Website-Icon News4teachers

Mehr Sprachbildung reicht nicht: Professorin fordert Priorität für Vor- und Grundschulen

HEIDELBERG. Das gute an den schlechten Ergebnissen der Pisa-Studie? Die Kitas sind endlich stärker in den Fokus der Bildungspolitik gerückt. Politiker*innen fordern beispielsweise eine bessere Sprachförderung bereits in der frühkindlichen Bildung, um späteren Schulproblemen vorzubeugen. Die Heidelberger Bildungswissenschaftlerin Prof. Anne Sliwka kritisiert diesen Ansatz jedoch als zu verkürzt – und fordert unter anderem eine stärkere Vermittlung von Weltwissen.

Die Wichtigkeit der frühkindlichen Bildung muss endlich ernst genommen werden. Foto: shutterstock

Kinder brauchen Basiskompetenzen, um überhaupt lernen zu können. „Erst wenn ein Minimum an Grundbildung gesichert ist, können darauf aufbauend komplexe Lernsettings gestaltet werden“, schreibt Anne Sliwka in einem Beitrag für das Deutsche Schulportal.

Aus Sicht der Heidelberger Bildungswissenschaftlerin müsse daher mit Blick auf die Einwanderungsgesellschaft in Deutschland die Vor- und Grundschule absolute Priorität in der Bildungspolitik haben. „Es geht dabei nicht nur um Sprachbildung“, wurde sie heute von der „Heilbronner Stimme“ und dem „Südkurier“ zitiert. Wichtig seien darüber hinaus Weltwissen, Selbstregulation sowie mathematische Vorläuferfähigkeiten.

Anzeige

Diese vier Elemente entsprechen bei der Vorschulbildung mittlerweile internationalen Standards, wie Sliwka erläuterte. Mit Selbstregulation sei gemeint, dass Kinder lernen, ihre Gefühle und ihr Verhalten zu steuern, um besser mit anderen zusammenzuspielen, aufmerksam zu sein und Aufgaben zu bewältigen. „Es ist ein Schlüssel für den Erfolg in Schule und Leben, und die Weichen dafür lassen sich in der frühkindlichen Bildung legen.“

Weltwissen als Grundlage für Sprache

Als Reaktion auf die Pisa-Studie waren Kitas insgesamt stärker in den Fokus der Bildungsdebatten geraten (wir berichteten). Der Schlüssel für mehr Bildungserfolg liege in der Kita, stellte beispielsweise die schleswig-holsteinische Bildungsministerin Karin Prien (CDU) fest. Und NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) sagte gegenüber der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ): „Wer schon in der Grundschule nicht altersadäquat mit Sprache umgehen kann, der kann andere Dinge nicht lernen.“

Anne Sliwka begrüßt grundsätzlich, dass beispielsweise die baden-württembergische Landesregierung bald ein Sprachförderkonzept vorstellen will. Das gehe laut der Expertin in die richtige Richtung. „Aber gleichzeitig geht es mir tatsächlich nicht weit genug, weil alle nur über Sprachbildung sprechen. Wir wissen aus der Forschung, dass Kinder zum Beispiel, die wenig Weltwissen haben, also wenig über die Welt wissen, auch von Sprachbildung nicht genug profitieren.“

Es sei nämlich unheimlich wichtig, dass Kinder die sprachlichen Begriffe und Konzepte, die sie kennenlernen, immer auch mit dem Wissen verknüpfen müssten, das sie über die Welt haben. „Also es nützt einem nichts, wenn man das Wort Schnee kennt, aber kein Bild von Schnee hat und nicht weiß, wie der Schnee mit dem Regen zusammenhängt“, führte Sliwka aus. „Aus meiner Sicht muss Sprachbildung mit Weltwissen einhergehen.“ Ähnlich wichtig seien mathematische Vorläuferfähigkeiten, die häufig vergessen werden. Ein fehlendes Grundverständnis für Zahlen, Mengen und Relationen führe beispielsweise zu Schwierigkeiten bei der Erfassung komplexer Prozesse und beim Treffen wichtiger Alltagsentscheidungen, schreibt Sliwka in einem ihrer Texte. News4teachers mit Material der dpa

Neuer Pisa-Schock: Deutschlands Schüler schneiden so schlecht ab wie nie

Die mobile Version verlassen