
In der kurzen Pause zwischen zwei Stunden schnell ein warmgehaltenes Essen in überfüllten oder ungemütlichen Speiseräumen hinunterschlingen: Vielerorts gibt es immer noch Schulen, in denen das Essen eher Pflichtveranstaltung als Genuss ist. Aber: «Beim Thema Schulessen ist derzeit durchaus viel in Bewegung», sagt Alexandra Lienig, Projektleiterin in der Vernetzungsstelle Schulverpflegung Thüringen.
Schulträger, Schulen und Essensanbieter müssten einen Spagat zwischen gesetzlichen Qualitätsvorgaben und stetig steigenden Preisen vollziehen. Von der angebotenen Qualität und Vielfalt des Essens über die Gestaltung der Speisesäle bis hin zu ausreichend Zeit zum Essen gebe es viele Baustellen – aber auch Bemühungen, das Schulessen attraktiver zu machen. Nötig sei das Zusammenspiel aller Beteiligten.
Grundsätzlich wird Lienig zufolge in Thüringen fast flächendeckend eine Mittagsverpflegung an allgemeinbildenden Schulen angeboten. Die Kindergärten kommen laut Beatrice Schletzke von der Vernetzungsstelle Kita-Verpflegung sogar auf ein Angebot von rund 99 Prozent. Gesundes und qualitativ hochwertiges Essen werde dabei immer wichtiger.
2018 landete Thüringen bei einer Erhebung zu Adipositas und Übergewicht im Kindes- und Jugendalter auf Platz drei der negativen Rangliste, sagt ein Sprecher des Verbraucherschutzministeriums. Im selben Jahr legte das Land Thüringen ein Programm zur Verbesserung des Schulessens auf, das noch bis 2024 läuft und an dem aktuell 23 Schulen beteiligt sind. 2020 wurden die Qualitätsstandards für Schulessen im Thüringer Schulfinanzierungsgesetz festgeschrieben.
Mittlerweile hätten sich die Anforderungen an das Schulessen gewandelt, sagt Lienig. Faktoren wie Gesundheit, Leistungsfähigkeit der Schüler und der Nachhaltigkeitsgedanke spielten – ebenso wie etwa das Bio-Siegel – eine immer größere Rolle. Die Folge sei unter anderem eine Ausweitung des vegetarischen Angebots. Der Trend gehe dahin, Fleisch und Fisch perspektivisch nur noch einmal pro Woche anzubieten. Ein Problem sei das jedoch nicht: Bei den Schülerinnen und Schülern werde nicht wahrgenommen, dass diese unbedingt Fleisch essen wollen, so Lienig.
«Grundsätzlich beobachten wir, dass die Kinder und Jugendlichen oft weniger Schwierigkeiten mit der Veränderung haben als die Erwachsenen»
Grundsätzlich sei die Nachfrage nach Fleischgerichten auf dem Land größer als in den Städten. Wenn es aber gute Alternativen gebe und das Angebot durch die Lehrer und Eltern positiv begleitet werde, sei die Akzeptanz fleischloser Gerichte groß. Ältere Schüler fragten immer häufiger selbst nach vegetarischen Alternativen. «Grundsätzlich beobachten wir, dass die Kinder und Jugendlichen oft weniger Schwierigkeiten mit der Veränderung haben als die Erwachsenen.»
Allergien und Unverträglichkeiten würden immer öfter berücksichtigt, veganes Essen spiele bisher eine untergeordnete Rolle, erklärt Lienig. Halal oder koscheres Essen werde aktuell nicht nachgefragt oder angeboten. Allerdings würden Küchen bei Bedarf Alternativen – etwa zu Schweinefleisch – anbieten.
Während die Qualität des Essens vielerorts steigt, nehmen angesichts steigender Lebensmittelpreise auch die Kosten für das Schulessen zu: In Thüringen habe der Preis pro durchschnittlicher Portion im Herbst 2021 noch bei 3,24 Euro gelegen. Im Frühjahr 2022 sei dieser auf 3,75 Euro angestiegen, vereinzelt würden Preise von bis zu fünf Euro aufgerufen. Nicht jedes Elternhaus könne sich diese Ausgaben leisten. «Möglichkeiten der Finanzierung sollten daher zwingend diskutiert und auf den Weg gebracht werden», sagt Lienig.
Herausforderungen gebe es noch viele: So sei für die rund 100 Anbieter von Schulessen im Freistaat neben der Preisentwicklung auch der Fachkräftemangel ein Problem, erläutert Lienig. Auch die Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben und die Koordinierung mit den Schulämtern seien für die Beteiligten nicht einfach. Die Kosten für eine ansprechende Raumgestaltung seien oftmals sehr hoch, die Taktung der Essenszeiten schwierig. Bei der Planung sei es sinnvoll, Schülerinnen und Schüler dauerhaft in das Thema einzubinden, um gemeinsam Lösungen zu finden. News4teachers / mit Material der dpa
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