HANNOVER. Rein rechnerisch könnten Lehrerinnen und Lehrer mehr Unterricht geben – wenn sie nicht mit so vielen außerunterrichtlichen Aufgaben beschäftigt wären. Das stellt der niedersächsische Landesrechnungshof in seinem aktuellen Schulbericht fest. Eine steile These in Zeiten des Lehrermangels.
Der Schulbericht des niedersächsischen Landesrechnungshofs (LRH) ist auch als Kritik am Kultusministerium zu verstehen. „2.170 Lehrerinnen und Lehrer könnten rechnerisch zusätzlich Unterricht an Niedersachsens Schulen geben, wenn das Land diese nicht für außerunterrichtliche Angebote an Ganztagsschulen einsetzen würde“, hieß es am vergangenen Donnerstag in einer Mitteilung von LRH-Präsidentin Sandra von Klaeden. Dann würden Lehrkräfte im Ganztag auch Arbeitsgemeinschaften wie die Englisch- oder die Spiele AG leiten oder für die Mensaaufsicht eingeteilt – immer unter Anrechnung auf ihre Unterrichtszeit. Die Kritik von Sandra Klaeden fällt daher eindeutig aus: „Zur Sicherstellung des Pflichtunterrichts sollten Lehrkräfte nicht für reine Betreuungsaufgaben eingesetzt werden.“
Gleiches gelte auch für Aufgaben, die nichts mit Pädagogik zu tun haben. Laut Landesrechnungshof würde die Pflege der Schul-IT umgerechnet 67,5 Lehrerinnen und Lehrer mit voller Stundenzahl binden – obwohl die Pflege von Servern, Datenspeichern und Funknetzwerken nicht dem pädagogischen Ausbildungsinhalt von Lehrerinnen und Lehrern entspricht. Weiter heißt es im Bericht des LRH: „Weitere 286 Lehrkräfte beschäftigen sich rechnerisch mit der Verwaltung und Bearbeitung der Schulgirokonten, über die zum Beispiel entgeltliche Lernmittelausleihe abgerechnet wird oder Zahlungen für Schulfahrten gebucht werden – eine klassische Aufgabe für Verwaltungspersonal.“
Die Forderung des Landesrechnungshofs: Lehrerinnen und Lehrer von solchen Aufgaben entlasten, damit sie sich wieder auf ihr Kerngeschäft des Unterrichtens konzentrieren können, beispielsweise indem mehr IT-Mitarbeitende oder Verwaltungsfachleute eingestellt werden. Dies gelte umso mehr als der Lehrermangel die Situation vor allem an Grundschulen zusätzlich verschärfe.
Gemischte Reaktionen
Das Niedersächsisches Kultusministerium reagiert verhalten auf die Kritik des LRH. Laut NDR sagte Kultusministerin Julia Willie Hamburg (Grüne) auf Nachfrage: „Ich warne davor, zu suggerieren, es gäbe eine schnelle, einfache Lösung oder man könnte mit einer Maßnahme in Schulen die Probleme des Fachkräftemangels lösen.“ Sie verwies zudem darauf, dass in Niedersachsen bereits nicht-pädagogisches Personal eingestellt werde, um Lehrkräfte von Verwaltungsaufgaben zu entlasten.
Die Lehrergewerkschaften stehen grundsätzlich hinter den Aussagen des Landesrechnungshofs. Jedoch kritisierte die GEW gegenüber dem NDR die Forderung, dass Pflichtunterricht und Ganztagsangebot getrennt werden sollten. „Ein guter Ganztag beinhaltet immer auch ein pädagogisches Angebot, in dem Lehrkräfte benötigt werden”, sagt der GEW-Landesvorsitzende Stefan Störmer“, so GEW-Landesvorsitzender Stefan Strömer. News4teachers
