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Umfrage: Ein Drittel der Schulabgänger misstraut der Demokratie in Deutschland (Vertrauen in Lehrkräfte ist größer)

GÜTERSLOH. Wie gefestigt ist die Demokratie unter jungen Menschen in Deutschland? Die Generation der 18- bis 30-Jährigen in der Bundesrepublik bringt der Staatsform grundsätzlich mehr Vertrauen entgegen als im Durchschnitt anderer europäischer Länder. Aber: Die demokratischen Institutionen Bundesregierung und Bundestag stoßen bei der Hälfte auf Skepsis. Immerhin: Dem „Bildungssystem“ – und damit Lehrkräften – wird von einer großen Mehrheit vertraut. Dies sind Ergebnisse einer aktuellen Umfrage der Bertelsmann Stiftung.

“Die Jugend soll erzogen werden im Geist der Menschlichkeit, der Demokratie und der Freiheit”, so heißt es zum Beispiel im Schulgesetz NRW zum Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule – erfüllt sie diesen? (Symbolfoto) Foto: Shutterstock

„Die jungen Erwachsenen in Deutschland bringen der Demokratie und der EU grundsätzlich Vertrauen entgegen. Das ist nicht zuletzt mit Blick auf die Europawahl sowie die Landtagswahlen in diesem Jahr eine gute Nachricht“”, so resümiert Regina von Görtz, Jugendexpertin der Bertelsmann Stiftung, die Ergebnisse der repräsentativen Umfrage unter 18- bis 30-Jährigen in zehn europäischen Staaten.

Dieser positiven Deutung muss man allerdings nicht folgen: Zwar äußern vergleichsweise viele junge Menschen in Deutschland Vertrauen in die Demokratie und die Europäische Union (59 Prozent gaben an, der Demokratie zu vertrauen, 62 Prozent sagten das in Bezug auf die Europäische Union – womit die jungen Erwachsenen in Deutschland jeweils über dem Durchschnitt der anderen europäischen Länder von 50 und 57 Prozent liegen). Aber: Immerhin ein Drittel der jungen Menschen in Deutschland vertraut der Demokratie ausdrücklich nicht.

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Noch kritischer bewerten die Befragten die politischen Institutionen in Deutschland: Mehr als jede bzw. jeder zweite Befragte zwischen 18 und 30 Jahren (52 Prozent) äußert Misstrauen in die Regierung, 45 Prozent von ihnen mangelt es an Vertrauen ins Parlament. In anderen europäischen Ländern ist das Misstrauen gegenüber Regierung und Parlament mit 58 und 54 Prozent sogar noch ausgeprägter. Einbezogen, auch das trägt kaum zur Beruhigung bei, waren dabei Belgien, Frankreich, Italien, Niederlande, Polen, Rumänien, Spanien, Schweden und Vereinigtes Königreich, also überwiegend Staaten mit starken rechtspopulistischen Bewegungen.

Erstaunlich angesichts der großen Probleme in Schulen: Das höchste Vertrauen unter jungen Menschen in Deutschland genießt „das Bildungssystem“ – drei von vier Befragten (76 Prozent) äußern hier Zustimmung, der höchste Wert im Ranking vor der Wissenschaft (74 Prozent). Zum Vergleich: Den Medien vertrauen lediglich 31 Prozent der jungen Menschen.

Welche Themen beschäftigen junge Erwachsene in Deutschland? Laut Umfrage machen sie sich nach eigenem Bekunden die meisten Sorgen um Verletzungen von Menschenrechten, den Klimawandel sowie sexuelle Belästigung und Missbrauch. Erstaunlich: In Bezug auf den Klimawandel sind ihre Befürchtungen nicht höher als die der älteren Generation (44 bzw. 46 Prozent geben an, dass das Thema für sie Anlass zur Sorge ist). Tatsächlich geben aus der Gruppe der ebenfalls befragten 31- bis 70-Jährigen mehr Menschen an, einer umweltbewussten Lebensweise zu folgen, als es die jüngeren Befragten tun. Das zeigt sich auch beim Thema Artensterben: Während es nur für 35 Prozent der Jüngeren Anlass zur Sorge ist, sind das bei den Älteren immerhin 40 Prozent. Andererseits geben Jüngere viel häufiger als Ältere in Deutschland an, dass sie sich Sorgen über Rassismus und Diskriminierung ethnischer Minderheiten machen, nämlich zu 33 beziehungsweise 21 Prozent.

„Die jungen Erwachsenen streben mehrheitlich nach klassischen Zielen, die wahrscheinlich denen früherer Generationen sehr ähneln“

In ihren persönlichen Prioritäten unterscheiden sich die 18- bis 30-Jährigen weniger von der älteren Generation, als mitunter angenommen wird. Gefragt danach, in welchen Lebensbereichen sie sich in den kommenden fünf Jahren positive Veränderungen wünschen, geben sie vor allem an: viele Besitztümer, gutes Aussehen, klare Ziele, eine erfolgreiche Karriere und ein Eigenheim. „Die jungen Erwachsenen streben mehrheitlich nach klassischen Zielen, die wahrscheinlich denen früherer Generationen sehr ähneln“, so heißt es in der Studie.

Insgesamt blicken sowohl die jungen als auch die älteren Menschen relativ pessimistisch in die Zukunft. Wenn es um ihre Erwartungen geht, wie sich verschiedene Aspekte der Welt verändern werden (z. B. das Klima, der Lebensstandard oder die Einkommensungleichheit), erwarten die Menschen viel eher, dass sich die Dinge verschlechtern oder gleich bleiben, als dass sie sich verbessern. Allerdings sind die jüngeren Menschen in Deutschland optimistischer (18 Prozent) als die Älteren (7 Prozent), wenn auch nicht so optimistisch wie die jüngeren Menschen in anderen europäischen Ländern (22 Prozent).

Fazit der Forscherinnen und Forscher: „Die Erkenntnisse deuten darauf hin, dass sowohl die jüngere als auch die ältere Generation wenig Vertrauen in die politische Bewältigung künftiger Herausforderungen hat.“ Eine gute Nachricht? Wohl eher nicht. News4teachers

Hier lässt sich der vollständige Bericht zur Umfrage herunterladen.

Rechtsextremismus auf dem Vormarsch: Wie ist es um die Demokratie-Bildung an den Schulen bestellt?

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