DRESDEN. Belohnungen und Anreize sind nicht generell förderlich, die Anstrengungsbereitschaft von Schülerinnen und Schülern zu steigern, haben Psychologinnen und Psychologen der TU Dresden ermittelt.
Die kognitive Anstrengungsbereitschaft beschreibt in der Psychologie ein menschliches Merkmal, das die Tendenz beschreibt, sich in Anforderungssituationen zu engagieren. Sie bildet einen wichtigen Baustein der Motivation und ist mithin ein bedeutender Faktor für den Lern- und Berufserfolg. Doch warum nehmen einige Menschen größere Anstrengungen in Kauf als andere und wie kann der Schritt von der Anstrengungsbereitschaft zur Anstrengungsrealisierung gelingen? Mit dieser Frage hat sich nun ein Team des an der TU Dresden angesiedelten Sonderforschungsbereichs „Volition und Kognitive Kontrolle“ befasst. Ziel war es zu verstehen, wie Situationen und Persönlichkeit die Anstrengungsbereitschaft beeinflussen.
Die Psychologinnen und Psychologen konnten zeigen, dass Personen mit einer hohen Anstrengungsbereitschaft effizienter und unabhängig von Belohnungen oder Anreizen handeln. Damit trage die Studie zu einem besseren Verständnis dazu bei, wie Situationen und Persönlichkeit den Aufwand für zielgerichtetes Verhalten beeinflussen, so die Autorinnen und Autoren von der TU Dresden. Die Ergebnisse böten eine Erklärung für individuelle Unterschiede in der Bereitschaft, sich anzustrengen. Weiterhin zeigten sie, dass Belohnungen und Anreize nicht generell förderlich sind, sondern vielmehr typabhängig; ihre Wirkung hänge stark von der individuellen Persönlichkeit des Belohnten ab.
Die Relevanz für die Schule könne folgendes Beispiel anschaulich machen: Für die Vorbereitung auf eine Klassenarbeit investieren einige Schülerinnen und Schüler nur so viel Ressourcen ins Lernen wie nötig. Andere wiederum lernen aus Freude an den Inhalten und mit dem Ziel, Neues zu lernen, zu verstehen, zu lösen.
„Unsere Ergebnisse liefern nun Anhaltspunkte dafür, dass sich Personen mit einer hohen Anstrengungsbereitschaft Wissen effizienter aneignen, auch wenn das Lernen mit Schwierigkeiten verbunden ist, als Personen mit einer geringen Ausprägung in diesem Merkmal. Dabei hat die in Aussicht gestellte Note oder ein anderer Anreiz, wie zum Beispiel ein Eis nach dem Lerntag, keinen Einfluss auf das Lernverhalten von Personen mit einer hohen Anstrengungsbereitschaft“, erklärt Studienleiterin Corinna Kührt. Belohnungen würden eher Personen mit einer niedrigen Anstrengungsbereitschaft motivieren, ihre Lernanstrengungen zu erhöhen.
An der Studie nahmen insgesamt 148 Personen teil. Während der Bearbeitung von zwei kognitiven Kontrollaufgaben wurde die kognitive Anstrengungsbereitschaft der Teilnehmerinnen und Teilnehmer systematisch mit der tatsächlichen Anstrengungsbereitschaft in Beziehung gesetzt. Um mehrere Dimensionen der tatsächlichen Anstrengungsbereitschaft zu messen, nutzte das Studienteam eine Vielzahl an Methoden, darunter Fragebögen, Leistungsmessungen, Elektroenzephalografie und Eye-Tracking.
Aus ihren Ergebnissen ziehen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eine Reihe von Schlüssen. Für die Schule empfehlen sie unter anderem einen Perspektivwechsel, um Situationen zu schaffen, die für alle Schülerinnen und Schüler individuell unterstützend wirken können. Weniger das Ergebnis als vielmehr die Anstrengung zu belohnen, steigere nicht nur die Motivation, sondern auch die Performance. (zab, pm)