
Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) spricht sich für einen landesweiten und flächendeckenden Ausbau des islamischen Religionsunterrichts in Rheinland-Pfalz aus. Dieser Unterricht werde bei einer Einigung mit den vier islamischen Verbänden aber nur an den Schulen eingerichtet, die auch tatsächlichen Bedarf für das Angebot anmelden und es dann eine Mindestgröße von acht Kindern und Jugendlichen dafür gibt, sagte die Ministerin in Mainz. Grundsätzlich soll sich das Angebot perspektivisch an alle Jahrgangsstufen richten.
Die vier islamischen Verbände verhandeln derzeit mit der Landesregierung über einen grundlegenden Vertrag in Rheinland-Pfalz. Dabei geht es neben einem islamischen Religionsunterricht um Themen wie die Begräbnisvorschriften, die Seelsorge auch in Gefängnissen, religiöse Feiertage und wie darauf Rücksicht genommen werden sollte sowie die theologische Ausbildung an den Hochschulen.
Die vier Verbände sind die Islamische Religionsgemeinschaft Ditib Rheinland-Pfalz, die Schura Rheinland-Pfalz Landesverband der Muslime, der Landesverband Islamischer Kulturzentren Rheinland-Pfalz (LVIKZ) und Ahmadiyya Muslim Jamaat. Der Vertrag soll noch in der laufenden Legislaturperiode bis zum Jahr 2025 ausgehandelt werden. Ditib steht immer wieder in der Kritik wegen seiner Nähe zur autokratischen türkischen Regierung.
«Staatsverträge mit dem organisierten Islam unter Beteiligung der Ditib sind das falsche Signal»
Ditib bezeichne sich selbst als Religionsgemeinschaft, sei aber «personell, strukturell und finanziell abhängig vom türkischen Staat, der sie kontrolliert», schrieb der Kölner Publizist Eren Güvercin erst unlängst in einem Beitrag für das Magazin “Publik-Form». Güvercin nannte als Beispiel unter anderem Auftritte von AKP-Politikern in Ditib-Gemeinden vor der Wahl in der Türkei, die für Erdogan geworben hätten.
Güvercin forderte die Politik auf Bundes- und Länderebene sowie die Kirchen auf, die Verbindung zur Türkei bei Zusammenarbeiten mit Ditib zu berücksichtigen. «Staatsverträge mit dem organisierten Islam unter Beteiligung der Ditib sind das falsche Signal», so der Publizist. Er betonte: «Es kann keinen interreligiösen Austausch mehr geben ohne Probleme anzusprechen wie den türkischen Nationalismus, antidemokratische Haltungen und die Abhängigkeit von einem Autokraten.»
Der Grünen-Politiker und heutige Bundesverbraucherschutzmininster Cem Özdemir hatte vor zwei Jahren die geplante Wiederaufnahme der Kooperation der nordrhein-westfälischen Landesregierung mit der Islam-Organisation Ditib bei der Ausgestaltung des islamischen Religionsunterrichts scharf kritisiert (News4teachers berichtete). «Ich könnte vor Wut explodieren und verstehe die Naivität nicht», sagte Özdemir seinerzeit. Ditib sei Teil einer hierarchischen Organisation, deren Zentrale in Köln der türkischen Religionsbehörde Diyanet in Ankara unterstellt sei, so der Grünen-Bundestagsabgeordnete und ehemalige Parteivorsitzende. «Und die bekommt ihre Anweisungen vom türkischen Staatspräsidenten.»
Gespräche und Verhandlungen über Curricula und Lehrpläne für den islamischen Religionsunterricht könnten erst beginnen, wenn der grundlegende Vertrag mit den Verbänden geschlossen worden ist, betonte unterdessen Bildungsministerin Hubig. Grundsätzlich würden aber die allgemeinen fachlichen und pädagogischen Vorgaben für schulischen Religionsunterricht für das Angebot gelten.
Das beinhaltet nach Angaben des Bildungsministeriums die Offenheit für den Dialog mit anderen Religionen und Weltanschauungen, die Wahrung von Religionsfreiheit auch im Religionsunterricht und die Tatsache, dass im schulischen Religionsunterricht keine Religionspraxis stattfindet.
Islamischer Religionsunterricht wird in Rheinland-Pfalz bereits modellhaft erprobt. Der Unterricht erfolgt in deutscher Sprache, wird von Lehrkräften im Landesdienst und auf Basis eines staatlichen Lehrplans erteilt. Dieser Unterricht steht laut Bildungsministerium unter staatlicher Schulaufsicht. In der Regel finde er an den Schulen zeitlich parallel zum anderen Religionsunterricht und zum Angebot in Ethik statt. Rund 2.400 Schülerinnen und Schüler nehmen daran teil. Nach Angaben von Hubig werden derzeit noch Lehrkräfte für den Unterricht gesucht. News4teachers / mit Material der dpa
Islamunterricht: Ditib entscheidet wieder mit. Regiert Erdogan in deutsche Schulen hinein?