DÜSSELDORF. Nach der Tötung der zwölfjährigen Luise aus dem nordrhein-westfälischen Freudenberg ist eine Diskussion über mögliche Konsequenzen entbrannt. Der rechtspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Günter Krings, hat gefordert, über eine mögliche Senkung der Strafmündigkeitsgrenze auf unter 14 Jahre zumindest zu diskutieren. NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (ebenfalls CDU) reagiert zurückhaltend.

«Auch Kinder wissen, dass sie nicht töten dürfen. Es ist erschütternd, dass zwei Mädchen ein anderes Mädchen getötet haben“, sagte Krings dem RedaktionsNetzwerk Deutschland: „Wir müssen die Debatte führen, ob das Alter der Strafmündigkeit für schwere Straftaten gesenkt werden muss. Denn bei den schwersten Straftaten – wie insbesondere Tötungsdelikten – handelt es sich um keine jugendlichen Verfehlungen. Auch Kinder wissen, dass sie nicht töten dürfen.»
«Ich finde im Angesicht einer solch schlimmen Tat sind politische Schnellschüsse jetzt nicht die richtige Antwort»
«Ich sage heute nicht “Nein” zu dieser Debatte, um Gottes Willen, man muss sich das sehr genau anschauen und die Debatte verantwortungsvoll führen», sagte NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) dem Nachrichtensender «Welt TV». «Aber bitte auf der Grundlage der Fakten dieses Falls und auch der Kriminalitätsstatistik, die uns mahnt, solche Debatten sehr ernsthaft zu führen.»
Die beiden Mädchen, die die Tat gestanden haben, sind 12 und 13 Jahre alt und damit nach aktueller Gesetzeslage nicht strafmündig. Es gebe zwar einen Anstieg bei der Zahl der tatverdächtigen Kinder in Nordrhein-Westfalen, so Wüst: «Ob da das Strafrecht richtig ist oder nicht, die Mechanismen der Erziehungs- und Jugendhilfe, das muss man sich aber sehr genau anschauen. Ich finde im Angesicht einer solch schlimmen Tat sind politische Schnellschüsse jetzt nicht die richtige Antwort.»
Wie ZDFheute berichtet, belegt die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) für Gesamt-Deutschland keinen Anstieg von Gewaltkriminalität durch Kinder und Jugendliche in den vergangenen Jahren. Tatsächlich nehme die Gewalt sogar ab. Seit einem Höhepunkt der Gewaltkriminalität in den Jahren 2008 und 2009 hat sich die Zahl der tatverdächtigen Jugendlichen zwischen 14 und 21 Jahren etwa halbiert – auf rund 550 Tatverdächtige pro 100.000 Jugendliche im Jahr 2021. Bei Kindern bis 14 Jahren fällt die Entwicklung im gleichen Zeitraum schwächer aus. Hier sanken die Zahlen von 194 Tatverdächtigen pro 100.000 auf zuletzt 132. Laut PKS gab es bei Gewaltkriminalität 2021 insgesamt 7.477 Tatverdächtige unter 14 Jahren.
«Unabhängig von dieser Tat sehen wir, dass Kinder immer mehr Straftaten begehen, einfache Körperverletzung, Diebstahl, Sachbeschädigung»
«Die konkreten Umstände dieses speziellen Falls muss man sich jetzt ganz genau anschauen, um die richtigen Maßnahmen daraus abzuleiten», sagte auch NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) am Donnerstag. «Das gilt auch für die Frage, ob uns eine Absenkung der Strafmündigkeit hier weiterbringt.» Glücklicherweise seien Kinder unter 14 Jahren in den vergangenen fünf Jahren in Nordrhein-Westfalen zuvor nur in einem einzigen Fall wegen Mord oder Totschlag verdächtig gewesen. «Unabhängig von dieser Tat sehen wir, dass Kinder immer mehr Straftaten begehen, einfache Körperverletzung, Diebstahl, Sachbeschädigung. Hier sind wir als gesamte Gesellschaft dringend gefordert, gegenzusteuern, Elternhäuser, Schulen und natürlich auch die Polizei mit ihren präventiven Möglichkeiten», so Reul.
Zuvor hatte Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) gesagt, dass er trotz der abscheulichen Tat keinen gesetzgeberischen Handlungsbedarf sieht. Kinder unter 14 Jahren würden zwar strafrechtlich nicht belangt, «aber unsere Rechtsordnung kennt andere Wege, um darauf zu reagieren, etwa das Kinder- und Jugendhilferecht sowie das Familienrecht», hatte er gesagt.
Auch der Deutsche Kinderschutzbund sprach sich deutlich gegen eine Herabsetzung des Alters für die Strafmündigkeit aus. «Ab 14 gehen wir davon aus, dass eben Jugendliche sehr viel besser übersehen und begreifen können, was das für Taten sind und was das für Folgen hat», sagte Vize-Geschäftsführerin Martina Huxoll-von Ahn dem Radiosender RPR1. Unter 14 müsse man da ein Fragezeichen machen. Die Angst vor früheren Strafen halte nicht von Taten ab. Zudem gebe es andere Möglichkeiten der Konsequenzen, das Jugendamt habe eine Palette von Möglichkeiten. News4teachers / mit Material der dpa
Auch auf News4teachers wird über das Alter der Strafmündigkeit diskutiert – im Leserforum zu folgendem Beitrag:
Schülerinnen, zwölf und 13, gestehen Tötung von zwölfjähriger Luise (nach Streit?)