BERLIN. Lehrerinnen und Lehrer müssen sich nach Ansicht des Philologenverbands mit zu vielen unterrichtsfernen Dingen und zu viel Bürokratie herumschlagen. In Zeiten des Lehrkräftemangels sei das schlicht nicht hinnehmbar, sagte die Vorsitzende des Verbands Prof. Susanne Lin-Klitzing.
«Lehrkräfte in Deutschland müssen zurecht eine langjährige, intensive Ausbildung durchlaufen. Aber doch nicht, um sich dann stundenlang mit dysfunktionaler Software und kleinteiliger Klassenfahrt-Organisation herumzuplagen», kritisierte sie. «Die überbordenden unterrichtsfernen Tätigkeiten für Lehrkräfte sind in Zeiten des Lehrkräftemangels schlicht nicht hinnehmbar. Es ist unverantwortlich, wie hier mit wertvollen Ressourcen umgegangen wird.» Wertvolles Bildungspotenzial werde dadurch fahrlässig verschenkt. «Schulen sind keine Reisebüros!»
Vor allem Klassenfahrten sind ein Beispiel für unverhältnismäßigen Mehraufwand. So sind Lehrkräfte nicht nur mit der gesamten Buchung, sondern auch mit dem Einsammeln und Nachfordern von Geld belastet. Zudem beinhaltet jede Klassenfahrt in vielen Bundesländern ein mehrseitiges Beantragungs- und Genehmigungsverfahren. Dabei sind viele Formblätter auszufüllen. Überdies müssen die Lehrkräfte jedes Jahr aufs Neue Einverständniserklärungen von Eltern einholen. Diese könnten gut einmalig für die gesamte Schulzeit angefertigt und im Bedarfsfall auch später geändert werden. In vielen Bundesländern, wie auch beispielsweise in Berlin, müssen Lehrkräfte bei Klassenfahrten jedes Mal drei Angebote einholen, bevor die Klassenfahrt überhaupt erst einmal beantragt werden kann. Bei Fahrten ins Ausland müssen zudem Rechnungen übersetzt werden, um die akribische Abrechnung ordnungsgemäß umzusetzen.
Zu den unterrichtsfernen Tätigkeiten zählen u.a. die bürokratische Betreuung von Klassenfahrten, umfangreiche Informationsbeschaffung zum Datenschutz, umfangreiche Dokumentationen, das immer wieder neue Einholen von bereits vorliegenden Zustimmungen.
Der Verband appellierte an die Kultusministerien, für Entlastung zu sorgen. Er forderte mehr Assistenz- und IT-Personal an den Schulen und eine grundsätzliche Entbindung der Lehrkräfte von unterrichtsfernen Tätigkeiten. Die dadurch eingesparten Ressourcen kämen unmittelbar den Schülern und motivierteren Lehrkräften zugute. Lin-Klitzing: «Es geht nicht nur um die wertvolle Zeit, die Lehrkräfte bei nicht-pädagogischen Aufgaben verlieren, sondern auch um die Wertschätzung dem Berufsstand gegenüber. Eine Optimierung des Berufsumfelds würde sich auch positiv auf das Berufsbild auswirken und könnte mehr junge Menschen für den Einstieg in diesen wunderbaren Beruf begeistern.»
Der Philologenverband vertritt vorrangig Gymnasiallehrkräfte. News4teachers / mit Material der dpa
