angebote mit verlässlichen Öffnungs- und Betreuungszeiten sind ein wichtiger Bestandteil für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Eltern und vor allem berufstätige Eltern von betreuungsbedürftigen Kindern in den Tarifkonflikt mit hineinzuziehen ist unverhältnismäßig. Lösungen lassen sich ausschließlich am Verhandlungstisch finden“, betont bayme vbm-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt.
Die gesetzliche Lage sei in diesem Punkt eindeutig: Bei einem angekündigten Streik, der die Schließung der Einrichtung zur Folge hat, müssten die betroffenen Eltern rechtzeitig eine andere Betreuungsmöglichkeit besorgen oder Urlaub nehmen. Die Eltern hätten auch keinen Anspruch darauf, ihre Kinder mit in die Arbeit zu bringen. „In den meisten Unternehmen gibt es aber gute individuelle Lösungen. Häufig wird Urlaub gewährt“, erklärte Brossardt und ergänzt: „Nur wenn die Streiks so kurzfristig angekündigt werden, dass die Eltern keine Alternative organisieren können, kann sich unter Umständen eine Freistellung ergeben.“
Auch ein spezieller Homeoffice-Anspruch der Beschäftigten ergebe sich aus den Kita-Streiks nicht. „Soweit nach den bestehenden vertraglichen oder betrieblichen Regelungen Homeoffice möglich ist, kann es aber genutzt werden“, erläutert Brossardt und ergänzt: „Es kann aber nicht Sinn und Zweck von Homeoffice sein, dass Eltern damit Betreuungslücken füllen, die durch Kita-Streiks entstehen.“ Der Wirtschaftsvertreter betont: „Unsere Unternehmen sind flexibel und legen viel Wert auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Der Streik mag sich formal gegen den Tarifpartner richten, trifft aber berufstätige Eltern und stellt diese vor große Probleme.“ News4teachers / mit Material der dpa