BERLIN. Bildung in der Krise: Das deutsche Bildungssystem schneidet laut einer internationalen Umfrage des Markt- und Meinungsforschungsinstituts Ipsos im Ansehen der Bevölkerung schlecht ab. Lediglich 23 Prozent der Bundesbürger sind der Auffassung, dass Deutschland ein gutes Bildungssystem hat (sehr/ziemlich gut). Immerhin: Eltern von Schulkindern äußern sich im Schnitt positiver.
44 Prozent der Befragten sehen es als schlecht an (sehr/ziemlich schlecht), jeder Dritte (32 Prozent) gibt eine neutrale Wertung ab. In anderen der 29 befragten Länder wie beispielsweise Großbritannien ist das Verhältnis von Zufriedenen und Unzufriedenen fast genau umgekehrt (47 Prozent positiv, 24 Prozent negativ).
Eine Mehrheit von 57 Prozent der Deutschen ist außerdem der Meinung, dass sich das Bildungssystem seit der eigenen Schulzeit verschlechtert hat (viel/etwas schlechter). Nur jeder Fünfte (19 Prozent) sieht eine Verbesserung (viel/etwas besser). Diese negative Wahrnehmung wird auch von Bürgern anderer europäischer Nationen geteilt. So bemängeln beispielsweise 72 Prozent der Franzosen, 59 Prozent der Belgier und 56 Prozent der Niederländer, dass die Qualität der Bildung in ihren Ländern im Vergleich zu ihrer Schulzeit abgenommen hat.
“Eine umfassende Diskussion und gezielte Maßnahmen zur Verbesserung der Bildungsqualität sowie zur Stärkung des Vertrauens und der Akzeptanz des Schulwesens sind dringend erforderlich“
Auffällig ist, dass sich Eltern von Kindern, die derzeit eine Schule besuchen, durchweg positiver über das Bildungssystem im eigenen Land äußern als andere Befragte. So sind es in Deutschland 31 Prozent dieser Gruppe (im Vergleich zu 23 Prozent gesamt), die die Qualität des Bilddungsystems für sehr gut oder ziemlich gut halten. Allerdings überwiegt auch hier der Anteil der negativen Stimmen leicht (37 Prozent), während sich knapp jeder Dritte (31 Prozent) neutral mit „weder noch“ äußert.
Auch bei der Frage, ob sich die Qualität des Bildungssystems seit der eigenen Schulzeit verbessert oder verschlechtert hat, fallen die Antworten von Eltern moderater aus als beim Durchschnitt der Befragten. So sieht ein Drittel (32 Prozent) eine Verbesserung (viel/etwas besser), 43 Prozent eine Verschlechterung (viel/etwas schlechter) und jeder Fünfte (22 Prozent) keine Veränderung.
Nach den drei größten Herausforderungen für das Bildungssystem gefragt, stehen aus Sicht der Deutschen veraltete Lehrpläne (41 Prozent) und überfüllte Klassenzimmer (40 Prozent) ganz oben auf der Liste. Mit einigem Abstand folgt der ungleiche Zugang zu Bildung (27 Prozent) sowie eine unzureichende Ausbildung der Lehrkräfte (24 Prozent). Die Gruppe der Eltern sieht das bei dieser Frage sehr ähnlich. Bemerkenswert: Auch im globalen Durchschnitt aller 29 befragten Länder werden diese vier Herausforderungen am häufigsten genannt.
Jeder Zweite (50 Prozent) glaubt zudem nicht, dass die meisten Bildungseinrichtungen in Deutschland über angemessene Ressourcen wie Lehrmaterial, Labore oder technologische Ausstattung verfügen. Auch bei den Eltern, die Kinder in der Schule haben, wird diese Ansicht von 41 Prozent geteilt.
Während mehrheitlich der Aussage zugestimmt wird, dass Lehrkräfte in Deutschland angemessen bezahlt werden (gesamt 55 Prozent, Eltern schulpflichtiger Kinder 61 Prozent) und hart arbeiten (60 Prozent, 54 Prozent), ist nur jeder dritte Bundesbürger (32 Prozent) der Ansicht, dass Lehrkräfte auch angemessenen Respekt erfahren. Unter den Eltern ist immerhin fast jeder Zweite (48 Prozent) dieser Meinung. Im Vergleich dazu beträgt dieser Anteil in Irland 63 und in Spanien 59 Prozent. Entsprechend würden auch nur 30 Prozent der Deutschen ihren Kindern empfehlen, den Lehrerberuf zu ergreifen, unter den Eltern sind es 46 Prozent.
Für Dr. Robert Grimm, Leiter der Politik- und Sozialforschung bei Ipsos, ist zudem besorgniserregend, dass nur 38 Prozent der Deutschen der Meinung sind, dass das Bildungswesen zur sozialen Gerechtigkeit im Land beiträgt, eine Mehrheit von 52 Prozent sieht das nicht so. „Dies steht im Widerspruch zur wichtigen Aufgabe des Schulsystems, Chancengleichheit zu gewährleisten und lässt auf einen zunehmenden Vertrauensverlust in demokratische Institutionen schließen. Diese Ergebnisse verdeutlichen die Herausforderungen, mit denen das deutsche Bildungssystem konfrontiert ist. Eine umfassende Diskussion und gezielte Maßnahmen zur Verbesserung der Bildungsqualität sowie zur Stärkung des Vertrauens und der Akzeptanz des Schulwesens sind dringend erforderlich“. News4teachers / mit Material der dpa
Umfrage: Große Mehrheit der Deutschen unzufrieden mit Schulen (und der Bildungspolitik)